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Kein Strom, kein Mobilfunk - dafür ständiger Beschuss: Der Bürgermeister der umkämpften Stadt Mariupol setzt einen Hilferuf ab. Und: Plant Russland die Einnahme eines Wasserkraftwerks nahe Kiew?
Nach Ansicht der ukrainischen Armee plant Russland, den Damm des Wasserkraftwerks Kaniw einzunehmen. Das teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte in einem Bericht mit. Der Damm liegt rund 150 Kilometer südlich von Kiew am Fluss Dnipro.
Bisher haben russische Truppen mehrere Einrichtungen der Energie-Infrastruktur zerstört, angegriffen oder eingenommen, darunter das größte Kernkraftwerk Europas in Saporischschja.
Russische Einheiten unterließen zudem keinen Versuch, in die südwestlichen Außenbezirke der Hauptstadt Kiew einzudringen, heißt es in dem Bericht weiter. In der Stadt wurde in der Nacht zu Sonntag mehrmals Flugalarm ausgelöst. Russische Truppen versuchten zudem, sich der Autobahn von der Kiewer Vorstadt Browary nach Boryspil, wo der internationale Flughafen Kiews liegt, zu nähern. In Richtung Koselets, das rund 70 Kilometer nordöstlich von Kiew liegt, sei die Bewegung von 100 Einheiten an Waffen und anderer militärischer Ausrüstung beobachtet worden, darunter vor allem Raketenwerfer.
Der Hauptfokus der russischen Truppen liege weiter auf eine Umzingelung der Städte Kiew, Charkiw im Osten und Mykolajiw im Süden.
Bürgermeister von Mariupol: „Humanitärer Blockade“
Der Bürgermeister von Mariupol sieht die südukrainische Hafenstadt einer „humanitären Blockade“ ausgesetzt. Russische Einheiten hätten alle 15 Stromleitungen in die Stadt ausgeschaltet, sagt Wadym Boitschenko in einer ukrainischen TV-Sendung. Mariupol sei bereits seit fünf Tagen ohne Strom. Da die Heizkraftwerke für ihren Betrieb Strom benötigten, sitze man auch in der Kälte. Auch der Mobilfunk funktioniere ohne Strom nicht.
Noch vor Beginn des Krieges sei die Hauptwasserleitung abgetrennt worden, und nach fünf Kriegstagen habe man auch die Reservewasserversorgung verloren. Die russische Seite sei sehr methodisch vorgegangen, um die Stadt von jeglicher Versorgung abzuschneiden und so inneren Druck zu erzeugen.
Zahl der Verletzten in die „Tausende“ gestiegen
Durch den zunehmenden Beschuss und Bombardierungen sei auch die Zahl der Verletzten zuletzt in die „Tausende“ gestiegen, sagte Boitschenko weiter. Wie viele Menschen ums Leben gekommen seien, sei schwer zu zählen, da man den sechsten Tag praktisch durchgehend unter Beschuss stehe. Man habe keine Chance, nach seinen Liebsten zu sehen, da der Beschuss nicht aufhöre. Es gehe um nichts anderes, als die „Ukraine von den Ukrainern zu befreien, so sehe ich das“, so der Bürgermeister.
In Bezug auf die Stadt spricht Boitschenko von „Ruinen“ und „kolossaler“ Zerstörung. „Das Mariupol, das sie kannten, gibt es nicht mehr“, sagt er zum Moderator.
Boitschenko macht gleichzeitig der russischen Seite Vorwürfe. Busse, mit denen Menschen am Samstag über einen humanitären Korridor aus der Stadt gebracht werden sollten, seien in ihrem Versteck beschossen worden. Von 50 vollgetankten Bussen seien nur mehr 20 übrig. „Bis zur nächsten Evakuierungsmöglichkeit haben wir dann vielleicht keine Busse mehr.“ Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
„Helft und rettet Mariupol!“
Bereits am Tag hatten sich die ukrainische und die russische Seite gegenseitig Verletzungen der ersten begrenzten Feuerpause im Ukraine-Krieg vorgeworfen, die der Evakuierung von Zivilisten aus der Stadt mit 440.000 Einwohnern dienen sollte.
Er flehe um die Errichtung eines Korridors, um Ältere, Frauen und Kinder aus der Stadt zu bringen, sagte Boitschenko weiter. Die Einwohner der Stadt seien niedergeschlagen. An die internationale Gemeinschaft und europäische Partnerländer gerichtet sagte er: „Helft und rettet Mariupol!“ (dpa/red)