Tausende von Chaoten werden am Wochenende beim G20-Gipfel in Hamburg demonstrieren. Sie verorten sich politisch links, meist sogar extrem links. Ab Freitag wird die Hansestadt daher den größten Polizeieinsatz ihrer Geschichte erleben. Der so genannte „schwarze Block“ will nicht nur Transparente hochhalten, sondern wird seine „Meinung äußern“, indem er Gegenstände auf Polizisten wirft und dabei auch auf fremdes Eigentum keine Rücksicht nimmt. Sie kämpfen gegen die Globalisierung, gegen den Kapitalismus und den Freihandel. Sie hören freilich nicht so gerne, dass sie auch unter den G20-Staaten mächtige Verbündete haben. Dabei sitzen die linken Chaoten eigentlich längst mit am Tisch. Vorneweg ist hier US-Präsident Donald Trump zu nennen.
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Tausende von Chaoten werden am Wochenende beim G20-Gipfel in Hamburg demonstrieren. Sie verorten sich politisch links, meist sogar extrem links. Ab Freitag wird die Hansestadt daher den größten Polizeieinsatz ihrer Geschichte erleben. Der so genannte „schwarze Block“ will nicht nur Transparente hochhalten, sondern wird seine „Meinung äußern“, indem er Gegenstände auf Polizisten wirft und dabei auch auf fremdes Eigentum keine Rücksicht nimmt. Sie kämpfen gegen die Globalisierung, gegen den Kapitalismus und den Freihandel. Sie hören freilich nicht so gerne, dass sie auch unter den G20-Staaten mächtige Verbündete haben. Dabei sitzen die linken Chaoten eigentlich längst mit am Tisch.
Vorneweg ist hier US-Präsident Donald Trump zu nennen. Niemand stellt sich derzeit so sehr gegen den freien und ungehinderten Austausch von Waren und Dienstleistungen wie der US-Präsident. Er wirft China, Deutschland und anderen Ländern „unfaire“ Handelspraktiken vor. „Fairness“ ist dabei das neue Wieselwort in den globalen Wirtschaftsbeziehungen. Niemand kann es fassen, weil es sofort entweicht. Setzt fairer Handel einen Mindestlohn von 8,50 Euro nicht nur in Deutschland, sondern auch in China voraus? Ist die sehr viel strengere Produkthaftung in den USA fair? Oder führt die Politik der Europäischen Zentralbank zu einem künstlich niedrigen Euro-Kurs, der wie eine Exportsubvention der europäischen Wirtschaft im Außenhandel einen unfairen Vorteil verschafft? Einfache Antworten gibt es darauf nicht, und daher ist es sinnvoll und richtig, dass sich die Staats- und Regierungschefs regelmäßig treffen. Nur wer miteinander redet, kommt einer für alle Beteiligten vorteilhaften Lösung näher.
In solchen Gesprächen wird dann auch deutlich, dass nicht alles schwarz oder weiß ist. Auch die Europäische Union, die neben den 19 führenden Industrie- und Schwellenländern mit am Verhandlungstisch in Hamburg sitzt, ist nicht der Leuchtturm des Freihandels, für den es sich vielleicht hält. Sie lässt auch die Muskeln spielen, wo sie es kann. Kleinere europäische Staaten wie die Schweiz und Norwegen sind gegenüber der EU in Milliardenhöhe tributpflichtig, um für ihre Unternehmen einen Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu erhalten. Stahlimporte aus China werden ebenfalls mit Zöllen belegt, weil sie zu billig sind. Und Autos aus Japan sind durch Zölle zehn Prozent teurer, weil die heimische Industrie vor Konkurrenz geschützt werden soll. Praktisch für die EU, dass sie dabei noch die Hand aufhalten kann, um damit auch den eigenen Haushalt zu finanzieren. Bezahlen müssen das alles die Konsumenten in der Europäischen Union. Sie werden letztlich geschröpft.
Abschottung und Protektionismus gibt es seitdem es Staaten gibt. Doch seit der Mitte des 19. Jahrhunderts reift die Erkenntnis, dass die Beschränkungen des grenzüberschreitenden Handels allen schaden. Die universelle Idee des Freihandels steht seit Richard Cobden und Frédéric Bastiat für mehr als nur eine materielle Nutzenmaximierung auf beiden Seiten. Gerade Cobden betonte die friedensstiftende Idee des Freihandels. Sein wesentliches Argument war, dass die gegenseitige ökonomische Abhängigkeit dazu führt, dass den Regierungen die Macht genommen wird, ihre Bürger in den Krieg zu stürzen.
Erfreulich ist daher, dass die EU und Japan sich über wesentliche Fragen eines Freihandelsabkommens einig sind und es noch vor dem Gipfel unterschrieben werden kann. 99 Prozent aller Produkte sollen künftig ohne Zölle und Handelsbeschränkungen auskommen. Für die Europäer werden japanische Autos billiger und für Japaner werden französischer Brie und der Riesling aus Rheinhessen erschwinglich. Die Konsumenten auf beiden Seiten wird das freuen. Das Potential für eine Ausweitung der Handelsbeziehungen ist da. Heute exportieren Unternehmen aus der EU bereits Waren und Dienstleistungen im Wert von 86 Mrd. Euro nach Japan. Die EU erwartet allein durch dieses Handelsabkommen in den nächsten Jahren 420.000 neue Arbeitsplätze für ihre Bürger. Beide Wirtschaftsregionen stellen zusammen knapp ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung.
Trotz der vielfältigen Probleme der EU ist es sehr erfreulich, dass sie doch noch in der Lage ist, wichtige Zukunftsaufgaben anzugehen anstatt nur auf Probleme zu reagieren. Der Freihandel bietet für die EU die Chance, sich als offener und zukunftsweisender Club zu präsentieren und andere Regionen einzuladen, ohne Protektionismus Handel mit uns zu treiben. Dass dies möglich wird, liegt aber auch an den Mitgliedstaaten der EU selbst. Die gemeinsame Handelspolitik liegt in der alleinigen Kompetenz der Europäischen Union. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten wirken im Europäischen Rat an der Rechtssetzung mit. Eine zusätzliche Ratifizierung in den Parlamenten der Mitgliedsstaaten würde diese sinnvolle Kompetenzverteilung unterlaufen. Die gemischten Zuständigkeiten unterschiedlicher multistaatlicher und staatlicher Ebenen führt nicht nur zur Handlungsunfähigkeit, sondern auch zur Verantwortungslosigkeit. Jeder kann sich hinter jedem verstecken, wenn es nicht funktioniert. Gerade beim Freihandelsabkommen mit Japan können die Regierungschefs in der EU unter Beweis stellen, wie sie es mit dem Freihandel wirklich halten: „Free trade“ statt „EU first“.