Markus Fuchs, Geschäftsführer der Swiss Funds & Asset Management Association SFAMA Die Profitabilität in der Fondsindustrie sinkt. Markus Fuchs, Geschäftsführer der Swiss Funds & Asset Management Association SFAMA, spricht im Interview über Retrozessionen, die grossen Herausforderungen des Vertriebs und die Schlüsseltreiber des Schweizer Asset Managements.Herr Fuchs, wie geht es der Fondsindustrie in der Schweiz?Markus Fuchs: Die Fonds- und Asset Management-Industrie in der Schweiz entwickelt sich dynamisch. Bei den verwalteten Vermögen sind wir auf Höchstständen. Wie in jeder Branche geht es den einzelnen Unternehmen unterschiedlich gut, jedoch sind die Geschäftsabschlüsse insgesamt erfreulich – und dies in einem herausfordernden Wirtschaftsumfeld. Allerdings profitieren ein
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Die Profitabilität in der Fondsindustrie sinkt. Markus Fuchs, Geschäftsführer der Swiss Funds & Asset Management Association SFAMA, spricht im Interview über Retrozessionen, die grossen Herausforderungen des Vertriebs und die Schlüsseltreiber des Schweizer Asset Managements.
Herr Fuchs, wie geht es der Fondsindustrie in der Schweiz?
Markus Fuchs: Die Fonds- und Asset Management-Industrie in der Schweiz entwickelt sich dynamisch. Bei den verwalteten Vermögen sind wir auf Höchstständen. Wie in jeder Branche geht es den einzelnen Unternehmen unterschiedlich gut, jedoch sind die Geschäftsabschlüsse insgesamt erfreulich – und dies in einem herausfordernden Wirtschaftsumfeld. Allerdings profitieren ein paar grosse Anbieter stärker von den Zuflüssen und ein beträchtlicher Anteil der Vermögen fliesst in Indexprodukte. Das geht zulasten jener Häuser, die nur ein Aktivgeschäft betreiben. Das führt dazu, dass zwar insgesamt die Die Volumen steigen, aber die Margen sinken.
Was bedeutet das für die Fondsindustrie?
Die Profitabilität sinkt generell, weil mehr in margentiefere Produkte fliesst. Entsprechend muss auch an der Ausgabenschraube gedreht werden. Ökonomisch ist der Druck sehr hoch auf die ganze Industrie.
Hat das auch mit der Transparenz beziehungsweise der Abschaffung der Retrozessionen und der Vertriebsproblematik zu tun?
Insbesondere bei inhouse-Produkten, aber auch beim Einsatz von Drittprodukten mit Retrozessionen wurden in der klassischen Wertschöpfungskette des Anlagegeschäfts über viele Jahre rund 30% an das Asset Management, 10% an die Administration und 60% an den Vertrieb bezahlt. Die letzten Jahre ist Folgendes passiert: Man hat sich gefragt, warum man 10 BP an die Administration bezahlen soll, wenn es ein Externer für 4 BP macht, dasselbe bei den Asset-Management-Kosten – und man begann auszulagern.
Und im Vertrieb?
Im Vertrieb ist das noch nicht passiert. Und insgesamt sind die Kosten der Fonds auch kaum runtergekommen, ETF sind eine Ausnahme. Das heisst also, dass die Kosten für den Vertrieb eher noch gestiegen sind. Eine grosse Herausforderung für das Fondsgeschäft und den Vertrieb wird es nun sein, die geleisteten Dienstleistungen und den entsprechenden Mehrwert aufzuzeigen.
Wie kann man dieses Problem lösen?
Indem man die Vertriebsgebühren aus den Managementgebühren herausnimmt. Genau das ist bei ETF der Fall, da gibt es keine inkludierten Vertriebsgebühren. Darum hinkt auch der Performancevergleich zwischen normalen, traditionellen Fonds und ETF – und daraus resultiert auch der grosse Preisunterschied. Das Preismodell ist nicht vollständig durchdacht und eine grosse Herausforderung für die Industrie.
Also fehlen die Retrozessionen?
Ja, die fehlen und müssen kompensiert werden, denn der Vertrieb muss selbstverständlich entschädigt werden. Selbst wenn Retros offen ausgewiesen werden, was heutzutage vielfach der Fall ist, sind es trotzdem Gebühren, die nicht logisch sind, die nichts mit dem Asset Management und der Administration zu tun haben. Es muss ein Ersatz gefunden werden für diese eigentlich versteckten Vertriebsgebühren. Das geht über Service- und Beratungsgebühren. Mit Advice-Modellen beispielsweise können Banken Gebühren einnehmen und gleichzeitig die Retros langsam zurückfahren.
In der EU sind Retrozessionen verboten. Was hat die Mifid-Regulierung diesbezüglich bewirkt?
Es gibt drei Kundenbeziehungs-Modelle: Execution Only, also eine reine Depotbankbeziehung, das ist die günstigste Variante; dann die Advice-Lösungen, die bei uns kostenmässig in der Mitte liegen, und die diskretionären Vermögensverwaltungs-Mandate, die teuerste Variante. Aber eigentlich ist der Aufwand für einen Advice-Kunden kaum tiefer als für Kunden mit einem VV-Mandat. Nun ist zum Beispiel in Holland infolge von MIFID die Advice-Quote bedingt durch höhere Gebühren gesunken und die diskretionären Mandate sind billiger geworden, was zu einer höheren Nachfrage geführt hat. Der Markt spielt also.
Wie hat sich einerseits das Anlageverhalten der Investoren in den letzten Jahren im Niedrig- und sogar Negativzinsumfeld verändert?
Über alle Anleger betrachtet, ist die Asset Allocation erstaunlich konstant geblieben. Die fallenden Zinsen waren auch für die Kursentwicklung von Obligationen positiv, sodass diese Anlageklasse nach wie vor beliebt ist. Und es hat die Aktien in die Höhe getrieben. Allerdings ist seit einiger Zeit zu beobachten, dass die Gewichtung insbesondere in alternative Anlagen deutlich zunimmt. Die Suche nach Rendite führt tendenziell zu einer höheren Risikobereitschaft der Investoren.
…und wie anderseits die Anforderungen an die Asset Manager?
Die Kunden stellen immer höhere Anforderungen an die Asset Manager, nicht nur was die Anlageprodukte und -dienstleistungen betrifft. Es hat eine starke «Institutionalisierung» im Asset Management stattgefunden. Mandate werden international ausgeschrieben, und nur wer in jeder Hinsicht die Anforderungen des Kunden erfüllt, hat eine Chance, im Wettbewerb zu bestehen. Was zentral bleibt, ist die Fähigkeit eines Asset Managers, Rendite zu vertretbaren Kosten zu generieren.
Was sind die Schlüsseltreiber des Asset Managements am Finanzplatz Schweiz?
Das Asset Management hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Es spielt bei einigen der grössten Herausforderungen der heutigen Zeit eine zentrale Rolle: Bei der Finanzierung der beruflichen und privaten Vorsorge, beim Kampf gegen den Klimawandel und bei der Finanzierung der Realwirtschaft, also der Infrastrukturen. Diese Themen sind weltweit, aber auch in der Schweiz die Schlüsseltreiber des Asset Managements.
Warum ist Nachhaltigkeit eine grosse Chance für das Asset Management?
Das Schweizer Asset Management bietet Anlagelösungen für institutionelle Anleger. Kunden im Asset Management sind deshalb neben dem Wealth Management für wohlhabende Privatkunden wie erwähnt vor allem auch Vorsorgewerke wie namentlich Pensionskassen und Versicherungen, die das Vorsorgevermögen der Bevölkerung verwalten. Weiter dient das Asset Management der Finanzierung von Infrastrukturen. Der Anlagehorizont ist also ein langfristiger. Es ist somit ein dem Asset Management inhärentes Interesse, dass die getätigten Anlagen nachhaltig sind. Das wird zum Mainstream. Vor diesem Hintergrund kann eine breite Akzeptanz und öffentliche Sensibilisierung zum Thema Nachhaltigkeit tatsächlich als Chance für das schweizerische Asset Management gesehen werden, seine Stärken und jahrelange Erfahrung in diesem Bereich weiterzuentwickeln und für ihre Kunden einzusetzen.
Welche Rolle kann der Schweizer Finanzplatz im Bereich der nachhaltigen Anlagen künftig spielen?
Der Schweizer Finanzplatz und insbesondere die Asset Management-Industrie kann – auch im globalen Vergleich – eine führende Rolle einnehmen, zumal sie bereits auf eine jahrelange Erfahrung zurückblicken kann. Die Akteure am Finanzplatz müssen zusammenarbeiten und eine gemeinsame Definition für Swiss Sustainable Finance finden, nachdem sie es auf ihre eigenen Bereiche runtergebrochen haben. Da sind insbesondere die Branchenverbände gefordert. Danach wird es eine Kunst unter der Moderation des Bundes sein, die Ziele des Finanzplatzes mit jenen der Politik in Einklang zu bringen. Namentlich das Finanzdepartement ist für einen freiwilligen Ansatz, will also nicht zusätzlich regulieren. Das ist eine Chance für uns, aber wir sind natürlich gefordert.
Man hat den Eindruck, dass bei Fondsgesellschaften in Bezug auf das Angebot nachhaltiger Anlagen ein regelrechter Hype ausgebrochen ist. Wird diese Entwicklung von der Nachfrageseite angetrieben?
Es hat sich gezeigt, dass namentlich die institutionellen Anleger aus Risiko-, aber auch aus Reputationsgründen nachhaltig investieren wollen. Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit ist bisher schwergewichtig von der Nachfrage und nicht regulatorisch getrieben. Im Privatkundenbereich ist die Entwicklung noch weniger weit fortgeschritten. Jedoch ist auch hier eine Art Generationenwechsel zu erkennen. So zeigen z.B. die «Morgan Stanley Sustainable Signals 2017» auf, dass sich Millennials in den USA mit 86% klar in höherem Masse als andere Anleger (75%) für nachhaltige Anlagen interessieren. Selbstverständlich sind solche Umfragen mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, besteht doch in der Praxis noch oft eine Lücke zwischen Interesse und effektivem Investitionsverhalten.
Welche Rolle spielt die Regulierung?
Der Regulierungsdruck ist zumindest in der Schweiz noch weniger stark ausgeprägt. Die Politik sieht im Bereich Sustainable Finance grosse Chancen für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Es besteht aber ein gesellschaftlicher oder politischer Druck, der die Industrie vermehrt in die Pflicht nimmt. Hier sind auch die Branchenverbände gefordert, entsprechende Lösungsansätze einzubringen.
Ist bei den Anbietern nicht zu viel Selbstdarstellung im Spiel?
Die meisten Anbieter heben hauptsächlich sich und ihre Produkte hervor. In der Tat machen es auch viele gut. Aber jetzt müssen wir das Ganze auf ein anderes Niveau hieven. Es muss uns gelingen darzustellen, warum wir als Schweiz ‘Sustainable Investment’ und ESG besser machen als andere. Nachhaltige Finanzprodukte sind kaum vergleichbar und die Due-Dilligence-Kosten für eine Pensionskasse oder Versicherung sind gewaltig, wenn sie jedes Angebot einzeln abklären müssen. Da sollte man den Case für Swiss Sustainable Asset Management machen, wohlwissend, dass die einzelnen Häuser in Konkurrenz sind. Das ist auch eine der grössten Herausforderungen der SFAMA.
Wie beurteilen Sie die Transparenz der ESG-Integration – Best-in-Class, Ausschlüsse, Screenings, Impact Investing?
Transparenz im Bereich der ESG-Integration ist wichtig. Diesbezüglich gibt es sicher noch Optimierungspotenzial. Für die Kunden muss erkennbar sein, wie ein Asset Manager «Nachhaltigkeit» definiert, wie er seine ESG-Strategien umsetzt und welcher «Impact» mit einer nachhaltigen Anlage bezweckt wird. Transparenz bedingt aber auch die Verfügbarkeit von Daten guter Qualität.
Wie stark schätzen Sie den Einfluss von Fondsgesellschaften auf nachhaltige Unternehmensführung ein? Wo sind hier die Chancen, dass sich etwas zum Guten verändert?
Der Einfluss könnte höher sein. Aber er ist auch stark abhängig von der Datenbeschaffung, und die ist teuer. Asset Manager können im Rahmen des sog. «Stewardship» Einfluss auf Unternehmen nehmen, zum Beispiel über Abstimmungen bei Generalversammlungen oder über Weisungen. Sie können die Unternehmen bei der Erkennung und Bewältigung von ESG-Risiken und der Nutzung der sich daraus ergebenden Chancen unterstützen.
Welche Gefahren kann dieser Einfluss mit sich bringen?
Wenn z.B. wenige Fondsgesellschaften zusammen 25% oder mehr der Stimmrechte vereinen, kann es u.U. dazu kommen, dass sie die Stimmrechte koordiniert ausüben, was eine beherrschende Wirkung mit sich brächte. Eine Machtkonzentration auf wenige Investoren ist nicht optimal, kommt jedoch in der Praxis de facto selten vor.
Wo sehen Sie die grossen Herausforderungen für die Branche und die SFAMA im 2020?
Den Finanzmärkten und damit auch dem Asset Management wird eine grosse Verantwortung im Bereich der Vorsorge wie auch im Kampf gegen den Klimawandel zugemutet. Diese Erwartungen zu erfüllen, stellt für die Branche eine Herausforderung, aber auch eine Chance dar. Daneben haben die Asset Manager auch mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen, sei es der Druck auf die Margen oder die Umwälzungen im Zuge der Digitalisierung. Für die SFAMA wird es weiterhin und noch verstärkt darum gehen, das Asset Management als anerkannte und eigenständige Disziplin der Finanzindustrie zu positionieren.
Was sind die nächsten Initiativen der SFAMA – auch zusammen mit der AM-Plattform?
Mit unseren Aktivitäten – und damit meine ich die SFAMA wie auch die AMP - gelingt es uns zunehmend, das Asset Management als wichtiges Standbein der Schweizer Finanzplatzes zu etablieren. Der Bedeutungszuwachs unserer Branche ist weltweit, aber auch in der Schweiz nicht zu übersehen. Daher möchten wir diesen Weg konsequent weitergehen. Konkret heisst dies: Promotion des Asset Managements, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, Marktzugangsthemen. Wir streben eine noch stärkere Bündelung der Aktivitäten aller relevanten Akteure im Bereich Asset Management an, um die Interessen der Asset Manager und ihrer Kunden noch besser vertreten zu können. Kooperationen werden bei dieser Grosswetterlage eine hohe Bedeutung haben, denn es geht nicht alleine um Banken, Versicherungen oder Asset Manager.