Werbung: Manipulatives Übel oder wichtiger Teil der Wertschöpfungskette? Dieser Beitrag präsentiert empirische Evidenz für die informative Funktion von Werbung. Werbung kann innovativen Produkten zum Markterfolg verhelfen und positive Auswirkungen auf das BIP-Wachstum haben. Werbung ist ein bedeutender Wirtschaftszweig[ 1 ] – die Aufwendungen für kommerzielle Kommunikation in Deutschland werden für das Jahr 2015 auf knapp 45 Milliarden Euro geschätzt und betragen somit rund 1,5 Prozent des BIP.[ 2 ] Direkt profitiert davon insbesondere die Werbebranche. Weniger ist bekannt über den indirekten, weitergehenden Einfluss von Werbung auf das Marktgeschehen: Welchen Nutzen ziehen die Werbetreibenden und ihre Kunden aus der kommerziellen Kommunikation? Welche mikro- und makroökonomischen Effekte entstehen? Dies untersuchen wir in einer aktuellen Studie der DIW Econ. Der nationalen und internationalen Debatte über eine mögliche Neuregelung von Werbebeschränkungen können diese Aspekte eine weitere Perspektive liefern.[ 3 ] In der mikroökonomischen Theorie wird die Wirkung von Werbung kontrovers diskutiert. Es wird zwischen einer überredenden, einer informativen und einer komplementären Sichtweise unterschieden. Der überredenden Sichtweise folgend besteht die Wirkung der Werbung hauptsächlich darin, die Präferenzen der Konsumenten zum beworbenen Gut hin zu beeinflussen.
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Werbung: Manipulatives Übel oder wichtiger Teil der Wertschöpfungskette? Dieser Beitrag präsentiert empirische Evidenz für die informative Funktion von Werbung. Werbung kann innovativen Produkten zum Markterfolg verhelfen und positive Auswirkungen auf das BIP-Wachstum haben.
Werbung ist ein bedeutender Wirtschaftszweig[ 1 ] – die Aufwendungen für kommerzielle Kommunikation in Deutschland werden für das Jahr 2015 auf knapp 45 Milliarden Euro geschätzt und betragen somit rund 1,5 Prozent des BIP.[ 2 ] Direkt profitiert davon insbesondere die Werbebranche. Weniger ist bekannt über den indirekten, weitergehenden Einfluss von Werbung auf das Marktgeschehen: Welchen Nutzen ziehen die Werbetreibenden und ihre Kunden aus der kommerziellen Kommunikation? Welche mikro- und makroökonomischen Effekte entstehen? Dies untersuchen wir in einer aktuellen Studie der DIW Econ. Der nationalen und internationalen Debatte über eine mögliche Neuregelung von Werbebeschränkungen können diese Aspekte eine weitere Perspektive liefern.[ 3 ]
In der mikroökonomischen Theorie wird die Wirkung von Werbung kontrovers diskutiert. Es wird zwischen einer überredenden, einer informativen und einer komplementären Sichtweise unterschieden. Der überredenden Sichtweise folgend besteht die Wirkung der Werbung hauptsächlich darin, die Präferenzen der Konsumenten zum beworbenen Gut hin zu beeinflussen.[ 4 ] Im Gegensatz dazu betont die informative Sichtweise die Aufgabe der Werbung die Konsumenten zu informieren.[ 5 ] Eine dritte Perspektive – die komplementäre Sichtweise – geht davon aus, dass Werbung selbst einer zusätzlichen Produkteigenschaft gleicht, welche die Attraktivität des Gutes erhöht und demKonsumenten damit direkten Nutzen stiftet.[ 6 ]
Werbeausgaben als informatives Signal
Die informative Sichtweise geht davon aus, dass Werbung die Verbraucher über die Eigenschaften des beworbenen Produktes informiert. Dies kommt insbesondere solchen Gütern zugute, deren Eigenschaften die Konsumenten entweder nur mit hohem Aufwand vor dem Kauf erfahren (Sucheigenschaften), erst nach dem Kauf durch eigene Erfahrung bewerten (Erfahrungseigenschaften) oder sogar überhaupt nicht in Erfahrung bringen können. Ohne entsprechende Informationen werden die Konsumenten das Produkt nicht kaufen oder keinen angemessenen Preis für höhere Qualität zahlen. Werden die Informationsdefizite nicht behoben, kommt es zu einem ineffizienten Unterangebot von Produkten hoher Qualität.[ 7 ]
Für die Bereitschaft eines Konsumenten, eine höhere Produktqualität durch einen höheren Preis zu honorieren, sind Informationen zu den Produkteigenschaften entscheidend. Sind die Eigenschaften für den Konsumenten vor dem Kauf nicht oder nur eingeschränkt erfahrbar, kommt der Reputation eines Anbieters eine große Bedeutung zu. Werbung ist dabei ein wesentliches Instrument zum Aufbau dieser Reputation. Denn je mehr ein Hersteller durch Ausgaben für aufwendige Werbung in den Aufbau von Markenkapital investiert, desto größer ist auch sein Anreiz, den so geschaffenen Markenwert langfristig durch entsprechende Qualität zu sichern. Werbeaufwendungen können somit eine Garantiewirkung entfalten und signalisieren ein Bekenntnis des Herstellers zu einer bestimmten Produktqualität. Sollten nämlich die Qualitätsversprechen eines Anbieters die Erwartungen der Konsumenten enttäuschen, so werden sich seine hohen Werbeaufwendungen aufgrund der Kaufenthaltung der Verbraucher langfristig nicht amortisieren. Folglich werden nur solche Unternehmen, die von dem Erfolg und damit letztlich der Qualität ihres Gutes überzeugt sind, den hohen finanziellen Aufwand von Werbekampagnen auf sich nehmen.[ 8 ]
Aufgrund dieser Signalwirkung kann Werbung auch dann wertvolle Informationen transportieren, wenn der reine Inhalt wenig aussagekräftig ist. Auch Werbung, die auf den ersten Blick der überredenden oder komplementären Sichtweise zugordnet wird, etwa weil sie auf die Emotionen der Zielgruppe abzielt, kann also informative Komponenten enthalten.
Hohe Werbeaufwendungen, hohe Produktqualität
Die informative Sichtweise ist somit mikrotheoretisch fundiert. Die Frage ist, ob sie auch einer empirischen Überprüfung standhält. Um dies zu analysieren, haben wir Angaben von Nielsen Media Research zu Bruttowerbeaufwendungen für Markenartikel aus drei verschiedenen Produktgruppen (Winterreifen, Fernsehgeräte, Digitalkameras) mit den Bewertungen dieser Artikel bei der Stiftung Warentest verglichen. Für alle drei Produktgruppen zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang: Diejenigen Marken, die am aufwendigsten beworben werden, erzielen auch die besten Qualitätsbewertungen. Vergleichbare positive Zusammenhänge zwischen Werbung und Produktqualität konnten auch in anderen, produktspezifischen Analysen aus den USA gefunden werden, beispielsweise für Laufschuhe[ 9 ] und Autos[ 10 ] . Diese empirische Evidenz ist konsistent mit der oben formulierten Erwartung, dass Anbieter von qualitativ hochwertigen Produkten Werbeaufwendungen als Signal für nicht beobachtbare Produktqualität nutzen.[ 11 ]
Die Ergebnisse stützen die informative Sichtweise und die These, dass Werbung den Unternehmen hilft, hochwertige Produkte erfolgreich zu vermarkten und die damit verbundenen höheren Produktionskosten zu decken. Dies ist auch im Interesse der Kunden, die von einem vielfältigen und innovativen Produktangebot profitieren. Trotzdem bleiben Fragen offen, weil die durchgeführten Korrelationsanalysen keine abschließenden Belege liefern, dass Werbung eine Vorrausetzung von Qualität ist und nicht deren Folge. In einem nächsten Schritt haben wir daher untersucht, ob Werbung für die Innovationstätigkeit von Unternehmen eine Rolle spielt.
Die Rolle von Werbung im Innovationsprozess
Innovationen sind kostspielig und lohnen sich nur, wenn hohe Umsätze mit dem neu entwickelten oder verbesserten Produkt zu erwarten sind. Werbung kann bei der Etablierung der Neuentwicklungen zum Erfolgsfaktor werden. Zum einen müssen Kunden von Innovationen und Produktneuheiten erfahren (direkte Information). Zum anderen müssen auch solche Eigenschaften glaubwürdig kommuniziert werden, die vor dem Kauf nicht beobachtbar sind (Signalwirkung).
Zur Überprüfung der These, dass Werbeaufwendungen ein Bestimmungsfaktor des Innovationserfolgs sind, haben wir in einer empirischen, multivariaten Analyse den Einfluss von Werbeaufwendungen auf den Markterfolg von Innovationen bewertet. Dazu verknüpfen wir Angaben von Nielsen Media Research zu Bruttowerbeaufwendungen der Konsumgüterhersteller mit dem Mannheimer Innovationspanel. Als weiteren wichtigen Bestimmungsfaktor für den Innovationserfolg werden die Ausgaben für Innovationen berücksichtigt. Tatsächlich zeigt sich eine Komplementarität: Ausgaben für Innovation sind insbesondere dann erfolgreich, wenn sie von Werbeausgaben flankiert sind. Ähnliche Ergebnisse finden sich auch in Studien mit disaggregierten Daten auf Ebene von Unternehmen, welche die Komplementarität von innovativem Kapital und Markenkapital betonen.[ 12 ]
Unsere Analyse von Innovationsprozessen liefert weitere Evidenz für die These, dass Werbung hilft, Informationsasymmetrien abzubauen und somit der wirtschaftlichen Aktivität zugutekommt. Somit ist davon auszugehen, dass sich die Bedeutung von Werbung auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene manifestiert. Diesem Aspekt geht die Studie der DIW Econ ebenfalls nach.Werbung als Treiber von Wirtschaftswachstum
Aus der ökonomischen Wachstumstheorie ist bekannt, dass neben Investitionen in physisches Kapital auch Investitionen in immaterielles Kapital ein zentraler Motor für Wirtschaftswachstum sind.[ 13 ] Vor diesem Hintergrund haben wir untersucht, ob auch von Werbeaufwendungen als Investitionen in immaterielles Markenkapital ein positiver Effekt auf das Wirtschaftswachstum ausgeht. Zentrale Herausforderung bei der empirischen Analyse ist die Frage der Kausalität. Wird in einer Volkswirtschaft nur viel geworben, weil viele Waren produziert werden? Oder ist Werbung selbst auch eine Ursache für hohe Warenproduktion? Den kausalen Effekt von höheren Werbeausgaben auf das Bruttoinlandsprodukt können wir in einem Sample von 19 Mitgliedsstaaten der OECD mit Hilfe eines Instrumentenvariablenansatzes identifizieren. Dazu nutzen wir aus, dass Fernsehwerbung im internationalen Vergleich unterschiedlich stark durch Regulierung begrenzt ist, und in der Folge die Werbeaufwendungen im Ländervergleich unterschiedlich hoch ausfallen.[ 14 ] Mithilfe dieser Variation können wir zeigen, dass ein Anstieg der Werbeaufwendungen relativ zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) um ein Prozent das Wachstum des BIP um 0,02 Prozentpunkte erhöht. Der gewählte Instrumentenvariablenansatz gewährleistet, dass die Ergebnisse kausal interpretiert werden können.
Fazit
Unsere Studie liefert Evidenz dafür, dass Werbung über die Verbreitung von Informationen, den Aufbau von Markenkapital und Reputationen eine wichtige Rolle für das Funktionieren von Märkten spielt. Werbung begünstigt insbesondere den Markterfolg von neuen und innovativen Produkten. Auf der makroökonomischen Ebene hat Werbung als Investition in Markenkapital einen positiven Einfluss auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. In den Debatten um Werbung und ihre Regulierung sollten diese Effekte berücksichtigt werden.
©KOF ETH Zürich, 17. Jan. 2017