Photo: K. Mitch Hodge from Unsplash (CC 0) Das britische Fernsehprogramm ist von Nachrichten über Dokumentationen bis hin zu Spielfilmen und Serien sehr viel besser als die hiesigen Öffentlich-rechtlichen. Mit einer geplanten Reform könnte die BBC wieder einmal zeigen, dass sie es besser können. Ausgerechnet jetzt, wo uns die nächste Gebührenerhöhung in Aussicht gestellt wird … Vor ziemlich genau drei Wochen führte der britische Premierminister Boris Johnson das Vereinigte Königreich aus der EU. Wer erwartete, dass sich der konservative Premier mit seiner Regierung nach Vollzug nun mit Breakfast-Tea und Sandwiches hinter die Tür von 10 Downing Street zurückziehen würde, sieht sich getäuscht. Denn eine ganze Reihe an Projekten stehen schon vor besagter schwarzer Tür: unter anderem die
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Das britische Fernsehprogramm ist von Nachrichten über Dokumentationen bis hin zu Spielfilmen und Serien sehr viel besser als die hiesigen Öffentlich-rechtlichen. Mit einer geplanten Reform könnte die BBC wieder einmal zeigen, dass sie es besser können. Ausgerechnet jetzt, wo uns die nächste Gebührenerhöhung in Aussicht gestellt wird …
Vor ziemlich genau drei Wochen führte der britische Premierminister Boris Johnson das Vereinigte Königreich aus der EU. Wer erwartete, dass sich der konservative Premier mit seiner Regierung nach Vollzug nun mit Breakfast-Tea und Sandwiches hinter die Tür von 10 Downing Street zurückziehen würde, sieht sich getäuscht. Denn eine ganze Reihe an Projekten stehen schon vor besagter schwarzer Tür: unter anderem die Reform der zwangsfinanzierten öffentlichen Rundfunkanstalt BBC hin zu einem Abo-System.
BBC – vom „Tantchen“ zum Inbegriff politischer Spaltung
Die 1922 gegründete British Broadcasting Corporation (BBC) wurde über Jahrzehnte hinweg von den Briten nur liebevoll „Tantchen“ („Auntie“) genannt. Diese Zeiten der Beliebtheit sind vorbei. Denn in den vergangenen Jahren der polarisierenden Debatte zwischen Befürwortern und Gegnern des Brexits geriet die traditionsreiche Rundfunkanstalt immer stärker zwischen die Fronten. Obwohl die BBC zur Ausgewogenheit verpflichtet ist, machte es sie keiner Strömung recht und verärgerte Fans und Gegner der Trennung von der EU gleichermaßen. Egal, wie zufrieden man mit der BBC ist, die Rundfunkgebühr von momentan 154,50 Pfund (183 €) im Jahr wird trotzdem von jedem verlangt, der einen Fernseher besitzt – unter Androhung von hohen Geld- oder gar Haftstrafen. Im Laufe dieser Woche wurde nun bekannt, dass die Regierung um Premierminister Johnson diese Regelung für überkommen hält. Die Regierung schlägt vor, in einem ersten Schritt die Nicht-Zahlung der Rundfunkgebühr zu entkriminalisieren und bis zum nächsten Vertrag mit der BBC im Jahr 2027 die Zwangsabgabe komplett entfallen zu lassen. Stattdessen soll sie durch ein Abonnement-System ersetzt werden, das von interessierten Bürgern freiwillig abgeschlossen werden kann.
Nach Jahren der polarisierenden Debatten, die auch über das BBC ausgetragen wurden, wäre die Umwandlung in ein Abo-Modell eine zeitgemäße Reform und vielmehr noch ein Mittel gegen die Spaltung der Gesellschaft – nicht nur im Vereinigten Königreich sondern auch in Deutschland.
Ein Zwangsbeitrag spaltet durch soziale Ungerechtigkeit
Viel wird über die politische Spaltkraft in den Inhalten des „Öffentlichen“ gestritten, aber die sozial-ökonomische Dimension der Rundfunkgebühren wird vernachlässigt. Denn diese spaltet durch soziale Ungerechtigkeit. Anders als das progressive Steuersystem im Vereinigten Königreich und Deutschland, das die Vermögenden mehr zur Kasse bittet als die Ärmeren, wirkt die Gebührenordnung in beiden Ländern relativ regressiv. Zwar müssen alle Bürger gleich viel für ihren Rundfunk zahlen – in Großbritannien umgerechnet 183 € und in Deutschland 210 € -, doch wird der Geringverdiener dadurch natürlich massiv höher belastet als der Gutverdiener. So können sich die Wohlhabenden die Rundfunkgebühren aus der Portokasse leisten, während 20 Euro am Ende des Monats für den Geringverdiener den Unterschied zwischen roten und schwarzen Zahlen auf dem Kontoauszug bedeuten können. Wenn nun beide Gruppen auch noch die Möglichkeit haben, sich News aus dem Internet, Spielfilme bei Netflix und Sportübertragungen bei Dazn für einen Bruchteil des Preises zu sichern, wächst insbesondere bei den Geringverdienern zu Recht der Unmut.
Kritischer Journalismus statt politischer Positionierung
Doch natürlich spielt nicht nur das Geld, sondern auch die Inhalte eine Rolle: immer wieder geht es darum, ob der Rundfunk zu links, auf dem rechten Auge blind oder zu neoliberal ist. Deshalb solle der Rundfunk nun endlich mal korrigiert werden: Wir bräuchten mehr konservative Kommentatoren und Inhalte, sagen die einen. Mehr linke, sagen die anderen. Doch genau diese Debatte um linke oder rechte Inhalte in einem journalistischen Medium wie dem öffentlichen Rundfunk treibt die Spaltung voran. Denn das hehre Ziel des Journalismus sollte nicht sein, links oder rechts zu sein oder gar zu versuchen, die andere Seite des politischen Diskurses auszustechen. Journalismus sollte der kritischen Perspektive verpflichtet sein. Dazu gehört es, Fragen zu stellen, die Mächtigen unserer Gesellschaft kritisch zu begleiten und sich nicht mit politischen Interessen gemein zu machen. All das mag den Journalisten bei BBC und ARD auch ein Anliegen sein. Doch werden sie sich den Vorwürfen der Parteilichkeit nie erwehren können solange sie durch Zwang finanziert werden und politische Rundfunkräte im Hintergrund Entscheidungen treffen.
Der Vorwurf der „Systempresse“ verliert seine Kraft
Wird der öffentliche Rundfunk auf ein Abo-Modell umgestellt, können sich die Journalisten aus der Schlinge dieser Vorwürfe endlich befreien. Sie würden im Diensten derjenigen Bürger stehen, die sich auf die Qualität des öffentlichen Rundfunks verlassen und freiwillig dafür zahlen. Wem die Berichte dann doch zu links oder rechts sind, kann sich immer noch dagegen entscheiden und sich ein anderes Programm suchen. Der Vorwurf der „Systempresse“ verliert seine Kraft.
Die geplante Umstellung des BBC auf ein Abo-Modell, das auch für Deutschland wünschenswert wäre, wird die polarisierte Stimmung in unseren Ländern nicht auf einen Schlag ändern. Doch hätten wir die Chance, Gründe für Unzufriedenheit auf der linken und rechten Seite zu beseitigen, wenn wir die soziale und inhaltliche Spaltkraft eines zwangsfinanzierten Modells identifizieren und durch ein Abo-Modell beseitigen.