Insbesondere von männlichen Studierenden und in mathematischen Fächern werden Dozentinnen schlechter bewertet als ihre männlichen Kollegen – trotz gleicher Lehrqualität. Obwohl der Anteil an Frauen in Graduierten-Programmen in den Wirtschaftswissenschaften seit Jahrzehnten stetig zunimmt, kann kein analoger Trend bei anschließenden universitären Karrieren verzeichnet werden (McElroy, 2016). Mögliche Erklärungsversuche für diese „leaking pipeline“ sind vielfältig und liegen sowohl auf der Angebotsseite, also z.B. an Präferenzen, aber auch auf der Nachfrageseite wie z.B. Diskriminierung. So zeigen Studien unter anderem, dass das Geschlecht für den Erfolg von Förderanträgen entscheidend ist (Broder, 1993, Van der Lee und Ellemers, 2015), dass Forschungspapiere von weiblichen
Topics:
Frederike Mengel, Jan Sauermann, Ulf Zölitz considers the following as important:
This could be interesting, too:
Swiss National Bank writes 2024-11-04 – Data portal – Important monetary policy data, 4 November 2024
Cash - "Aktuell" | News writes Börsen-Ticker: SMI leicht vorne – Dollar gibt vor US-Wahlen nach – Ölpreise legen zu
finews.ch writes Christopher Hodge: «Trump bellt mehr, als er wirklich beisst»
finews.ch writes Langjährige Safra-Sarasin-Top-Bankerin wird CEO in Asien
Insbesondere von männlichen Studierenden und in mathematischen Fächern werden Dozentinnen schlechter bewertet als ihre männlichen Kollegen – trotz gleicher Lehrqualität.
Obwohl der Anteil an Frauen in Graduierten-Programmen in den Wirtschaftswissenschaften seit Jahrzehnten stetig zunimmt, kann kein analoger Trend bei anschließenden universitären Karrieren verzeichnet werden (McElroy, 2016). Mögliche Erklärungsversuche für diese „leaking pipeline“ sind vielfältig und liegen sowohl auf der Angebotsseite, also z.B. an Präferenzen, aber auch auf der Nachfrageseite wie z.B. Diskriminierung. So zeigen Studien unter anderem, dass das Geschlecht für den Erfolg von Förderanträgen entscheidend ist (Broder, 1993, Van der Lee und Ellemers, 2015), dass Forschungspapiere von weiblichen Autoren eine geringere Qualität beigemessen wird (Krawczyk and Smyk, 2016), und dass der Beitrag von Forscherinnen zu wissenschaftlichen Kollaborationen als geringer bewertet wird als wenn (männliche) Forscher in Forschungsteams publizieren (Sarsons, 2017).
Lehrevaluationen zur Leistungsbeurteilung von Dozierenden
Eine Form der Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen kann auch in der Evaluierung von Lehrveranstaltungen liegen. Gerade für angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entscheiden Lehrevaluationen nicht selten über Einstellungs- oder Beförderungsentscheidungen und können somit einen Einfluss auf den beruflichen Werdegang ausüben. Bei den Betroffenen selbst sind schlechte Bewertungen durch Studierende nicht selten ein zusätzlicher Grund an der eigenen akademischen Eignung zu zweifeln. Diskriminierende Bewertungen können jedoch auch auf indirektem Weg den universitären Werdegang erschweren, wenn Wissenschaftlerinnen durch schlechtere Bewertungen dazu veranlasst werden Zeitkontingente von der Forschung in die Lehre zu transferieren, um vermeintlich schlechtere Bewertungen zu verbessern. Diese Verschiebung von ohnehin knappen Zeitressourcen führt fast unweigerlich zu qualitativ schlechteren Forschungsergebnissen, was Frauen auf dem akademischen Arbeitsmarkt weiter zurückwerfen kann.
Unter Einbeziehung eines Datensatzes von 19.952 Lehrevaluationen von Dozentinnen und Dozenten an einer niederländischen Universität, versucht unsere Studie einen möglichen gender bias in Lehrevaluationen zu belegen und zu quantifizieren (Mengel, Sauermann, Zölitz, 2019). In unserem Kontext beschreibt gender bias ein geschlechterspezifisch schlechteres Evaluationsergebnis, welches nicht durch objektive Unterschiede in der Qualität der Lehre erklärt werden kann. Zur kausalen Messung des Zusammenhangs machen wir uns die zufällige Einteilung von Studierenden in Kurse mit männlichen und weiblichen Dozenten zu eigen. Diese zufällige Einteilung schließt aus, dass geschlechterspezifische Unterschiede in der Dozentenbewertung auf Selektion von Studierenden in Kurse zurückzuführen sind. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Frauen und Männer unterschiedliche Arten von Kursen unterrichteten oder kritische Studierende vermehrt Kurse von Dozentinnen besuchen. Des Weiteren enthalten die Daten neben den Evaluationsergebnissen detaillierte Informationen über die Selbststudienzeit und die akademischen Leistungen der Studierenden. Falls Lehre und Leistungsbewertung nicht von ein und derselben Person übernommen werden, kann Letzteres als objektives Leistungskriterium für die Dozierenden gesehen werden. Dies erlaubt es geschlechterverzerrte Bewertungen daraufhin zu überprüfen, ob sie auf Grundlage der Dozentenleistung gerechtfertigt sein können.
Dozentinnen werden bei gleicher Lehrqualität schlechter bewertet
Unsere empirischen Ergebnisse belegen eine systematische Benachteiligung von Dozentinnen gegenüber ihren männlichen Pendants, obwohl das Geschlecht der Dozierenden weder einen Einfluss auf die Noten noch den Arbeitsaufwand der Studierenden ausübt. Die niedrigeren Lehrevaluationen der Dozentinnen sind größtenteils auf die Bewertungen männlicher Studierenden zurückzuführen, auch wenn gleiches Verhalten in geringerem Ausmaß bei weiblichen Studierenden zu beobachten ist. Ungerechtfertigt schlechte Bewertungen treten dabei besonders häufig in der Evaluierung von mathematischen Kursen auf, in denen die Voreingenommenheit gegenüber Dozentinnen besonders ausgeprägt scheint. Darüber hinaus sinkt der Grad der Benachteiligung mit dem Alter der Dozentinnen, sodass vermehrt junge Dozentinnen schlechtere Bewertungen erhalten. Gegeben, dass diese meist noch am Anfang ihrer akademischen Karriere stehen, und weniger Erfahrung haben als ihre älteren Kolleginnen, sind sie besonders anfällig ihre akademischen Pläne zu überdenken oder zeitliche Ressourcen auf die vermeintliche Verbesserung ihrer Lehre zu schieben.
Interessanterweise setzt sich der beschriebene gender bias auch in der Evaluation von Lehrmaterialien fort. Dies scheint umso erstaunlicher, da diese Materialien unabhängig vom Geschlecht des Dozenten identisch für alle Studierenden dergleichen Kursreihe sind. Theoretisch könnte dies durch die unterschiedliche Art und Weise wie Dozentinnen und Dozenten das zur Verfügung stehende Lehrmaterial nutzen erklärt werden. Wahrscheinlicher und weniger konstruiert erscheint die Möglichkeit, dass Studierende ihre Voreingenommenheit gegenüber Dozentinnen auch auf weitere geschlechtsunabhängige Gesichtspunkte ausdehnen (Spillover-Effekte).
Wie sinnvoll sind Lehrevaluationen?
Die Ergebnisse unserer Untersuchung legen nahe, dass die Evaluierung von Lehrveranstaltungen durch Studierende nur unter Vorbehalt genossen werden sollte. Obwohl Lehrevaluationen für Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen genutzt werden, werden sie in der Regel nicht für mögliche geschlechterspezifische Verzerrungen, die Geschlechterzusammensetzung der Kurse oder die Teilnahmequote an der Bewertung korrigiert. Durch diese Nichtberücksichtigung partizipieren Frauen weniger an Gehaltserhöhungen und werden letztendlich seltener befördert als ihre männlichen Kollegen.
Neben diesen möglichen direkten Auswirkungen treten weitere indirekte Folgen hinzu, wie durch die Reallokation von Zeitressourcen von der Forschung in die Lehre. All dies trägt letztlich zu schlechteren Karriereaussichten für Frauen in der Wissenschaft bei. In Anbetracht dieser teils gravierenden Folgen für den Erfolg am akademischen Arbeitsmarkt scheint es erstrebenswert die Bedeutung von Lehrevaluationen für die Leistungsbeurteilung zu überdenken und ihnen im Ganzen weniger Gewicht zukommen zu lassen. So hat sich die American Sociological Association erst kürzlich explizit gegen die Nutzung von Studierendenbewertungen wegen der genannten Verzerrungen ausgesprochen (American Sociological Association, 2019).
American Sociological Association. 2019. Statement on Student Evaluations of Teaching, September. https://www.asanet.org/sites/default/files/asa_statement_on_student_evaluations_of_teaching_sept52019.pdf
Broder, Ivy E. 1993. Review of NSF economics proposals: Gender and institutional patterns. American Economic Review 83(4) 964-970.
McElroy, Marjorie B. 2016. Committee on the status of women in the economics profession (CSWEP). American Economic Review 106(5) 750-773.
Krawczyk, Michal W., Magdalena Smyk. 2016. Author's gender affects rating of academic articles - evidence from an incentivized, deception-free experiment. European Economic Review 90?326-335.
Mengel, Friederike, Jan Sauermann, Ulf Zölitz. 2019. Gender bias in teaching evaluations. Journal of the European Economic Association, 17(2) 535-566.
Sarsons, Heather. 2017. Recognition for Group Work: Gender Differences in Academia. AER Papers and Proceedings, 107.
Van der Lee, Romy, Naomi Ellemers. 2015. Gender contributes to personal research funding success in The Netherlands. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 112(40) 12349-12353.
©KOF ETH Zürich, 16. Sep. 2019