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Geld bleibt hier – aber dafür ist weniger da

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Reto Föllmi (der Beitrag erschien unter dem Titel „Kampagne ‚Geld bleibt hier‘ bewirkt das Gegenteil“ in Die Volkswirtschaft, Nr 11/2015) In der gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Debatte sind verschiedene Ideen im Umlauf, die eine irgendwie geartete Abhängigkeit vom Ausland verhindern möchten. So wird beispielsweise gefordert, den Selbstversorgungsgrad an Nahrungsmitteln zu erhöhen oder auf vermeintlich teure Energieimporte zu verzichten. In einer breiten „Geld bleibt hier“- Kampagne vermittelt ein Komitee den Eindruck, es sei doch besser, einheimische Energien zu fördern statt viel Geld für Öl-, Gas- und andere Energieimporte auszugeben. Dieses Anliegen scheint auf den ersten Blick vernünftig. Wer kann schon gegen einheimische Energie und für Energieimporte sein, an denen sich womöglich noch Ölscheichs bereichern? So logisch sich die Argumente der Initianten auch anhören, sie erweisen sich bei genauer Betrachtung als Trugschluss. Denn bei einem Verzicht auf Importe müssen wir die Energie selber herstellen. Wäre diese Importsubstitution lohnend, würden wir ohne Lenkung durch die Politik jetzt schon im Inland mehr Energie produzieren bzw. durch Sparmassnahmen auf Importe verzichten. Produktion im Inland ist nicht gratis, oder wie Ökonomen sagen, mit Opportunitätskosten verbunden.

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Reto Föllmi

(der Beitrag erschien unter dem Titel „Kampagne ‚Geld bleibt hier‘ bewirkt das Gegenteil“ in Die Volkswirtschaft, Nr 11/2015)

In der gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Debatte sind verschiedene Ideen im Umlauf, die eine irgendwie geartete Abhängigkeit vom Ausland verhindern möchten. So wird beispielsweise gefordert, den Selbstversorgungsgrad an Nahrungsmitteln zu erhöhen oder auf vermeintlich teure Energieimporte zu verzichten. In einer breiten „Geld bleibt hier“- Kampagne vermittelt ein Komitee den Eindruck, es sei doch besser, einheimische Energien zu fördern statt viel Geld für Öl-, Gas- und andere Energieimporte auszugeben.

Dieses Anliegen scheint auf den ersten Blick vernünftig. Wer kann schon gegen einheimische Energie und für Energieimporte sein, an denen sich womöglich noch Ölscheichs bereichern? So logisch sich die Argumente der Initianten auch anhören, sie erweisen sich bei genauer Betrachtung als Trugschluss. Denn bei einem Verzicht auf Importe müssen wir die Energie selber herstellen.

Wäre diese Importsubstitution lohnend, würden wir ohne Lenkung durch die Politik jetzt schon im Inland mehr Energie produzieren bzw. durch Sparmassnahmen auf Importe verzichten. Produktion im Inland ist nicht gratis, oder wie Ökonomen sagen, mit Opportunitätskosten verbunden. Die benötigten Arbeitskräfte und anderen Ressourcen für den Energiesektor müssen aus anderen Branchen oder durch Zuwanderung bzw. entsprechende Importe gewonnen werden. In anderen Wirtschaftsbereichen würden diese aber auch Einkommen erzielen, wahrscheinlich sogar ein höheres. Dass die Fachkräfte der Energiewirtschaft in anderen Sektoren nicht gebraucht würden und stattdessen arbeitslos wären, ist gegeben die Arbeitsmarktsituation schlicht Unsinn.

Wenn man der Logik des Komitees nachleben würde, sollte ein Zweiverdienerhaushalt auf Kinderkrippen, Putzfrau, Handwerker etc. verzichten, denn das sind alles Ausgaben für den Haushalt. Vergessen wird dabei, dass in der Zeit, in welcher solche Dienstleistungen erbracht werden, oft mehr Geld verdient wird, als diese kosten. Wer auf Importe verzichtet, muss alles selber produzieren, egal wie schlecht er das kann. Dies verhindert, dass sich die Volkswirtschaft auf ihre Stärken (komparativen Vorteile) konzentriert; also in Branchen wächst, wo sie relativ am meisten Wettbewerbsvorteile hat und mit geringstmöglichen Ressourceneinsatz am meisten Einkommen erzielen kann. So macht es mehr Sinn, günstigeren (auch beispielsweise ökologischen, vom deutschen Steuerzahler subventionierten) Strom aus Deutschland zu importieren und die Fachkräfte hier in der Schweiz in andern Sektoren, die ohne Unterstützung wettbewerbsfähig sind, einzusetzen.

Die Schweiz hat einen rekordhohen Exportüberschuss und belegt auf Innovations-Rankings regelmässig die vordersten Plätze. Dieser beispiellose Erfolg ist ein Beleg dafür, dass die Schweizer Volkswirtschaft im Ganzen ihre „Make or Buy“ Entscheidung gut trifft. Wir produzieren und exportieren dort, wo wir stark sind, und importieren, was wir nur teurer selber herstellen könnten.

Der berühmte Ökonom und Nobelpreisträger Paul Samuelson wurde von einem Mathematiker ironisch gefragt, ob es eine Erkenntnis der Sozialwissenschaften gebe, die sowohl wahr als auch nicht-trivial ist. Samuelson war nicht schlagfertig genug, eine passende Erwiderung zu geben. Erst viele Jahre später fiel ihm die treffende Antwort ein: die Theorie der komparativen Vorteile. In seinen Worten: “Einem Mathematiker muss man nicht erklären, dass sie logisch und korrekt ist. Dass sie nicht-trivial ist, beweisen abertausende wichtige und intelligente Leute, die niemals in der Lage waren, die Theorie selber zu begreifen oder wenigstens daran zu glauben, nachdem sie ihnen erklärt wurde.“

Monika Bütler
Professorin für Volkswirtschaft und geschäftsführende Direktorin des Schweizerischen Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung (SEW) an der Universität St. Gallen (HSG), Vorstand der Volkswirtschaftlichen Abteilung der HSG. Lizentiat in Mathematik/Physik, mehrjährige Tätigkeiten am Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos und bei der damaligen Swissair. Zweitstudium und Doktorat in Volkswirtschaftslehre, danach Assistenzprofessur in Tilburg (Niederlande) und Professur an der HEC Lausanne. Forschungsschwerpunkte: Sozialversicherungen, Arbeitsmarkt, politische Ökonomie und Informationsökonomik.

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