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Quersubventionierung in der Arbeitslosenversicherung

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Die Einheitsprämie der Arbeitslosenversicherunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitslosenversicherung/ (ALV) fördert instabile Beschäftigungsverhältnisse. Risikogerechte Beiträge würden die ALV zu einer echten Versicherung machen. Erhöhtes Unfallrisiko: Gerüstbauer zahlen eine höhere SUVA-Prämie. Bild: pixabayhttps://pixabay.com/de/bau-bauen-ger%C3%BCst-baustelle-geb%C3%A4ude-1210677/ – MichaelGaida (CChttps://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de) Wer in der Schweiz einer Erwerbsarbeit nachgeht, bezahlt aktuell einen Beitragssatz von 2,2% an die Arbeitslosenversicherunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitslosenversicherung/ (ALV) auf Erwerbseinkommen bis CHF 148'200. Mit der letzten ALV-Reform wurde zudem im 2011 ein sogenanntes Solidaritätsprozent für nicht versicherte Einkommen über dieser Schwelle eingeführt. Dass die Beiträge jeweils zur Hälfte von Arbeitgeberhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitgeber/ und Arbeitnehmerhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitnehmer/ geleistet werden, mag für Juristen interessant sein, ökonomisch ist ausschliesslich die Summe der fälligen Beiträge entscheidend. In der aktuellen Ausgestaltung ist die ALV keine Versicherung im eigentlichen Sinne.

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Die Einheitsprämie der Arbeitslosenversicherunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitslosenversicherung/ (ALV) fördert instabile Beschäftigungsverhältnisse. Risikogerechte Beiträge würden die ALV zu einer echten Versicherung machen.

Quersubventionierung in der Arbeitslosenversicherung

Erhöhtes Unfallrisiko: Gerüstbauer zahlen eine höhere SUVA-Prämie. Bild: pixabayQuersubventionierung in der Arbeitslosenversicherunghttps://pixabay.com/de/bau-bauen-ger%C3%BCst-baustelle-geb%C3%A4ude-1210677/ – MichaelGaida (CCQuersubventionierung in der Arbeitslosenversicherunghttps://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de)

Wer in der Schweiz einer Erwerbsarbeit nachgeht, bezahlt aktuell einen Beitragssatz von 2,2% an die Arbeitslosenversicherunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitslosenversicherung/ (ALV) auf Erwerbseinkommen bis CHF 148'200. Mit der letzten ALV-Reform wurde zudem im 2011 ein sogenanntes Solidaritätsprozent für nicht versicherte Einkommen über dieser Schwelle eingeführt. Dass die Beiträge jeweils zur Hälfte von Arbeitgeberhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitgeber/ und Arbeitnehmerhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitnehmer/ geleistet werden, mag für Juristen interessant sein, ökonomisch ist ausschliesslich die Summe der fälligen Beiträge entscheidend.

In der aktuellen Ausgestaltung ist die ALV keine Versicherung im eigentlichen Sinne. Gemäss dem Versicherungsgedanken sollte die Versicherungsprämie das versicherte Risiko reflektieren: Je grösser das Risiko, desto höher die Prämie. Die ALV trägt dem keine Rechnung. Obwohl das Arbeitslosigkeitsrisiko stark zwischen Einkommensklassen, Regionen, Branchen und Unternehmen variiert, bezahlen alle dieselbe Einheitsprämie.

Zum Beispiel: Weil Tieflohnempfänger ein systematisch höheres Arbeitslosigkeitsrisiko haben, führt die Einheitsprämie zu einer Umverteilunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/umverteilung/ zugunsten der unteren Einkommensklassen. Neben dieser – sozialpolitisch durchaus wünschbaren – Umverteilungswirkung bewirkt die ALV auch massive Quersubventionierungen zugunsten von Wirtschaftszweigen und Unternehmen mit häufigen Entlassungen. Hauptprofiteure der risikounabhängigen Prämie sind das Gast- und das Baugewerbe. Das Gastgewerbe beansprucht rund das Dreifache an Leistungen im Vergleich zu den einbezahlten ALV-Beiträgen, das Baugewerbe rund das Doppelte. Finanziert wird das Defizit durch Nettozahler aus der öffentlichen Verwaltung, der Verkehrs- oder Finanzbranche.

Theoretisch sind dafür zwei Ursachen denkbar: Entweder sind entlassene Arbeitnehmerhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitnehmer/ aus dem Bau- und Gastgewerbe überdurchschnittlich lange arbeitslos oder die Arbeitgeberhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitgeber/ dieser Branchen greifen häufiger und schneller zu Entlassungen. Empirischen Untersuchungen zufolge rühren die Quersubventionen mehrheitlich von letzterer Erklärung, also von der Entlassungspolitik der Unternehmen. Verfechter des herrschenden Regimes mögen einwenden, dass die instabilen Beschäftigungsverhältnisse im Gast- und Baugewerbe nicht auf das Fehlverhalten der Unternehmen, sondern auf die saisonal stark schwankende Nachfragehttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/nachfrage/ zurückzuführen sind. Aus Gewerkschaftskreisen ist deshalb zu vernehmen, dass die Einheitsprämie ein Gebot der Solidarität sei.

Förderung instabiler Beschäftigungsverhältnisse

So nobel die Absicht sein mag, die Wirkung von Subventionen ist im Grundsatz immer dieselbe. Was subventioniert wird, wird mehr gemacht. Und was für die Subventionierung von Landwirtschaft, Kinderkrippen oder Kultur gilt, gilt auch für die Quersubventionierung beschäftigungsinstabiler Branchen und Unternehmen. Die Einheitsprämie führt also im Vergleich zu risikoabgestuften Prämien zu Struktureffekten vor allem zugunsten des Gast- und Baugewerbes und zu Lasten der ALV-Nettozahler. In einem Wettbewerbsmarkthttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/wettbewerbsmarkt/ – und die zwei genannten sind sehr kompetitive Branchen – geht es dem einzelnen subventionierten Betrieb nicht besser, es gibt aber mehr davon.

Die USA kennen bei der Arbeitslosenversicherunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitslosenversicherung/ nach Branchen abgestufte Beitragssätze. Das System wird weiter verfeinert durch risikoadäquate regionen- und selbst unternehmensspezifische Prämien. Letzteres wird durch die sog. «Experience Rating» bestimmt. Unternehmer, die häufiger Arbeitsverhältnisse auflösen, können die Kosten dafür nicht ohne weiteres der Gesellschaft überlassen, sie spüren dies in der eignen Erfolgsrechnung in Form von höheren Beitragssätzen an die Arbeitslosenkasse. Neben der Unterbindung der Umverteilunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/umverteilung/ zwischen Branchen und Regionen fördert das US-System auch auf Unternehmensebene stabile Beschäftigungsverhältnisse. Die Forschung zeigt, dass selbst im fein austarierten US-System noch 15% bis 30% der Entlassungen auf Fehlanreize bei der Bestimmung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge zurückzuführen sind (vgl. bspw. Anderson/Meyer (1998)Quersubventionierung in der Arbeitslosenversicherunghttp://www.nber.org/papers/w6808.pdf).

Bei der Berufsunfallversicherung Gang und Gäbe

Risikoabgestufte Prämien sind auch in der Schweiz kein Neuland. Bei der Berufsunfallversicherung werden die Betriebe in Risikogemeinschaften mit gleichartiger Unfallgefahr und risikogerechten Versicherungsprämien eingeteilt. Mit anderen Worten: Jede Branche muss selber für ihre verursachten Unfallkosten aufkommen. Zur Veranschaulichung: Eine Firma im unfallanfälligen Gerüstbau muss für seine Arbeiter eine Versicherungsprämie in Höhe von 6,83% des Lohnes bezahlen, das ist 63 Mal mehr als der Prämiensatz eines Verwaltungsangestellten einer Hochschule (0,1081% des Lohnes).

Branchenverbände haben dadurch ein starkes finanzielles Interesse, in die Unfallprävention zu investieren und die Unfallraten tief zu halten. In der überschaubaren Schweiz ist branchenintern auch mit einer gewissen sozialen Kontrolle zu rechnen. Baumeister, die massenhaft Unfälle verursachen, werden von den Branchenkollegen mit Argwohn beäugt, weil dadurch die gesamte Branche durch höhere Prämien in Mitleidenschaft gezogen wird. Darüber hinaus werden bei grösseren Unternehmen die Anreize zur Unfallprävention durch individuelle Bonus-Malus-Systeme noch verstärkt.

Interessanterweise scheint hier niemand den Solidaritätsgedanken zu vermissen. Im Gegenteil: Es wären fatale Anreize, wenn Arbeitgeberhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitgeber/ ohne finanzielle Konsequenzen die Unfallprävention in ihren Betrieben vernachlässigen könnten. Warum sollte dasselbe nicht auch für die Arbeitsplatzsicherheit und damit für die ALV gelten? Die US-amerikanische Arbeitslosenversicherunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitslosenversicherung/ und die Schweizer Berufsunfallversicherung bieten prüfenswerte Denkanstösse für einen Regimewechsel hinzu risikogerechten ALV-Prämien.


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David Staubli,
Ökonom, MSc der Universität Basel, Doktorand und Lehrassistent an der Universität Lausanne.

Dies ist ein Gastbeitrag. Inhaltlich verantwortlich ist der jeweilige Autor, die jeweilige Autorin.

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