Monday , December 23 2024
Home / Never mind the markets / Die unerwarteten Folgen der Digitalisierung

Die unerwarteten Folgen der Digitalisierung

Summary:
Der Onlinehandel schafft Arbeitsplätze in der Logistikbranche: Ein Kurier liefert Pakete aus. Foto: Alessandro Della Bella (Keystone) Wie sich die Digitalisierung auf die Arbeitswelt auswirken wird, weiss zurzeit niemand so richtig. Entsprechend gross ist die Bandbreite an Szenarien, die entwickelt werden. Ein Widerspruch fällt dabei besonders auf. Auf der einen Seite wird prognostiziert, dass vor allem die wenig qualifizierten Arbeitskräfte unter Druck kommen werden. Auf der anderen Seite wird gewarnt vor dem Verschwinden vom Anwaltsberuf, dem Ärztestand oder den Lehrerinnen und Lehrern. Es kann gut sein, dass beide Szenarien eintreffen werden. Aber es ist sicher falsch, sich nur auf die disruptiven Vorgänge zu konzentrieren, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. Das 19.

Topics:
Tobias Straumann considers the following as important: , , , ,

This could be interesting, too:

Urs Birchler writes Der “Regulatorische Filter”: Das Filetstück des PUK-Berichts:

investrends.ch writes US-Wirtschaft wächst etwas stärker als erwartet

investrends.ch writes Schwedische Zentralbank signalisiert weitere Zinsschritte

investrends.ch writes Schweizer Exporte sinken im November zweistellig

Die unerwarteten Folgen der Digitalisierung

Der Onlinehandel schafft Arbeitsplätze in der Logistikbranche: Ein Kurier liefert Pakete aus. Foto: Alessandro Della Bella (Keystone)

Wie sich die Digitalisierung auf die Arbeitswelt auswirken wird, weiss zurzeit niemand so richtig. Entsprechend gross ist die Bandbreite an Szenarien, die entwickelt werden. Ein Widerspruch fällt dabei besonders auf. Auf der einen Seite wird prognostiziert, dass vor allem die wenig qualifizierten Arbeitskräfte unter Druck kommen werden. Auf der anderen Seite wird gewarnt vor dem Verschwinden vom Anwaltsberuf, dem Ärztestand oder den Lehrerinnen und Lehrern.

Es kann gut sein, dass beide Szenarien eintreffen werden. Aber es ist sicher falsch, sich nur auf die disruptiven Vorgänge zu konzentrieren, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. Das 19. Jahrhundert ist das disruptivste Zeitalter der Wirtschaftsgeschichte, aber der Modernisierungsprozess war alles andere als einförmig.

Nehmen wir die Schweiz als Beispiel. Der Baumwollsektor wurde mit atemberaubender Geschwindigkeit mechanisiert. Viele Arbeitskräfte wurden freigesetzt, weil die Hand- und Heimarbeit nicht mehr rentabel war. Nur die wenigsten fanden einen Arbeitsplatz in den neuen Fabriken.

Jobverlagerung statt Jobvernichtung

Wohin gingen diese Arbeitskräfte? Liessen sie sich umschulen, um in anderen Branchen eine Stelle zu finden?

Nein, eben gerade nicht. Sie konnten ihrer angestammten Arbeit treu bleiben, weil die Mechanisierung nur schrittweise den Baumwollsektor erfasste. Sie beschränkte sich nämlich während der ersten Jahrzehnte auf die Baumwollspinnerei. Dies erhöhte automatisch die Nachfrage nach Arbeitskräften in den Webereien. Also fand eine grosse Verlagerung von der Handspinnerei in die Handweberei statt.

Als im Zürcher Oberland auch die Handweberei durch die Mechanisierung verdrängt zu werden drohte, rebellierten die Handweber und verbrannten die Fabrik Corrodi & Pfister in Uster im Jahr 1832.

Die unerwarteten Folgen der Digitalisierung

Bild: Schweizerische Nationalbibliothek

Dies erwies sich aber bald als Episode. Die Produktion von mechanischen Webstühlen wurde weiter vorangetrieben, neue Fabriken entstanden an anderen Schweizer Standorten. Ein Grund für den nachlassenden Widerstand war, dass die Handweber ein neues Auskommen in der...

Tobias Straumann
Tobias Straumann (* 15. Mai 1966 in Wettingen) ist ein Schweizer Wirtschaftshistoriker. Tobias Straumann studierte Geschichte, Soziologie und Wirtschaft- und Sozialgeschichte in Zürich, Paris und Bielefeld. 1995 promovierte er bei Rudolf Braun an der Universität Zürich mit der Arbeit «Die Schöpfung im Reagenzglas. Eine Geschichte der Basler Chemie (1860–1920)». 1995–2000 arbeitete er als Journalist in Zürich, Zug und New York. 2005–2006 war er Oberassistent am Institut de l’histoire économique et sociale der Universität Lausanne.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *