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Der grosse NFA-Frieden

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Marius Brülhart und Kurt Schmidheiny Der Nationale Finanzausgleich (NFA), ein ewiger Zankapfel der Schweizer Politik, rückt 2019 noch stärker als sonst ins Rampenlicht. Gleich zwei NFA-Reformen stehen an: Eine neue Berechnungsmethode der kantonalen Finanzkraft im Zuge der Unternehmenssteuerreform und ein neues System zur Festlegung der Umverteilungssummen gemäss Vorschlag der Kantone. Erstaunlicherweise stossen die beiden Vorlagen – immerhin der erste gewichtige Umbau des NFA seit seiner Einführung im Jahr 2008 – kaum auf Widerstand. Während der Unternehmenssteuerreform im Mai voraussichtlich eine zweite Bewährungsprobe an der Urne bevorsteht, scheint deren NFA-Komponente politisch unumstritten. Und der Vorschlag zum Systemwechsel bei der Umverteilung wurde im März 2017 von 21 Kantonen

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Marius Brülhart und Kurt Schmidheiny

Der Nationale Finanzausgleich (NFA), ein ewiger Zankapfel der Schweizer Politik, rückt 2019 noch stärker als sonst ins Rampenlicht. Gleich zwei NFA-Reformen stehen an: Eine neue Berechnungsmethode der kantonalen Finanzkraft im Zuge der Unternehmenssteuerreform und ein neues System zur Festlegung der Umverteilungssummen gemäss Vorschlag der Kantone.

Erstaunlicherweise stossen die beiden Vorlagen – immerhin der erste gewichtige Umbau des NFA seit seiner Einführung im Jahr 2008 – kaum auf Widerstand. Während der Unternehmenssteuerreform im Mai voraussichtlich eine zweite Bewährungsprobe an der Urne bevorsteht, scheint deren NFA-Komponente politisch unumstritten. Und der Vorschlag zum Systemwechsel bei der Umverteilung wurde im März 2017 von 21 Kantonen unterstützt, inklusive aller Geberkantone.

Trotzdem geht die Diskussion unter Ökonomen munter weiter. Uns Volkswirte interessieren neben den Verteilungswirkungen vor allem auch die gewollten und ungewollten Anreizwirkungen von Politikvorschlägen.

Der NFA bewirkt, dass es für Kantone weniger lukrativ ist, sich um neues Steuersubstrat zu bemühen. Jeder zusätzlich ausgewiesene steuerbare Franken kostet die Geberkantone nämlich eine Zusatzeinzahlung in den NFA-Topf respektive die Nehmerkantone eine Minderauszahlung aus demselben. Der Finanzausgleich fungiert somit als eigentlicher „Steuerwettbewerbs-Lusthemmer“. Das Mass für die lusthemmende Wirkung ist die Grenzabschöpfungsquote; diese erfasst den Anteil an jedem zusätzlichen kantonalen Steuerfranken, der via NFA gleich wieder verloren geht.

Im Bereich der Unternehmensbesteuerung sind die Grenzabschöpfungsquoten besonders hoch. In einer detaillierten Analyse haben Patrick Leisibach und Christoph Schaltegger von der Universität Luzern unlängst aufgezeigt, dass im aktuellen NFA fast die Hälfte der Kantone mit Grenzabschöpfungsquoten von über 100% konfrontiert sind, wenn sie Gewinne von ordentlich besteuerten Unternehmen anziehen. Für die Staatskasse dieser Kantone und ihrer Gemeinden sind zusätzliche Firmengewinne also ein Verlustgeschäft.

Die enormen Grenzabschöpfungsquoten auf Unternehmensgewinnen ergeben sich daraus, dass Gewinne im NFA gleich gewichtet werden wie Haushaltseinkommen, aber von den Kantonen viel tiefer besteuert werden. Nachdem die durchschnittlichen Firmensteuersätze in der Schweiz im Verlauf der letzten vier Jahrzehnte beinahe halbiert wurden, avancierte die Schweiz zu einem der weltweit steuergünstigsten Standorte für Firmengewinne und nach Irland zum zweitgrössten Magnet für buchhalterische Gewinnverschiebungen in Europa. Die Unternehmenssteuerreform sieht vor, diesem Umstand Rechnung zu tragen: Gewinne sollen tiefer gewichtet werden als Haushaltseinkommen, und zwar im Verhältnis der tatsächlichen Besteuerung. Unternehmensgewinne sollen so nur noch mit einem Gewicht von etwa einem Drittel in die Berechnung der kantonalen Finanzkraft einfliessen. Damit sinken auch die Grenzabschöpfungsquoten markant. Voraussichtlich würden nach einer Umsetzung der Reform nur noch die beiden Kantone Uri und Glarus Grenzabschöpfungsquoten von über 100% auf Unternehmensgewinnen zu gewärtigen haben.

Auch mit tiefer gewichteten Gewinnen mindert der Finanzausgleich noch den Anreiz der Kantone, ihr Unternehmenssteuersubstrat zu „pflegen“. Leisibach und Schaltegger schlagen deshalb vor, Unternehmensgewinne künftig gar nicht mehr in die Bestimmung der NFA-relevanten kantonalen Finanzkraft einzubeziehen. Damit läge die Grenzabschöpfungsquote für Unternehmensgewinne bei null.

Grenzabschöpfungsquoten grösser null sind aber durchaus sinnvoll, denn nicht jede Anstrengung eines Kantons zur Erhöhung des eigenen Steuersubstrats dient dem Gesamtwohl des Landes (geschweige denn der anderen Länder). Die Kantone rangeln nämlich nicht nur um mobile Firmengewinne aus dem Ausland, sondern auch – und dies erst recht nach der Abschaffung der Statusbesteuerung – um Firmengewinne aus anderen Kantonen. Aus der Finanzwissenschaft ist wohlbekannt, dass Steuerwettbewerb erstens eine zu tiefe durchschnittliche Besteuerung der besonders mobilen Steuerobjekte nach sich zieht und zweitens kleine Kantone gegenüber grossen bevorteilt. Als preisgesteuertes Mittel gegen die Erosion der Unternehmenssteuer im innerhelvetischen Wettbewerb hat der NFA somit durchaus eine ökonomische Berechtigung.

Zudem gilt es, neben den Anreizwirkungen die Verteilungswirkungen nicht aus den Augen zu verlieren. Die Unterschiede bezüglich der kantonalen Finanzkraft sind heute nämlich riesig. So reicht die aktuelle Finanzkraft (Ressourcenpotenzial pro Einwohner im Referenzjahr 2019) von 22‘000 Franken pro Einwohner im Kanton Jura bis 83‘000 Franken pro Einwohner im Kanton Zug. Die darin enthaltenen Gewinne der juristischen Personen umfassen eine noch grössere Spannbreite: von 3‘900 Franken pro Einwohner im Kanton Wallis bis 34‘300 Franken pro Einwohner im Kanton Zug. Diese enorme Ungleichverteilung würde bei der Nichtberücksichtigung der Unternehmensgewinne im NFA überhaupt nicht mehr kompensiert.

In einer neuen Studie zeigen wir auf, dass die beiden anstehenden Reformen zusammen betrachtet die interkantonalen Disparitäten noch leicht stärker reduzieren als das aktuelle System. Dass dies erreicht wird bei einer gleichzeitigen Entschärfung der Anreizproblematik, zeugt von einem durchdachten und ausgewogenen Reformbündel.

Friede herrscht!

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