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Autobahnen sollen Lebensversicherungen retten

Summary:
Die Abschaffung des Länderfinanzausgleichs war für Wolfgang Schäuble ein teurer Kompromiss. Auf 9,5 Milliarden Euro an Steuern verzichtet der Bund ab 2020 zugunsten der 16 Bundesländer. Er glaubt, es verkraften zu können. Gleichzeitig hat er den Ländern abgerungen, dass für den Betrieb und die Finanzierung der Autobahnen künftig eine privatrechtliche Gesellschaft gegründet wird. Derzeit planen, bauen und unterhalten die Länder in Auftragsverwaltung für den Bund die Autobahnen. Diese öffentlich-rechtlichen Betriebe sind schwerfällig und teuer. Schon wird das „Schreckgespenst“ der Privatisierung an die Wand gemalt. Tatsächlich kann der Bund seine Autobahnen aus verfassungsrechtlichen Gründen gar nicht komplett privatisieren. Die Mehrheit an dieser Autobahngesellschaft muss immer die öffentliche Hand halten. Dennoch könnte eine private Rechtsform die Grundlage für mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit legen. Doch der Grund für Schäuble, dies den Ländern abzuringen, ist ein ganz anderer. Schäuble sieht die aufkommende Existenzkrise der Lebensversicherungen in Deutschland. Die Niedrigzinspolitik der EZB führt diese an den Abgrund – und einen Schritt weiter. Sie finden keine rentierlichen Anlageformen mehr, die einen regelmäßige Ertrag bringen.

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Autobahnen sollen Lebensversicherungen retten

Die Abschaffung des Länderfinanzausgleichs war für Wolfgang Schäuble ein teurer Kompromiss. Auf 9,5 Milliarden Euro an Steuern verzichtet der Bund ab 2020 zugunsten der 16 Bundesländer. Er glaubt, es verkraften zu können. Gleichzeitig hat er den Ländern abgerungen, dass für den Betrieb und die Finanzierung der Autobahnen künftig eine privatrechtliche Gesellschaft gegründet wird. Derzeit planen, bauen und unterhalten die Länder in Auftragsverwaltung für den Bund die Autobahnen. Diese öffentlich-rechtlichen Betriebe sind schwerfällig und teuer.

Schon wird das „Schreckgespenst“ der Privatisierung an die Wand gemalt. Tatsächlich kann der Bund seine Autobahnen aus verfassungsrechtlichen Gründen gar nicht komplett privatisieren. Die Mehrheit an dieser Autobahngesellschaft muss immer die öffentliche Hand halten. Dennoch könnte eine private Rechtsform die Grundlage für mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit legen. Doch der Grund für Schäuble, dies den Ländern abzuringen, ist ein ganz anderer.

Schäuble sieht die aufkommende Existenzkrise der Lebensversicherungen in Deutschland. Die Niedrigzinspolitik der EZB führt diese an den Abgrund – und einen Schritt weiter. Sie finden keine rentierlichen Anlageformen mehr, die einen regelmäßige Ertrag bringen. Im Durchschnitt haben die Lebensversicherungen einen Garantiezins versprochen, der immer noch über 3 Prozent beträgt. Das ist mit klassischen Anleihen nicht mehr zu erwirtschaften. Gleichzeitig sind Anlagen der 90 Millionen Lebensversicherungsverträge zu über 90 Prozent in festverzinsliche Wertpapiere angelegt, deren Renditen seit Jahren dahinschmelzen wie das Eis in der Sonne.

Aus Sicht Schäubles wäre es doch gut, wenn die Lebensversicherungen auch verstärkt in die Infrastruktur investieren könnten. Dann hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Man hätte privates Kapital aktiviert, um die marode Infrastruktur in Deutschland zu modernisieren und gleichzeitig den privaten Altersvorsorgeeinrichtungen in Deutschland eine berechenbare Ertragsquelle geschaffen. Dieser Weg wird schon länger beschritten. Die Anlagevorschriften wurden vor geraumer Zeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFIN) gelockert, so dass die Assekuranz leichter in die Energieinfrastruktur und demnächst auch in Autobahnen investieren kann. Jetzt reiben sich die Lebensversicherungen schon die Hände und spekulieren darauf, dass ab 2020 eine Minderheitenbeteiligung an der Autobahngesellschaft des Bundes möglich wird. Sowohl im Energiesektor, als auch bei den Autobahnen lenkt der Bund über seine Regulierung auch die Erträge der Investoren. Er könnte damit das Überleben der Energieunternehmen, aber auch der Lebensversicherungen, am langen Zügel steuern. Er führt also Investoren noch stärker in seine Abhängigkeit.

An diese „Kungelwirtschaft“ werden wir uns gewöhnen müssen. Es wird das Bild unserer Wirtschaft in den nächsten Jahren prägen. So lange die Zinsvernichtung der EZB und der anderen großen Notenbanken anhält, ist das einer der Kollateralschäden dieser Politik. Viele reden jetzt über eine mögliche Zinswende, die durch die Trump-Wahl in Amerika eingeleitet wurde. Vielleicht erhöht die FED ihren Leitzins leicht. Der generelle Trend der Notenbanken, die Zinsen zu drücken, wird aber anhalten. Würde eine generelle Zinswende bei den langfristigen Zinsen einsetzen, würde die Weltwirtschaft sofort einbrechen und die überschuldeten Staaten und Banken, unter anderem in Europa, in den Abgrund stürzen. Schäubles Autobahngesellschaft wird die Lebensversicherer und Energiekonzerne dann nicht retten können.

Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 19. November 2016.

Frank Schäffler
1997 bis 2010 selbstständiger Berater für die Marschollek, Lautenschläger und Partner AG (MLP), Wiesloch Seit 1987 engagiert in der Lokal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen als Mitglied der FDP 2005 – 2013 Abgeordneter des Deutschen Bundestages Schäffler ist sehr verbunden mit dem freiheitlichen Denken in der Schweiz und ist daher in economicblogs.ch

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