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Arbeitslosigkeit und Präsidentenwahlen in Frankreich

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Am Sonntag wählt Frankreich einen neuen Präsidenten. Eine Analyse der französischen Präsidentschaftswahlen in den Jahren 2007, 2012 und 2017 zeigt, dass Arbeitslosigkeit eine starke Erklärungskraft für den Stimmanteil des Front National hat und auch für den Stimmanteil aller Globalisierungsgegner zusammen. Darüber hinaus tragen aktuelle und vergangene Veränderungen in der Arbeitslosigkeit dazu bei, Änderungen im Stimmanteil für den Front National bei Präsidentschaftswahlen zu erklären. In den letzten Jahren haben populistische und oft fremdenfeindliche Parteien und Politiker große Wahlerfolge verzeichnet. Sorgen über Einwanderung und Wut gegen die Globalisierung spielten eine entscheidende Rolle für die knappe Mehrheit, die die Gegner der britischen Mitgliedschaft in der Europäischen Union im Brexit Referendum erreichten sowie bei Donald Trumps Wahl zum Präsidenten der USA. Im Allgemeinen haben populistische Parteien, welche Einwanderung, Globalisierung oder die Europäische Union und oft alle drei ablehnen in einigen europäischen Ländern große Gewinne erzielt. In der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen gewannen Kandidaten, die Globalisierung und oft sogar Frankreichs Mitgliedschaft in der Europäischen Union kritisieren, fast die Hälfte der Stimmen.

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Am Sonntag wählt Frankreich einen neuen Präsidenten. Eine Analyse der französischen Präsidentschaftswahlen in den Jahren 2007, 2012 und 2017 zeigt, dass Arbeitslosigkeit eine starke Erklärungskraft für den Stimmanteil des Front National hat und auch für den Stimmanteil aller Globalisierungsgegner zusammen. Darüber hinaus tragen aktuelle und vergangene Veränderungen in der Arbeitslosigkeit dazu bei, Änderungen im Stimmanteil für den Front National bei Präsidentschaftswahlen zu erklären.

In den letzten Jahren haben populistische und oft fremdenfeindliche Parteien und Politiker große Wahlerfolge verzeichnet. Sorgen über Einwanderung und Wut gegen die Globalisierung spielten eine entscheidende Rolle für die knappe Mehrheit, die die Gegner der britischen Mitgliedschaft in der Europäischen Union im Brexit Referendum erreichten sowie bei Donald Trumps Wahl zum Präsidenten der USA. Im Allgemeinen haben populistische Parteien, welche Einwanderung, Globalisierung oder die Europäische Union und oft alle drei ablehnen in einigen europäischen Ländern große Gewinne erzielt. In der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen gewannen Kandidaten, die Globalisierung und oft sogar Frankreichs Mitgliedschaft in der Europäischen Union kritisieren, fast die Hälfte der Stimmen. In der Stichwahl stehen französische Wähler vor einer Entscheidung zwischen dem wirtschaftlich und sozial-liberalen und pro-europäischen Emmanuel Macron und der nationalistischen und sozial-konservativen Marine Le Pen, die die europäische Integration ablehnt. Das Land war in der ersten Runde stark geteilt: in Paris gewann Macron 34,8 % der Stimmen und Le Pen erhielt 5,0 % (Jean-Luc Mélenchon erhielt 19,6 %). In Marseille gewann Le Pen 23,7 % und Macron erzielte 20,4 % der Stimmen (Mélenchon erhielt 24,8 %). Diese Unterschiede spiegeln unterschiedliche wirtschaftliche Schicksale wider: die Arbeitslosenquote in Paris liegt bei 8,6 %, in Marseille bei 12,4 %. In diesem Artikel untersuchen wir, in welchem Maße Variation in Arbeitslosenquoten allein das Wahlverhalten bei den letzten Präsidentschaftswahlen in Frankreich erklären kann.

Empirische Analyse

In unserer empirischen Analyse untersuchen wir zuerst, ob regionale Arbeitslosenquoten den regionalen Stimmanteil für Jean-Marie Le Pen im Jahr 2007 und Marine Le Pen im Jahr 2012 und 2017 in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen erklären können. In einem zweiten Schritt analysieren wir zusätzlich, ob die Arbeitslosenquoten die Stimmanteile für alle Globalisierungs- und EU-Gegner, die in 2012 und 2017 angetreten sind, erklären. Dazu schauen wir uns sowohl kontemporäre Effekte als auch Differenzen an, um regionale Unterschiede herauszurechnen. Die Kandidaten, die wir als Globalisierungsgegner klassifizieren (auf Grundlage der Befürwortung des Austritts aus der Europäischen Union oder der Festlegung radikaler sozialpolitischer Politiken wie z.B. konfiszierende Steuersätze) sind Marine Le Pen (2012: 17,9%, 2017: 21,3%), Jean-Luc Mélenchon (2012: 11,10%, 2017: 19,6%), Nicolas Dupont-Aignan (2012: 1,79%, 2017: 4,70%), Philippe Poutou (2012: 1,15%, 2017: 1,09%), Nathalie Arthaud (2012: 0,56%, 2017: 0,64%) und François Asselineau (2017: 0,92%).[1]

Die Streudiagramme in Abbildung 1 zeigen die Stimmanteile für Jean-Marie Le Pen in 2007 und Marine Le Pen in 2012 und 2017 sowie die kontemporäre Arbeitslosenquote einschließlich der angepassten Regressionsgeraden und dem 95% Konfidenzintervall. Es besteht ein eindeutiger positiver Zusammenhang zwischen den regionalen Arbeitslosenquoten und den regionalen Stimmabgaben für Jean-Marie Le Pen im Jahr 2007 und Marine Le Pen im Jahr 2012 und 2017. Die Streudiagramme für alle Globalisierungsgegner in 2012 und 2017 sind qualitativ sehr ähnlich.

Abbildung 1: Scatterplot für die Arbeitslosenquote und den Stimmanteil für den Front National Kandidaten auf regionaler Ebene

Wir führen zunächst gewöhnliche Kleinst-Quadrate-Regressionen mit Querschnittsdaten durch. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse für den Stimmanteil von Jean-Marie und Marine Le Pen während den letzten drei Präsidentschaftswahlen und allen Globalisierungskritikern, die im Jahr 2012 und 2017 an den Wahlen teilgenommen haben. Bei der Regression der Stimmanteile auf die Arbeitslosenquote im selben Jahr sind die Effekte positiv und hoch signifikant, mit hohem R-Quadrat.

Tabelle 1: Arbeitslosenquote und Stimmanteile

Während Tabelle 1 ein sehr starkes positives Verhältnis zwischen der Arbeitslosigkeit und dem Stimmenanteil für Globalisierungskritiker darstellt, vernachlässigen reine Querschnittsdaten verschiedene unbeobachtete Faktoren, die sowohl die Arbeitslosenquote als auch den Stimmenanteil beeinflussen können. Um für diese zeitinvarianten Merkmale zu kontrollieren, zeigen die ersten beiden Spalten in Tabelle 2 die Ergebnisse für die Regressionen der Änderungen des Stimmanteils der Front National Kandidaten auf die Änderung der Arbeitslosenquote innerhalb des gleichen Zeitraums. Während wir einen starken Effekt für Veränderungen zwischen 2007 und 2012 finden, ist der Effekt von 2012 bis 2017 statistisch unbedeutend, und die Punktschätzung hat sogar das falsche Vorzeichen. Eine entsprechende Regression für alle Globalisierungsgegner ergibt eine positive, aber statistisch insignifikante Beziehung zwischen den Veränderungen von 2012 bis 2017.

Tabelle 2: Veränderung des Stimmanteils für den Front National Kandidaten und Veränderung der Arbeitslosenquote

Wir haben zusätzlich getestet, welche Auswirkungen vergangene Veränderungen in der Arbeitslosenquote auf die Stimmanteile der Front National haben. Die Ergebnisse in Tabelle 2 zeigen auch, dass der Le Pen-Stimmanteil bei vergangenen Anstiegen der Arbeitslosenquote ebenfalls zunimmt. Der Effekt ist für die Veränderung des Stimmanteils zwischen 2012 und 2017 mit einem p – Wert von 0,1 Prozent signifikant. Die Auswirkung der Veränderung der Arbeitslosenquote von 2002 auf 2007 auf die Änderung der Stimmanteile ist nicht signifikant, der p-Wert liegt bei etwa 11 Prozent. Das Ergebnis für die Veränderung des aggregierten Stimmanteils aller Globalisierungsgegner zwischen 2012 und 2017 ist ebenfalls positiv und signifikant auf dem 10 Prozent Niveau.

Die französische Präsidentschaftswahl ist für ganz Europa von entscheidender Bedeutung. Bisherige Studien haben gezeigt, dass zunehmende Handelsintensität mit China die politische Polarisierung in den USA gesteigert hat (Autor et al., 2016). Das wiederum spielte eine große Rolle bei Trumps Sieg. Obwohl sich die öffentliche Debatte überwiegend auf Einwanderung fokussierte, waren Spaltungen zwischen den Gewinnern und Verlierern der Globalisierung auch für das Brexit-Referendum von entscheidender Bedeutung. Die Jungen und gut Ausgebildeten gewinnen tendenziell, während die Älteren mit geringerer Bildung ein höheres Risiko haben zu verlieren. Nikolka und Poutvaara (2016) zeigen, dass allein die Variation im Anteil der Bevölkerung mit etwas tertiärer Bildung 80% der Variation im Stimmenanteil des „leave“-Lagers in 326 Gebieten in England erklärt. Variationen in den Bevölkerungsanteilen von Einwanderern aus den EU15 Ländern, aus neuen EU Mitgliedsländern und aus dem Rest der Welt erklären zusammen 53.9%. Bildung spielte auch in den USA und in Frankreich eine große Rolle. In den amerikanischen Präsidentschaftswahlen wählte die Mehrheit der Collegeabsolventen Clinton und die Mehrheit derer ohne College Abschluss unterstützte Trump (Tyson und Maniam 2016). In Frankreich war Macron unter denen mit höherem sozio-ökonomischen Status der beliebteste Kandidat, wohingegen Le Pen und Mélenchon bei der Bevölkerung mit niedrigerem sozio-ökonomischen Status gewannen (OpinionWay, 2017).

Risiko für 2022

Der markante Unterschied im Wahlverhalten zwischen Großbritannien, den USA und Frankreich ist der Alterseffekt. Junge, amerikanische Wähler bevorzugten Clinton gegenüber Trump und junge britische Wähler stimmten gegen das Verlassen der EU, während die Mehrheit der älteren Wähler für Trump und das Verlassen der EU stimmten. In Frankreich dagegen waren die Globalisierungsgegner Melénchon und Le Pen die Favoriten der Altersgruppe von 18-34 und erhielten zusammen 50.3% der Stimmen. Unter den Wählern mit 65 Jahren und älter, erhielt Le Pen nur 9,7% der Stimmen (OpinionWay, 2017). Unsere Vermutung ist, dass dieser große Unterschied von der extrem hohen Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich getrieben wird. Hoffnungslosigkeit nährt extremistisches Wahlverhalten. Dies ist eine besorgniserregende Perspektive für Europa. Selbst wenn Macron am Sonntag mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnt, sind es nur fünf Jahre bis zur nächsten Wahl, um die französische Wirtschaft zu reformieren. Wenn die Arbeitslosigkeit hoch bleibt, besteht ein nennenswertes Risiko, dass Le Pen oder ein anderer Globalisierungsgegner in fünf Jahren gewinnt. Ähnliche Effekte spielen in andern europäischen Ländern, die unter Massenarbeitslosigkeit leiden, eine Rolle.

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