Photo: Kristopher Roller from Unsplash (CC 0) Unsere Zivilisation lebt davon, dass es sehr viele Menschen gibt, die diese Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Manche wählen dazu freilich Mittel, die mehr dem eigenen Ruhm nutzen als der Lösung. Das schlimmste unter diesen Mittel ist die Panik. Panik entmenschlicht „Ich will eure Hoffnung nicht. Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“ – Mit dieser Aussage hat die junge Schwedin Greta Thunberg hochemotionale Debatten in der halben Welt angefacht. Greta hat Respekt verdient: sie setzt sich mit Leidenschaft und Engagement für eine Sache ein. Man wünscht sich, dass viele junge Menschen so viel Enthusiasmus mitbrächten. Irritierend ist freilich ihre Wortwahl. In was für einer Welt leben wir,
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Unsere Zivilisation lebt davon, dass es sehr viele Menschen gibt, die diese Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Manche wählen dazu freilich Mittel, die mehr dem eigenen Ruhm nutzen als der Lösung. Das schlimmste unter diesen Mittel ist die Panik.
Panik entmenschlicht
„Ich will eure Hoffnung nicht. Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“ – Mit dieser Aussage hat die junge Schwedin Greta Thunberg hochemotionale Debatten in der halben Welt angefacht. Greta hat Respekt verdient: sie setzt sich mit Leidenschaft und Engagement für eine Sache ein. Man wünscht sich, dass viele junge Menschen so viel Enthusiasmus mitbrächten. Irritierend ist freilich ihre Wortwahl. In was für einer Welt leben wir, dass 16jährige von Panik getrieben sind? Die Jugend sollte voller Optimismus und Hoffnung sein – gerade Menschen wie Greta, die etwas bewegen und verbessern wollen. Hoffnung bedeutet ja mitnichten, dass man blauäugig oder ignorant durch die Welt geht. Auch Menschen, die in Extremsituationen das Richtige getan haben, wie Sophie Scholl, Nelson Mandela oder Andrei Sacharow waren angetrieben von einer optimistischen Perspektive, die ihnen selbst in dunkelsten Stunden leuchtete.
Hoffnung kann geradezu das Überlebenselixier in ausweglosen Situationen sein. Panik hingegen hat in der Regel eher den gegenteiligen Effekt. Das letzte Mal, dass Panik dem Menschen weitergeholfen hat, war vermutlich, als er vor 20.000 Jahren vor dem Säbelzahntiger auf einen Baum flüchtete. Ansonsten führt Panik nur zu Kurzschlussreaktionen und Irrationalität und schwächt darüber hinaus unser Mitgefühl für andere Menschen, weil wir nur noch auf unser eigenes nacktes Überleben konzentriert sind. Panik entmenschlicht uns. Dagegen hat das Gefühl der Hoffnung, das unsere Vorfahren langsam entwickelt haben, ihnen überhaupt erst die Fähigkeit gegeben, so etwas wie Menschenwürde und Zivilisation hervorzubringen. Noch einmal: Was für eine schreckliche Gesellschaft bringt junge Menschen dazu, Panik als wünschenswerten Zustand zu betrachten?
Profite durch Panik
Viele Faktoren tragen zu dieser wirklich beklagenswerten Entwicklung bei. Ein wichtiger Faktor ist dabei eine bestimmte Gruppe an Menschen, die Effekthascherei und Panikmache zu einem Geschäftsmodell gemacht haben. Sie ziehen Profite daraus, dass sie eine Stimmung des Weltuntergangs verbreiten. Dabei müssen diese Profite durchaus nicht monetärer Natur sein. Manche profitieren auf dem Gebiet der Eitelkeit, weil sie als Untergangspropheten von Medien und Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erfahren. Andere ziehen daraus die persönliche Befriedigung, dass ein Thema, das ihnen so wichtig ist, dass sie sich ganz und gar damit identifizieren, jetzt die halbe Welt beschäftigt. Klar ist auf jeden Fall: egal, ob man amerikanischer Präsident oder Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ist, je lauter man krakelt und je düsterer man die Zukunft malt, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt man.
Liest man etwa den jüngsten Jahresbericht der DUH, dann kann man dort erstaunt feststellen, dass nicht mehr nur die Reichsbürger die Souveränität der Bundesrepublik anzweifeln. Da bemerkt doch deren Geschäftsführer Jürgen Resch tatsächlich: „Die Bunderegierung wird sich dann bewegen, wenn die Automobilindustrie es ihr erlaubt. Die Regierung ist in diesem Punkt nicht mehr souverän, die Automobilindustrie bestimmt die Politik in diesem Bereich.“ Und fügt dann noch hinzu, dass die DUH mittlerweile eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung von Rechtstaatlichkeit und Demokratie übernehmen muss: „Durch unseren Kampf für die ‚Saubere Luft‘ findet über die europäischen Instanzen eine Reparatur unserer Rechtsordnung statt, die wesentlich für die Fernsteuerung der Regierungspolitiker durch Industriekonzerne verantwortlich ist. Wir kämpfen zunehmend nicht nur für den Fischotter, Abfallvermeidung oder saubere Luft, sondern für den Erhalt einer funktionierenden Demokratie.“
Muss man sich wundern, wenn Menschen zunehmend verunsichert werden? Die Zahl der apokalyptischen Szenarien, die inzwischen von unterschiedlichsten Akteuren an die Wand gemalt werden, wird immer schwindelerregender. Kurz zusammengefasst könnte man sagen: In spätestens 20 Jahren werden die Polkappen komplett abgeschmolzen sein, 116 Millionen Afrikaner vor unseren Haustüren stehen, drei Menschen soviel besitzen wie der Rest der Welt zusammen, 85 Prozent der Arbeit durch Maschinen und KI ersetzt worden sein, die Familie in den meisten Ländern per Gesetz abgeschafft und die Menschheit kurz vor der Ausrottung durch Genmais stehen.
Ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern
Nun sind viele dieser Fragen durchaus mit Herausforderungen verbunden: Ob Digitalisierung; Klimawandel oder Migration – selbstverständlich ist ein „Augen zu und weiter so“ immer die falsche Lösung. Das Problem mit der Panikmache ist jedoch, dass sie uns lähmt, in blinden Aktionismus treibt und rationale und effektive Lösungen in der Regel eher verhindert. Was jetzt gefragt ist, sind kühle Köpfe und engagierte Streiter. Aber an der Wurzel dieses Engagements muss Hoffnung stehen und nicht Panik. Es mag etwas sonderbar erscheinen, wenn ausgerechnet an dieser Stelle einer der wichtigsten Vordenker des Neomarxismus zitiert wird, doch was Ernst Bloch in den 50er Jahren im Vorwort zu seinem Buch „Prinzip Hoffnung“ schrieb, verdient es auch heute noch, zitiert zu werden:
„Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern. Hoffen, über dem Fürchten gelegen, ist weder passiv wie dieses, noch gar in ein Nichts gesperrt. Der Affekt des Hoffens geht aus sich heraus, macht die Menschen weit, statt sie zu verengen.“
Ins Gelingen verliebt zu sein – was für eine schöne Perspektive! Jeder einzelne von uns tut gut daran, dieser Maxime zu folgen, gerade weil wir Menschen ja immer wieder vor großen Herausforderungen stehen. Es bleibt Greta zu wünschen, dass sie sich nicht weiter von der Angst verengen lässt, sondern von der Hoffnung weiten lässt. Und möge das uns allen so gehen, all den verunsicherten Mitmenschen um uns herum. Darum ist es so wichtig, dass wir uns nicht irre machen lassen von denen, die dem Prinzip Panik huldigen. Denn gerade weil sie sich von der Angst ernähren, werden sie immer weiter dieses Prinzip leben. Damit versagen sie sich nicht nur den Optimismus, den der Aufbau einer besseren Welt braucht. Sie versagen sich auch die Freude beim Blick auf all die vielen, vielen Dinge in unserer Welt, die schön, gut – ja: besser sind!
Heute startet die neue Initiative von Prometheus, die unter dem Namen „NGO Observer“ einen kritischen Blick auf einige NGOs wirft, auf deren Arbeitsmethoden und Finanzströme. Unter https://ngo.observer/ finden sie relevante Informationen zu Organisationen wie der Deutschen Umwelthilfe, Campact oder Attac, aber auch weniger bekannten und doch sehr einflussreichen Spielern. Die WirtschaftsWoche hat darüber ausführlich berichtet und ein Interview mit Clemens Schneider geführt. Bereits im letzten November war im Wirtschaftsteil der FAZ der von unserem Kuratoriumsmitglied Prof. Dr. Christian Hoffmann und Clemens Schneider verfasste Gastbeitrag „NGOs: Lauter weiße Ritter?“ erschienen.