Obwohl die materiellen Bedürfnisse in Ländern wie der Schweiz weitgehend gesättigt sind, wächst der Konsum – dank raffinierter Marketingkonzepte. Bedürfnisweckung statt Bedürfnisdeckung: Heute müssen Kunden dazu gebracht werden, jährlich ein neues Smartphone zu kaufen. Foto: Reuters Das Wirtschaftswunder besteht im 21. Jahrhundert nicht mehr darin, dass pro Kopf immer mehr Güter und Dienstleistungen produziert werden können. Ein Wunder ist es vielmehr, dass diese Mehrproduktion tatsächlich von Jahr zu Jahr auch verkauft werden kann. Und dies, obwohl in hochentwickelten Ländern wie der Schweiz materielle Bedürfnisse weitgehend gesättigt sind. Doch nichts wächst regelmässiger als der Konsum der privaten Haushalte. Seit dem Jahr 2000 liegen die realen Wachstumsraten
Topics:
Mathias Binswanger considers the following as important: Allgemein, Konsum, Marketing, Wachstum, Werbung
This could be interesting, too:
Urs Birchler writes Staatsgarantie zum Schleuderpreis
Urs Birchler writes Banken — stille Revolution und unüberlegte Politik
Urs Birchler writes Hydranten statt Brandmauern?
Urs Birchler writes Die Eigenmittel-Leugner
Obwohl die materiellen Bedürfnisse in Ländern wie der Schweiz weitgehend gesättigt sind, wächst der Konsum – dank raffinierter Marketingkonzepte.
Das Wirtschaftswunder besteht im 21. Jahrhundert nicht mehr darin, dass pro Kopf immer mehr Güter und Dienstleistungen produziert werden können. Ein Wunder ist es vielmehr, dass diese Mehrproduktion tatsächlich von Jahr zu Jahr auch verkauft werden kann. Und dies, obwohl in hochentwickelten Ländern wie der Schweiz materielle Bedürfnisse weitgehend gesättigt sind. Doch nichts wächst regelmässiger als der Konsum der privaten Haushalte. Seit dem Jahr 2000 liegen die realen Wachstumsraten zwischen 0,4 und 2,6 Prozent, ohne dass sich irgendein Anzeichen von Sättigung erkennen lässt.
Grundsätzlich ist es so: Je höher der Wohlstand einer Gesellschaft wird, umso mehr Aufwand braucht es, um weitere Produkte an die Frau oder den Mann zu bringen. Als Radios, Fernseher, Waschmaschinen und Autos, aber auch Personalcomputer oder Smartphones erstmals auf den Markt kamen, musste man den Konsumenten nicht gross erklären, wozu sie diese brauchen. Sie entsprachen Bedürfnissen nach Unterhaltung, Kommunikation oder Bequemlichkeit. Die Menschen aber dazu zu bringen, jedes Jahr ein neues Smartphone zu kaufen, sich alle zwei Jahre wieder für ein neues Automodell zu entscheiden, braucht schon wesentlich mehr Anstrengung. Doch auch in dieser Hinsicht erwies sich die Wirtschaft als innovativ – statt um Bedürfnisdeckung geht es zunehmend um Bedürfnisweckung.
Wasserflaschen und Autoscham
So wussten Menschen bis vor einigen Jahren noch nicht, dass sie das Bedürfnis haben, täglich Herzfrequenz, Tagesaktivitäten, verbrannte Kalorien und ihren Schlaf zu erfassen. Dank den Anstrengungen der Hersteller von Gesundheitsuhren wurde dieses Bedürfnis jedoch in ihnen «geweckt», und Gesundheitsuhren bzw. Fitness Tracker werden heute in grossen Mengen verkauft. Auch war es Menschen bis in die 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland oder...