Nepal zählt zu den ärmsten Ländern der Erde und ist auf die Entwicklungshilfe aus dem Ausland angewiesen. Die Wirkung dieser Unterstützung hängt jedoch auch davon ab, wie die Notenbank des Landes – die Nepal Rastra Bank (NRB) – mit diesen Kapitalzuströmen umgeht. Auf Grund der strengen Regulierung des Kapitalmarktes und des fixen Wechselkurses mit Indien kommt bei den Menschen vor Ort weniger an als eigentlich möglich wäre, wie dieser Beitrag zeigt. Der Kapitalmarkt Nepals wird von umfangreichen Kapitalverkehrskontrollen geschützt. Die Nepalesische Rupie ist z.B. nicht frei konvertierbar in andere Währungen, mit Ausnahme der Indischen Rupie. Internationale Investoren dürfen keine Aktien, Wertpapiere oder andere Vermögenstitel in Nepal kaufen. Auch den Bürgern des Landes ist es nicht erlaubt, bei ihrer Bank Fremdwährungskonten zu halten. Mit Hilfe dieser Kontrollen wird versucht das Land vor den Ansteckungsgefahren der internationalen Kapitalmärkte zu schützen. Es erschwert aber auch die Arbeit derjenigen, die dem Land eigentlich helfen wollen. Wenn beispielweise ein Unterstützer aus Deutschland 100 Euro nach Nepal spenden möchte, bekommen die Begünstigten den Betrag nicht direkt in Euro. Stattdessen muss der Empfänger – beziehungsweise seine Bank – es zunächst bei der Nepal Rastra Bank in Nepalesische Rupien umtauschen.
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Sven Steinkamp, Frank Westermann considers the following as important:
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Nepal zählt zu den ärmsten Ländern der Erde und ist auf die Entwicklungshilfe aus dem Ausland angewiesen. Die Wirkung dieser Unterstützung hängt jedoch auch davon ab, wie die Notenbank des Landes – die Nepal Rastra Bank (NRB) – mit diesen Kapitalzuströmen umgeht. Auf Grund der strengen Regulierung des Kapitalmarktes und des fixen Wechselkurses mit Indien kommt bei den Menschen vor Ort weniger an als eigentlich möglich wäre, wie dieser Beitrag zeigt.
Der Kapitalmarkt Nepals wird von umfangreichen Kapitalverkehrskontrollen geschützt. Die Nepalesische Rupie ist z.B. nicht frei konvertierbar in andere Währungen, mit Ausnahme der Indischen Rupie. Internationale Investoren dürfen keine Aktien, Wertpapiere oder andere Vermögenstitel in Nepal kaufen. Auch den Bürgern des Landes ist es nicht erlaubt, bei ihrer Bank Fremdwährungskonten zu halten. Mit Hilfe dieser Kontrollen wird versucht das Land vor den Ansteckungsgefahren der internationalen Kapitalmärkte zu schützen. Es erschwert aber auch die Arbeit derjenigen, die dem Land eigentlich helfen wollen.
Wenn beispielweise ein Unterstützer aus Deutschland 100 Euro nach Nepal spenden möchte, bekommen die Begünstigten den Betrag nicht direkt in Euro. Stattdessen muss der Empfänger – beziehungsweise seine Bank – es zunächst bei der Nepal Rastra Bank in Nepalesische Rupien umtauschen. Auf diese Weise landet das in Euro denominierte Geld im ersten Schritt im Keller der Zentralbank. Die Menschen, für die die Spende gedacht war, bekommen zum aktuellen Tageskurs umgerechnete, frisch gedruckte Rupien. Diese werden von der NRB auf dem Konto der Privatbank des Empfängers gutgeschrieben. Der Empfänger kann dort die Rupien bar abheben; Zeitgleich baut die Notenbank Währungsreserven auf, die sie in ausländischen Wertpapieren anlegt.
Kapitalzuströme wirken irgendwann inflationär
Wie wichtig dieser Umweg über die Notenbank für die Empfänger des Geldes ist, hängt vor allem davon ab, wie viele Rupien insgesamt in Nepal im Umlauf sind. Falls die Notenbank im Gegenzug zu den Kapitalzuflüssen die Geldmenge wieder reduziert, in dem sie z.B. inländische Staatspapiere verkauft, bleibt auch der Wert der Rupien in etwa konstant. Die Kaufkraft im Innenverhältnis des Landes bliebe erhalten – man spricht hier von einer sterilisierten Intervention der Notenbank; einem Tausch von inländischen Wertpapieren gegen Fremdwährungsreserven, der die Geldmenge in der Summe unverändert lässt.
Dies funktioniert allerdings nur so lange, wie die Notenbank inländische Wertpapiere auf ihrer Bilanz hat. Eine Sterilisierung der Zuströme ist ab einem bestimmten Punkt nicht mehr möglich und jeder zusätzliche überwiesene Euro wirkt dann inflationär, da er die Geldmenge erhöht. Während also die direkten Empfänger von den Hilfen profitieren, gibt es andere, die keine Entwicklungshilfe bekommen, aber ebenso mit höheren Preisen konfrontiert werden. Es gibt einen negativen indirekten Inflationseffekt, der dadurch entsteht, dass ein geschlossener Kapitalmarkt nur eine begrenzte Menge an Transfers absorbieren kann.
Diesen Punkt hatte die Zentralbank Nepals bereits vor dem Erdbeben im letzten Jahr erreicht, denn schon seit Anfang der 2000er Jahre ist die Entwicklungshilfe nicht mehr die größte Komponente der Kapitalzuströme: Stattdessen spielen Rücküberweisungen nepalesischer Bürger eine viel größere Rolle. Sie arbeiten in Katar, um WM-Stadien aufzubauen, als Haushaltshilfe in Australien und als Sicherheitspersonal im gesamten asiatischen Raum. Insgesamt zwei Millionen Nepalesen sind derzeit im Ausland beschäftigt, ca. 10% der Bevölkerung. Im letzten Jahr wurden auf diese Weise 28% des gesamten Sozialproduktes durch Rücküberweisen von Einkünften aus dem Ausland erwirtschaftet. Für diese jährlichen Rücküberweisungen gilt das gleiche wie für die Entwicklungshilfe – Sie müssen bei der Notenbank in heimische Rupien umgetauscht werden.
Die Zentralbank hat also in geschlossenen Volkswirtschaften wie Nepal eine herausragende Bedeutung für die Wohlfahrtseffekte von internationalen Zuwendungen, unabhängig davon, wer diese in Auftrag gibt. Sie ist die Hüterin der Währungsreserven und zeitgleich dafür verantwortlich die Preise möglichst stabil zu halten. Was macht also die Zentralbank mit dem Zustrom an Fremdwährung jedes Jahr? Die ernüchternde Antwort auf diese Frage ist, dass die NRB die Währungsreserven seit Jahren dafür einsetzt die Nepalesische Rupie gegenüber der Indischen Rupie zu stabilisieren.
Die Rolle des Fixkurssystems mit Indien
Seit 1960 besteht ein Fixkurssystem, das die nepalesische Währung an die indische Währung koppelt, obwohl Nepal seit Jahren unter Abwertungsdruck steht. Um dieses System zu verteidigen, nimmt die NRB das in Katar, Australien und anderswo verdiente Geld sowie die Entwicklungshilfe aus Deutschland und anderen Ländern und kauft damit frisch-gedruckte indische Rupien. Für Indien ist dies ein gutes Geschäft. Es ist ein viel größeres Land, das auf Grund des Fixkurssystems einen permanenten Abnehmer für seine Währung gefunden hat. Es kann Geld drucken und mit den Devisen, die es aus Nepal bekommt, seine Währungsreserven aufbauen, ohne selbst in zusätzliche Abwertungsgefahr zu kommen.
Natürlich hat auch Nepal einen Vorteil: Die von der NRB gekauften Indischen Rupien werden letztlich von den Bürgern Nepals genutzt, um in Indien Güter und Dienstleistungen einzukaufen. Die Kapitalzuströme finanzieren also ein Handelsbilanzdefizit mit Indien und gehen nicht ganz verloren. Man kann sich den Zusammenhang auch so vorstellen, dass die im Ausland beschäftigten Bürger das Geld im Koffer mitnehmen, dann aber bei der Rückkehr in Delhi für einen Zwischenstopp auf dem Flughafen landen. Dort tauschen sie das im Ausland verdiente Geld in Indische Rupien und geben es für Waren aus, die sie dann mit nach Hause bringen – der Effekt auf die Bilanzen der Notenbanken und die Wohlfahrt der Menschen wäre sehr ähnlich.
Dennoch werden sowohl die Entwicklungshilfe als auch die Rücküberweisungen in Nepal ineffizient genutzt. Neben den Währungsreserven entgehen Nepal mehrere indirekte Effekte der Kapitalzuströme: So profitiert Nepal nicht von dem mit dem Kauf der Güter verbundenen Nachfrageimpuls auf die Konjunktur. Auf Fremdwährungskonten könnten die Bürger Ersparnisse bilden, die langfristige Investitionen finanzieren und die Produktionskapazität erweitern. Sie könnten die Zinsen verdienen, die derzeit an den Indischen Staat gehen. Schließlich würde eine breitere Konvertierbarkeit die Möglichkeit eröffnen statt indischer Waren auch aus dem Rest der Welt leichter zu importieren.
Dem entgegen mag die Sorge vor einem offenen Kapitalmarkt stehen, der in den letzten Jahrzehnten schon viele Entwicklungsländer krisenanfällig machte. Jedoch sind weder Rücküberweisungen noch die internationale Entwicklungshilfe ähnlich scharfen Trendumschwüngen unterworfen, wie dies beispielsweise bei Portfolioströmen der Fall ist. Die Erkenntnis, dass ein kleines Land nicht jedes Jahr Fremdwährungszuflüsse in diesem Ausmaß sinnvoll verarbeiten kann, ist in jedem Fall ein wichtiger Ausgangspunkt für notwendige Reformen. Für Nepal bedeutet dies eine schrittweise Lockerung der Kapitalverkehrskontrollen. Für die deutsche Entwicklungshilfe stellt sich die Frage, ob reine Budgethilfen bei den aktuellen Rahmenbedingungen die richtige Form der Unterstützung sind.
Maskay, Nephil, Steinkamp, Sven und Frank Westermann “The Impact of Remittances on Central Bank Balance Sheets, Inflation and Welfare in Nepal[ a ]“ NRB Economic Review, 2015, Vol 27-2, pp.1-18.
Maskay, Nephil, Steinkamp, Sven und Frank Westermann “Do Foreign Currency Accounts Help Relax Credit Constraints? Evidence from Nepal, Pacific Economic Review, forthcoming 2016.
©KOF ETH Zürich, 11. Jul. 2016