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Ifo-Energieexpertin Karen Pittel sieht in einer längeren Atomkraftnutzung eine große Chance, Deutschland rasch unabhängiger von russischem Gas zu machen. „Durch längere Laufzeiten könnte schon ein erheblicher Teil womöglich ausfallender Erdgaslieferungen kompensiert werden“, sagte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Wenn man längere AKW-Laufzeiten unbedingt braucht, um die Energieversorgung sicherzustellen, dann muss man es machen, auch wenn es teuer wird.“
Vergangenes Jahr seien mit 125 Terawattstunden Erdgas rund 52 Terawatt Strom erzeugt worden. „Die verbliebenen drei Atomkraftwerke liefern ungefähr 30 Terawattstunden Strom, also etwas mehr als die Hälfte“, bezifferte sie das Potenzial.
Zwar sei Erdgas als Ergänzung der Erneuerbaren ganz klar besser geeignet, „aber in der Not frisst der Teufel Fliegen“, sagte die Expertin. Dass längere AKW-Laufzeiten die Energiewende ausbremsen würden, sehe sie nicht: „Die beschlossenen Klimaschutzziele bedeuten, dass die Emissionen gesenkt werden müssen, daran führt kein Weg mehr vorbei“.
Dafür könne eine Weiternutzung von Atomstrom bedeuten, „dass weniger Stein- und Braunkohle verfeuert werden müssen“. Auch kämen 45 Prozent der Steinkohle aus Russland und könnten ebenfalls wegbrechen. Pittel warnte: „Im schlimmsten Fall, also ohne alternative Quellen und bei einem gleichzeitigen Wegfall des russischen Erdgases, wäre das auch nicht durch zusätzlichen Abbau der heimischen Braunkohle auszugleichen.“
Pittel appellierte an die Ampel: „Die Regierung sollte sich unbedingt einige Wochen Zeit nehmen, um diese schwierige Frage zu beantworten.“ Ob ausreichend Flüssiggas verfügbar sei und schnell genug nach Deutschland gebracht werden könne, scheine auch nicht klar. „Wir brauchen eine Gesamtbetrachtung und sollten dabei wirklich alle Optionen prüfen. Eine `Quatschdiskussion` ist die Debatte über Laufzeitverlängerungen definitiv nicht.“ (dts/red)