Neuberger Berman sieht für das kommende Jahr Chancen bei inflationsindexierten italienischen Staatsanleihen. (Bild: Shutterstock.com/emperorcosar) Das Team für europäische Investmentgrade-Anleihen von Neuberger Berman erläutert, warum die Konjunkturerholung in Europa unterschätzt wird und weshalb es Chancen in günstig bewerteten inflationsindexierten europäischen Anleihen sieht.Im Euroraum beträgt die Inflation heute kaum die Hälfte des Zielwertes von knapp 2%, woraufhin die Europäische Zentralbank (EZB) jüngst mit der Wiederaufnahme der QE-Programme (quantitative easing) reagierte, wie Patrick Barbe und Yanick Loirat vom Neuberger Berman Team für europäische Investmentgrade-Anleihen in ihrem Marktkommentar schreiben. Der Hauptunterschied zum ersten Programm ist jedoch die
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Das Team für europäische Investmentgrade-Anleihen von Neuberger Berman erläutert, warum die Konjunkturerholung in Europa unterschätzt wird und weshalb es Chancen in günstig bewerteten inflationsindexierten europäischen Anleihen sieht.
Im Euroraum beträgt die Inflation heute kaum die Hälfte des Zielwertes von knapp 2%, woraufhin die Europäische Zentralbank (EZB) jüngst mit der Wiederaufnahme der QE-Programme (quantitative easing) reagierte, wie Patrick Barbe und Yanick Loirat vom Neuberger Berman Team für europäische Investmentgrade-Anleihen in ihrem Marktkommentar schreiben. Der Hauptunterschied zum ersten Programm ist jedoch die Bekräftigung ihrer sogenannten Forward Guidance: Letztlich kündigte die EZB an, dass die Wertpapierkäufe fortgesetzt und die Leitzinsen so lange unverändert bleiben, bis das Inflationsziel klar und nachhaltig erreicht sei. Interessant ist dabei laut Barbe und Loirat, dass viele Volkswirte, Investoren und Kommentatoren das neue Programm nicht "QE2", sondern "QE infinity" nennen – denn sie bezweifeln, dass die Euroraum-Inflation jemals wieder auf 2% steigt.
Lockerere Fiskalpolitik wird wahrscheinlicher
"Wir bei Neuberger Berman halten eine höhere Inflation in Europa hingegen für sehr viel wahrscheinlicher. Mit Christine Lagarde als Präsidentin scheint ein Konsens im EZB-Rat denkbarer als unter ihrem Vorgänger Mario Draghi – und vielleicht gelingt es ihr auch eher, die Politiker der Euroraum-Länder von einer expansiveren Fiskalpolitik zu überzeugen. In ihrer Antrittsrede vor dem europäischen Parlament hat Lagarde bereits erwähnt, dass Geldpolitik auch 'Nebenwirkungen' haben kann. Auch in Deutschland ist eine weitaus lockerere Fiskalpolitik nach dem Führungswechsel der SPD wahrscheinlicher geworden, um so die grosse Koalition unter der Führung Angela Merkels aufrechtzuhalten", erklärt Barbe seine Sichtweise.
Hinzu komme, dass viele der Inflationsbremsen im Euroraum heute global zu verzeichnen sind, etwa die unsichere internationale Industriekonjunktur und die Handelskonflikte. Binnenwirtschaftliche Faktoren wie Kreditvergabe und Verbrauchervertrauen seien hingegen stabil – wegen der niedrigen Zinsen und der steigenden Beschäftigung. Da die Unternehmen ausserdem ordentlich investieren, gibt es im Euroraum nur noch wenig ungenutzte Kapazitäten.
Loirat ergänzt: "Wenn sich einige der Faktoren, die die Inflation und das Geschäftsklima im Euroraum dämpfen, allmählich verbessern – etwa durch eine Teileinigung bei den Handelsgesprächen zwischen den USA und China, mehr Klarheit beim Brexit oder eine wirksame expansive Geld- und Fiskalpolitik in China – könnten 2020 nicht nur Unternehmensinvestitionen und die Staatsausgaben steigen, sondern auch die Inflation."
Die Inflationserwartungen sind niedrig
Die Marktteilnehmer könnten dann durchaus erkennen, wie sehr die Inflationserwartungen im Euroraum zurückgegangen sind, meint das Team von Neuberger Berman. In ganz Europa war die auf fünf Jahre erwartete Fünfjahres-Break-even-Inflation ("5Y5Y") im Sommer und Herbst 2019 so niedrig wie nie zuvor und ist seither kaum gestiegen. Für 2020 und 2021 wird eine Kerninflation zwischen 1,2 und 1,3% prognostiziert. Die Finanzmärkte bewerten die Break-even-Inflation mit knapp über 0,6%. "Hierfür gibt es keinen überzeugenden technischen Grund, denn im letzten Quartal 2019 hielt sich das Angebot an inflationsindexierten Anleihen in Grenzen", erklären die Experten.
Französische inflationsgebundene Anleihen (OATi) erscheinen laut Barbe und Loirat relativ attraktiv bewertet, doch passend zu seiner generellen Vorliebe für günstig bewertete südeuropäische Titel sieht das Team einige der interessantesten Chancen in Italien. Loirat sagt: "Der Nennwert der italienischen inflationsgebundenen Anleihe, der sogenannten BTPs Italia, passt sich alle sechs Monate an Veränderungen der italienischen Inflationsrate an. Bei einer Deflation richten sich die Coupons nach dem nominalen Nennwert, sodass es selbst dann eine Wertuntergrenze gibt, wenn auf sechs Monate Deflation sechs Monate Inflation folgen: Investoren profitieren also von der kumulierten tatsächlichen Inflation." Dennoch wurden diese Anleihen gemäss den Experten seit Jahresbeginn – ohne Hilfe durch Quantitative Easing – zu Kursen gehandelt, die eine Break-even-Inflation nahe null implizieren. "Dieser Ausblick für die zukünftige italienische Inflation erscheint uns jedoch recht pessimistisch", meint Loirat.
Barbe mutmasst: "Da die Geldpolitik expansiv bleibt und sich die Wirtschaft ihrer Kapazitätsgrenze nähert, halten wir eine Euroraum-Rezession im kommenden Jahr für kaum vorstellbar." Ein Risikofaktor sei allerdings die Politik; man denke an die bevorstehenden Handelsgespräche nach dem Brexit oder die Verhandlungen zwischen den USA und China. "Vor diesem Hintergrund sehen wir Wertsteigerungsmöglichkeiten in einigen südeuropäischen Staatsanleihen, Credits und inflationsgebundene Anleihen. Besonders interessant sind Anleihen, die beide Aspekte kombinieren – südeuropäische Staatsanleihen, die zugleich inflationsindexiert sind, wie die BTPs Italia."