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Weniger ist manchmal mehr: Uber, Wettbewerbsvorteile und die Frage der optimalen Regulierung

Summary:
Uber hat den Taximarkt durcheinandergewirbelt. Neben den berechtigten rechtlichen Regulierungs-Diskussionen rund um die Anstellungsverhältnisse der Uber-Fahrer sprechen ökonomische Gründe für eine generelle Deregulierung des Marktes. Wettbewerbsverzerrung durch Rechtsunsicherheit Die momentane Rechtsunsicherheit durch den Markteintritt von Uber sorgte international, aber auch in der Schweiz für massive Diskussionen. Ein Hauptkritikpunkt und Zankapfel dabei ist der rechtliche Charakter der Arbeitstätigkeit der Uber-Fahrer und der daraus resultierende Wettbewerbsvorteil für die Plattform; Uber entrichtet keine Sozialversicherungsbeiträge und bezahlt nur Mehrwertsteuer auf die Gebühren der Fahrer. Die Frage, ob ein Uber-Chauffeur nun selbständig ist oder doch als Angestellter der Firma Uber gelten soll, blieb bis anhin unbeantwortet. Während Uber davon ausgeht, dass es sich bei ihren Fahrern um Selbständige handelt, interpretiert die SUVA die Rechtslage anders. Die Versicherung hat im Mai entschieden, einen Uber-Fahrer als Angestellten einzustufen. Die Rechtsunsicherheit ist allerdings nicht der einzige Grund, weshalb Uber als hybride Unternehmensform im Vergleich zum klassischen Taxigewerbe Kostenvorteile besitzt. Ein wesentlicher Teil davon ist der heutigen Regulierungslandschaft geschuldet.

Topics:
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Uber hat den Taximarkt durcheinandergewirbelt. Neben den berechtigten rechtlichen Regulierungs-Diskussionen rund um die Anstellungsverhältnisse der Uber-Fahrer sprechen ökonomische Gründe für eine generelle Deregulierung des Marktes.

Wettbewerbsverzerrung durch Rechtsunsicherheit

Die momentane Rechtsunsicherheit durch den Markteintritt von Uber sorgte international, aber auch in der Schweiz für massive Diskussionen. Ein Hauptkritikpunkt und Zankapfel dabei ist der rechtliche Charakter der Arbeitstätigkeit der Uber-Fahrer und der daraus resultierende Wettbewerbsvorteil für die Plattform; Uber entrichtet keine Sozialversicherungsbeiträge und bezahlt nur Mehrwertsteuer auf die Gebühren der Fahrer. Die Frage, ob ein Uber-Chauffeur nun selbständig ist oder doch als Angestellter der Firma Uber gelten soll, blieb bis anhin unbeantwortet. Während Uber davon ausgeht, dass es sich bei ihren Fahrern um Selbständige handelt, interpretiert die SUVA die Rechtslage anders. Die Versicherung hat im Mai entschieden, einen Uber-Fahrer als Angestellten einzustufen.

Die Rechtsunsicherheit ist allerdings nicht der einzige Grund, weshalb Uber als hybride Unternehmensform im Vergleich zum klassischen Taxigewerbe Kostenvorteile besitzt. Ein wesentlicher Teil davon ist der heutigen Regulierungslandschaft geschuldet. Auch wenn das Bundesgericht entscheidet, dass die Uber-Fahrer selbständig sind, wird damit keine Gleichbehandlung erreicht. Denn der durchschnittliche Uber-Fahrer bewegt sich zwar weit unterhalb der MWST-Freigrenze von CHF 100'000, Uber erwirtschaftet jedoch bereits heute zweistellige Millionenumsätze. Da der Umsatz auf viele Köpfe verteilt wird, entkommt Uber so grösstenteils der Mehrwertsteuer. Ähnliches gilt auch für die Sozialversicherungsbeiträge.

Aus Effizienzgründen sollte die Rechtslage geklärt und damit die bestehenden Institutionen respektiert werden. Einiges spricht dafür, die Uber-Fahrer als unselbständige Erwerbstätige anzusehen. Nebst dem Umstand, dass es einfacher ist, eine Firma zur Einhaltung des Rechts zu bewegen als Tausende von Fahrern, wird damit erreicht, dass Uber Sozialversicherungsbeiträge leisten und Mehrwertsteuer auf den Umsatz entrichten muss. Der Teil des Preisvorteils, der aus der jetzigen Ungleichbehandlung resultiert, verschwindet. Würden die Fahrer hingegen als selbständig taxiert, blieben mit der heutigen Rechtslage gewisse Vorteile bestehen. Und zwar durch die genannten Freibeträge, aber auch aufgrund der schwierigen Durchsetzbarkeit der Gesetze auf Ebene des Individuums. Eine elegante Lösung für die Beseitigung beider Probleme ist es, die Plattform in die Pflicht zu nehmen. Damit werden die Durchsetzungs- und Administrativkosten auf ein Minimum reduziert, womit die Legitimation für Freibeträge ohnehin wegfällt.

Ökonomie des Taxi-Gewerbes

Hinsichtlich der Sharing Economy stellt sich die Frage, aus welchen Gründen eine Regulierung der klassischen Wirtschaft überhaupt notwendig ist. Da das Taxifahren weder die Charakteristika eines natürlichen Monopols oder öffentlichen Guts aufweist, bleiben für eine ökonomisch begründete Intervention nur noch externe Effekte und die asymmetrische Information. Obwohl das Fahren eines Fahrzeugs negative Effekte auf Unbeteiligte ausübt, ist damit noch kein direkter Bezug zum Taxi-Sektor hergestellt. Daher kommt nur noch die Informationsasymmetrie in Betracht.

Während ein Taxifahrer genau Bescheid weiss, welche Routen er nehmen kann, um von A nach B zu gelangen, ist es für Ortsunkundige naturgemäss schwieriger. Steigen diese in ein Taxi, müssen sie sich auf das Wissen des Fahrers verlassen. Dieser wiederum hat einen Anreiz, aufgrund des Zeittarifs nicht die schnellste Route zu wählen. Die Benutzer eines Taxis wissen in der Regel auch nicht, wie ausgeprägt die Ortskenntnisse des Fahrers sind und wie gut und sicher die Person am Steuer fährt. Da die Interaktion zwischen den Parteien meist einmalig ist, wird dieser Effekt verstärkt. Sind die Qualitätsaspekte der Leistung nur ungenügend abschätzbar, gibt dies den weniger versierten Taxifahrern die Möglichkeit, im Markt zu bestehen. Gute Qualität wird vom Markt nicht belohnt, was jene Fahrer aussteigen lässt, die einen qualitativ hochwertigen und sicheren Fahrservice anbieten. Ohne Intervention entsteht ein ineffizienter Markt mit niedriger Qualität, wenig Sicherheit und einer geringen Nachfrage.

Marktversagen und Staatsversagen

Die Kantone und Städte haben in den 1980er und 1990er Jahren versucht, dem Marktversagen mit Gesetzen beizukommen. Meist zielte die Regulierung darauf ab, die Bewilligung für Taxihalter und -Chauffeure an gewisse Kriterien qualitativer Art zu binden (z.B. gewerbsmässige Führerprüfung, Chauffeurprüfung). Damit sollte ein Mindestmass an Qualität und Sicherheit gewährleistet werden.

Die gut gemeinten Massnahmen führten aber auch zu unschönen Nebeneffekten. Einmal abgesehen davon, dass die erste Regulierungswelle eine bescheidene Wirkung auf die Servicequalität zeigte, haben die künstlichen Marktbarrieren zu einem ungewünscht hohen Preisniveau geführt. Ökonomisch ist dies nachvollziehbar, da die Marktteilnehmer ihre 'Investitionskosten' bei Markteintritt wiederbeschaffen müssen. Auch die starke Marktkonzentration aufgrund der hohen Eintrittshürden war einem tiefen Preisniveau sicherlich nicht zuträglich. Die Behörden reagierten auf das Staatversagen mit einer zweiten Regulierungswelle. Um die Preise zu senken, wurden in der ganzen Schweiz Höchsttarife für Taxi-Fahrten verabschiedet.

Nebst den ungewollt hohen Preisen durch die staatlichen Massnahmen und deren zweifelhafter Wirksamkeit ist anzunehmen, dass die zunehmende Regulierung über die letzten Jahrzehnte eine Mitschuld an der fehlenden Innovationstätigkeit in der Branche trägt. Das Taxigewerbe hat sich im Gegensatz zu vielen Dienstleistungsbranchen in den vergangenen 50 Jahren kaum weiterentwickelt (Nutzerfreundlichkeit, Servicequalität, Sicherheit, Flexibilität).

Abbildung 1: Preis für eine Fahrt von 3 km in verschiedenen Schweizer Städten

Anmerkung: *Differenzierte Preise ja nach Tageszeit und Wochentag

Quelle: Uber, www.taxi-rechner.de

Selbst-Regulierung und die Macht der Reputation

Obwohl von verschiedener Seite die Notwendigkeit einer verstärkten Regulierung der Taxiplattform proklamiert wird, lässt sich bereits heute sagen, dass sich der Regulierungsbedarf mit dem Markteintritt von Uber drastisch reduziert. Denn das Problem der asymmetrischen Information ist primär ein Phänomen des klassischen Taximarkts, während Uber als Plattform die Technologie nutzt, um die Asymmetrie zu minimieren. Bei Buchung eines Uber-Fahrers sind dem Fahrgast bereits die Wartezeit, die Fahrtdauer, die Route, der Fahrpreis und die Bewertung des Fahrers bekannt. Böse Überraschungen in Form unerwartet hoher Preise, langer Wartezeiten, falscher Routen oder einer schlechten Fahrleistung können so gar nicht erst entstehen.

Es wäre allerdings falsch zu sagen, dass die Sharing Economy ohne Regulierung auskommt. Im Gegenteil, ihre Funktionsweise über Plattformen initiiert eine wirksame Form der Selbstregulierung. Nebst dem besseren Informationsstand der Konsumenten aufgrund fallender Suchkosten spielen Reputationssysteme eine entscheidende Rolle: Konsumenten bewerten die Leistung der Dienstleister und umgekehrt. Dieser Mechanismus garantiert die Sanktionierung schlechter Qualität durch den Markt und stärkt das Vertrauen zwischen den Marktseiten. Aber nicht nur Reputationssysteme, auch andere Formen des Monitorings entfalten bei Uber ihre Wirkung. So kann der Konsument nach der Fahrt nachvollziehen, ob der Fahrer die kürzeste Route gewählt hat und seine Bewertung anpassen.

Dass Plattformen auch zu Problemen führen, wird seit längerem befürchtet. Da die Grösse der Plattform aufgrund von Netzwerkeffekten einen Vorteil darstellt, entsteht eine Tendenz hin zu stark konzentrierten Märkten. Hat ein Unternehmen eine gewisse Marktstellung erreicht, wird es für potenzielle Wettbewerber schwierig, im Markt Fuss zu fassen. Erfahrungen aus den USA zeigen jedoch, dass auch Uber nicht konkurrenzlos bleibt. Ein Mindestmass an Wettbewerb kann zudem ermöglicht werden, wenn den Plattformnutzern die Möglichkeit eingeräumt wird, jederzeit zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Nichtsdestotrotz ist es essentiell, dieser dynamischen Marktform regulatorisch dynamisch entgegenzutreten.

Deregulierung für Fairness, Effizienz und Innovation

Zielt die heutige Regulierung im Taximarkt tatsächlich darauf ab, das Problem der asymmetrischen Information zu lösen, gibt es also ökonomisch fundierte Gründe dafür, den Markt weitgehend zu deregulieren. Die Sharing Economy bringt Instrumente mit, die einen Ausgleich des Informationsstands zwischen Anbietern und Nachfragern erlauben und dazu beitragen, dass sich die Marktteilnehmer besser entscheiden.

Der Eintritt von Uber hat bereits zu einer Senkung der Marktpreise geführt. Für das traditionelle Gewerbe ist dies nachteilig, sinkende Preise bedeuten aber auch meist mehr Menge. Vom grösseren Kuchen profitieren nicht nur die Uber-Fahrer und die Plattform, in erster Linie erhalten die Konsumenten durch das sinkende Preisniveau ein grösseres Stück vom Kuchen. Diesen steht zudem ein vielfältigeres Angebot an Taxidienstleistungen zur Verfügung. Handkehrum wird das traditionelle Gewerbe gezwungen, sich vermehrt am Markt zu orientieren.

Wichtige Grundvoraussetzung für eine effiziente Marktallokation ist allerdings, dass die beiden Marktteilnehmer denselben Rahmenbedingungen gegenüberstehen. Die Klärung des Rechtsstatus der Uber-Fahrer ist jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer fairen Wettbewerbssituation. Die bestehenden Taxifirmen werden vorbringen, dass sie einer Vielzahl von Vorschriften gegenüberstehen, welchen Uber entgehen kann. Möchte man innovative Ideen nicht verhindern, darf die Antwort darauf jedoch nicht die strikte Anwendung des bestehenden Regelwerks auf neue Technologien sein. Dies verhindert nicht nur die Weiterentwicklung der Wirtschaft, die Anwendbarkeit altgedienter Gesetze ist in der Plattformwelt ohnehin beschränkt. Vielmehr kann das Regulierungsgefälle gesenkt werden, indem auch das traditionelle Taxigewerbe von längst überholten Gesetzen und Verordnungen befreit wird. So ist sichergestellt, dass sich der Markt in Zukunft mehr denn je an den Bedürfnissen der Konsumenten orientieren kann.

©KOF ETH Zürich, 1. Dez. 2016

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