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Das deutsche Lieferkettengesetz macht die Armen der Welt nur noch ärmer

Summary:
Die Bundesregierung ist gerade in der Planungsphase des deutschen Lieferkettengesetzes. Dieser Beitrag argumentiert, dass es zwar den Schutz der Menschenrechte in den ärmsten Ländern dieser Welt beabsichtigt, diese dabei aber nur noch ärmer macht. Das deutsche Lieferkettengesetzes soll noch im September verabschiedet werden. Es soll zum Schutz der Menschenrechte in den ärmsten Ländern dieser Welt beitragen. Deutsche Lieferanten aus den Entwicklungsländern sollen angehalten werden die Menschenrechte einzuhalten und Kinderarbeit in diesen Ländern nicht zuzulassen. Damit strebt das Gesetz an, Menschen und Umwelt zu schützen. Das Lieferkettengesetz schadet aber gerade den ärmsten Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt. Das Entwicklungsmodell armer Länder beruht gerade darauf,

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Die Bundesregierung ist gerade in der Planungsphase des deutschen Lieferkettengesetzes. Dieser Beitrag argumentiert, dass es zwar den Schutz der Menschenrechte in den ärmsten Ländern dieser Welt beabsichtigt, diese dabei aber nur noch ärmer macht.

Das deutsche Lieferkettengesetzes soll noch im September verabschiedet werden. Es soll zum Schutz der Menschenrechte in den ärmsten Ländern dieser Welt beitragen. Deutsche Lieferanten aus den Entwicklungsländern sollen angehalten werden die Menschenrechte einzuhalten und Kinderarbeit in diesen Ländern nicht zuzulassen. Damit strebt das Gesetz an, Menschen und Umwelt zu schützen.

Das Lieferkettengesetz schadet aber gerade den ärmsten Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt. Das Entwicklungsmodell armer Länder beruht gerade darauf, dass sie ihren komparativen Vorteil der niedrigen Löhne nutzen können. So können sie sich aus einem armen Land zu einem reichen Land entwickeln. Ein Musterbeispiel für dieses Geschäftsmodell ist China, das sich erfolgreich von einem Billiglohnland zu einem Vorreiter in der Digitalwirtschaft entwickelt hat. China begann diesen Prozess der Entwicklung, indem es zur Weltfabrik billiger Arbeit wurde. Diese Möglichkeit zur Entwicklung wird den armen Ländern dieser Welt durch die Auflagen des Liefergesetztes genommen.

Die Weltwirtschaft sortiert sich neu nach Covid-19

Fast drei Jahrzehnte lang waren die globalen Lieferketten die stillen Motoren der wirtschaftlichen Globalisierung. Von 1990 bis 2008 trieben sie die rapide Ausweitung des Welthandels an. 60-70% des Wachstums des Welthandels entfielen auf sie. Dieses Zeitalter der Hyperglobalisierung begann mit dem Fall der Mauer Anfang 1990 und mit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation. Durch die Öffnung dieser Märkte und einer Neuerung im Transportwesen – der Containerwirtschaft – fingen die Firmen der reichen Industrieländer an in globalen Lieferketten zu produzieren. 

Unsere Forschung zeigt, dass sich die Weltwirtschaft durch Covid-19 neu sortiert. Covid-19 beendet dieses Zeitalter der  Hyperglobalisierung. Die globalen Lieferketten werden durch Covid-19 um 35% sinken. Ähnlich wie der Börsencrash des Jahres 1929 wird die globale Pandemie über Jahrhunderte in Erinnerung bleiben. Covid-19 ist ein kolossaler Unsicherheitsschock. Diese Unsicherheit und die Möglichkeit, dass eine solche Pandemie auch in Zukunft nicht ausgeschlossen ist, ändert das Kalkül der Firmen. Das Geschäftsmodell der globalen Lieferketten wird neu überlegt. Durch die gestiegene Unsicherheit wird die Produktion in Lieferketten riskanter. Die deutschen Firmen holen die Produktion nach Hause und produzieren mit Robotern.

Verstärkt werden die Anreize zur Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland noch dadurch, dass die Verwendung von Robotern heute billiger ist als jemals zuvor. Die Rechnung ist einfach: Ein Unternehmen in Deutschland müsste einem deutschen Arbeiter viel mehr zahlen als beispielsweise einem aus China. Aber ein deutscher Roboter fordert überhaupt keinen Lohn, ganz zu schweigen von Sozialleistungen wie Krankenversicherung oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. 

Entwicklungsländer fallen in die Armut zurück

Die Transformation der Weltwirtschaft nach Covid-19 führt zu einer Renaissance der Industrie in den reichen Industrieländern wie Deutschland. Die Entwicklungsländer drohen jedoch durch diese Rückverlagerung der Industrie wieder in die Armut zu stürzen. Deswegen brauchen ärmere Länder mehr denn je die Unterstützung und Zusammenarbeit der reichen Industrieländer wie Deutschland. Durch das Lieferkettengesetz wird die Gefahr der Armutsfalle der Entwicklungsländer noch verstärkt. Die armen Länder werden die Opfer sein. Das oberste Gebot sollte jetzt sein die Situation der ärmsten Länder nicht noch durch Auflagen eines Lieferkettengesetzes weiter zu verschlechtern.

Die Auflagen des Lieferkettengesetzes dienen dazu die Billigkonkurrenz aus den armen Ländern fernzuhalten. Dadurch gewinnen die deutschen Arbeitskräfte, die mit diesen Billigimporten konkurrieren, aber sicher nicht die ärmsten Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt. Das Lieferkettengesetz steht nicht für den Schutz der Menschenrechte, sondern ist purer Protektionismus. Eine der besten Möglichkeiten für Deutschland ärmeren Ländern zu helfen, besteht darin, seine Grenzen offen zu halten.

Es gibt andere Wege als Protektionismus um die deutschen Arbeitskräfte zu schützen, die unter der  Billigkonkurrenz der Entwicklungsländer leiden. Deswegen ist der deutsche Wohlfahrtsstaat so wichtig, der Deutschland erlaubt seine Grenzen offen zu halten und gleichzeitig hilft die VerliererInnen der Globalisierung zu schützen.    

Dieser Artikel ist gekürzt am 18. September 2020 in der WELT erschienen.

©KOF ETH Zürich, 16. Okt. 2020

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