Donald Trumps Importzölle auf Stahl und Aluminium werden entsetzt kommentiert, ein weltweiter Handelskrieg wird befürchtet. Aber diese Politik könnte, wenn auch unbeabsichtigt, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wie dieser Beitrag zeigt. Fassen wir die ökonomischen Effekte der amerikanischen Zölle zusammen. Sie verteuern importierten Stahl und importiertes Aluminium. Damit steigen die Preise dieser Metalle für (industrielle) Abnehmer in den USA. Dort wird also weniger davon konsumiert, gleichzeitig aber, durch den relativen Preisvorteil der heimischen Hersteller, mehr produziert, was ja auch der Hauptzweck der Zölle sein dürfte. Zugleich hat der Rückgang der US-Nachfrage internationale Auswirkungen: Da die USA eine große Volkswirtschaft sind, sinken die Weltmarktpreise, sodass
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Donald Trumps Importzölle auf Stahl und Aluminium werden entsetzt kommentiert, ein weltweiter Handelskrieg wird befürchtet. Aber diese Politik könnte, wenn auch unbeabsichtigt, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wie dieser Beitrag zeigt.
Fassen wir die ökonomischen Effekte der amerikanischen Zölle zusammen. Sie verteuern importierten Stahl und importiertes Aluminium. Damit steigen die Preise dieser Metalle für (industrielle) Abnehmer in den USA. Dort wird also weniger davon konsumiert, gleichzeitig aber, durch den relativen Preisvorteil der heimischen Hersteller, mehr produziert, was ja auch der Hauptzweck der Zölle sein dürfte. Zugleich hat der Rückgang der US-Nachfrage internationale Auswirkungen: Da die USA eine große Volkswirtschaft sind, sinken die Weltmarktpreise, sodass im Rest der Welt weniger produziert und mehr konsumiert wird. In der Welt der einfachsten Außenhandelsmodelle wäre dies schlicht eine ineffiziente Umverteilungspolitik zugunsten der amerikanischen Stahl- und Aluminiumwerksbesitzer und ihrer Arbeiter auf Kosten der Abnehmer und letztlich auf Kosten der Verbraucher und der ausländischen Anbieter. Ihretwegen werden Stahl und Aluminium nicht da produziert, wo es am günstigsten ist, und nicht da weiterverarbeitet, wo sie am wertvollsten sind. Zur Beurteilung der Auswirkungen von Trumps Handelspolitik ist es jedoch notwendig, auch weitere Wohlfahrtseffekte zu bedenken – und zwar deshalb, weil die Realität von einer fast vollkommenen Welt, in der Handelsbarrieren das einzige Hindernis zu höherem Wohlstand wären, weit entfernt ist.
Klimaerwärmung: Theoretisches Mittel dagegen ist bekannt
Eines der drängendsten internationalen Probleme ist der Kampf gegen die globale Erwärmung. Wenn diese auch als „menschengemachter“ Klimawandel bezeichnet wird, ist damit gemeint, dass sie durch menschliches Wirtschaften entsteht – und zwar durch zu starke Nutzung fossiler Energieträger. Wie damit theoretisch umzugehen ist, ist einigermaßen klar: Ein weltweiter CO2-Preis würde den Klimawandel zu vertretbaren Kosten eindämmen. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) beziffert die Kosten, um das sogenannte Zwei-Grad-Ziel kosteneffizient zu erreichen, auf 0,04 bis 0,14 Prozentpunkte des jährlichen weltweiten Konsumwachstums (IPCC, 2014, S. 24). Jedoch gibt es keine globale Regierung und erst recht keinen globalen „sozialen Planer“, wie er in ökonomischen Modellen als Konstrukt verwendet wird, um das soziale Optimum zu implementieren. Somit ist nicht damit zu rechnen, dass die CO2-Externalität – jedes Verbrauchers gegenüber allen anderen Verbrauchern, jedes Staates gegenüber allen anderen Staaten und der heutigen Generation gegenüber zukünftigen Generationen – in lehrbuchartiger Weise internalisiert wird.
Seit Jahren finden Konferenzen statt, auf denen versucht wird, die Regierungen der Welt auf eine Verringerung der CO2-Emissionen zu koordinieren. Dass auf diesen der Wille zu handeln signalisiert wird, ist bereits ein großer Erfolg. Wie stark diese internationalen Kooperationen jedoch tatsächlich die CO2-Emissionen reduzieren, ist weniger klar. Bezüglich der Auswirkungen des Kyoto-Protokolls ermitteln Aichele und Felbermayr (2013) und Grunewald und Martínez-Zarzoso (2016) durchaus beachtliche CO2-Reduktionen in den teilnehmenden Ländern von 7-10 Prozent gegenüber der Nichtteilnahme; Almer und Winkler (2017) finden hingegen keinen Effekt.[ 1 ] Selbst wenn die höheren Schätzungen zutreffen würden, bestünde das Problem, dass die Teilnahme gerade nicht exogen verordnet wird, sondern freiwillig ist, wodurch Länder, die ihre Emissionsziele nicht erfüllen, schlicht aussteigen können, wie es Kanada beim Kyoto-Protokoll getan hat. Auch die theoretische Literatur zu internationalen Klimaschutzabkommen sollte eher skeptisch stimmen – ihr Ergebnis ist in der Regel, dass Klimaschutzkoalitionen entweder klein sind oder wenig ambitioniert. Ob das Abkommen von Paris stärkere Resultate vorweisen kann, wird sich erst zeigen müssen. Allerdings reichen die versprochenen Maßnahmen wohl nicht, um das Ziel zu erreichen, die globale Erwärmung auf zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, selbst wenn sich die Staaten an ihre Selbstverpflichtungen hielten – von den 1,5 Grad, die eigentlich Ziel des Abkommens waren, ganz zu schweigen (United Nations Environment Programme, 2017, S. 18).
Die amerikanische Position und ihre – unbeabsichtigten – Folgen
Im Fall der USA unter Donald Trump kommt ein weiteres Problem hinzu: Die explizite Ablehnung von Umwelt- und Klimapolitik. Zur Politik seiner Regierung gehört es, Umweltpolitik abzubauen und Mittel für die Wissenschaft zusammenzustreichen (Sabin Center for Climate Change Law, 2018). Der von ihm benannte Chef der Umweltbehörde EPA lehnt klimawissenschaftliche Erkenntnisse ebenso ab wie Klimapolitik. Folgerichtig haben sich die USA aus dem Pariser Abkommen zurückgezogen. Neben aller Ideologie ist zu vermuten, dass eine wichtige Motivation dabei ist, Belastungen für amerikanische Unternehmen zu verhindern. Eine amerikanische CO2-Steuer würde die Stahl- und Aluminiumproduktion in den USA verteuern, was – ohne schützende Importzölle oder andere Gegenmaßnahmen – zu einer Verlagerung der Produktion ins Ausland führen kann (Carbon Leakage).
Obwohl Trump also niemals auf die Idee käme, eine Ökosteuer einzuführen, können seine Zölle den Kampf gegen den Klimawandel auf verschiedene Weisen unterstützen. Erstens können sie die globale Produktion von Stahl und Aluminium bremsen, die immerhin für 10% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist (Allwood et al., 2010). Zweitens werden Stahl und Aluminium in den USA weniger energieintensiv hergestellt als beispielsweise in China (Hasanbeigi et al., 2016). Damit ergäbe sich aus den Zöllen zumindest dann ein positiver Effekt, wenn der Marktanteil der amerikanischen Stahlproduktion auf Kosten der chinesischen (und nicht der europäischen) Anbieter wächst, was natürlich vom weiteren Verlauf der Verhandlungen zwischen den beteiligten Staaten abhängt. Drittens könnten der Rückgang der amerikanischen Importnachfrage sowie die mit Trumps Politik verbundenen Diskussionen zwischen den Regierungen dazu beitragen, die globalen Stahlüberkapazitäten (OECD, 2017) zu reduzieren. Viertens zeigt Trumps Vorpreschen auch, dass im internationalen Handel mehr Gestaltungsspielräume existieren als allgemein angenommen wird. Diese könnten genutzt werden, um am CO2-Gehalt orientierte Importzölle (Border Carbon Adjustments) einzuführen, die Carbon Leakage entgegenwirken, anstatt, wie von der EU-Kommission vorgesehen, Strafzölle auf Erdnussbutter oder Whiskey einzuführen.
Second-Best-Lösung?
Zusammengefasst können Zölle auf bestimmte Produkte mit hohem CO2-Gehalt eine Art Second-Best-Politik darstellen, wenn die First-Best-Politik einer globalen CO2-Steuer nicht erreichbar ist. Nach dieser verhalten optimistischen Sicht ist zu bedenken, dass Trumps Zölle dem globalen Temperaturanstieg nur dann entgegenwirken, wenn sie potenzielle negative Auswirkungen auf das Klima überwiegen. So entzweit seine Politik die internationale Gemeinschaft und macht ein globales Vorgehen gegen den Klimawandel damit noch illusorischer. Zudem kann das Abschirmen der amerikanischen Stahl- und Aluminiumindustrie aufgrund des geringeren Konkurrenzdrucks zu niedrigeren Energieeffizienzinvestitionen führen. Aber wenn die Alternative darin bestünde, sich trotzdem von der Weltgemeinschaft loszusagen und überhaupt keine Emissionsreduzierungen vorzunehmen, nutzen die Zölle dem Klima wahrscheinlich mehr als dass sie ihm schaden.
R. Aichele, G. Felbermayr 2013: The Effect of the Kyoto Protocol on Carbon Emissions, in: Journal of Policy Analysis and Management, 32. Jg., H. 4, S. 731–757.
J. M. Allwood, J. M. Cullen, R. L. Milford 2010: Options for Achieving a 50% Cut in Industrial Carbon Emissions by 2050, in: Environmental Science & Technology, 44. Jg., H. 6, S. 1888–1894.
C. Almer, R. Winkler 2017: Analyzing the effectiveness of international environmental policies: The case of the Kyoto Protocol, in: Journal of Environmental Economics and Management, 82. Jg., 125–151.
N. Grunewald, I. Martínez-Zarzoso 2016: Did the Kyoto Protocol fail? An evaluation of the effect of the Kyoto Protocol on CO2 emissions, in: Environment and Development Economics, 21. Jg., S. 1–22.
A. Hasanbeigi, M. Arens, J. C. R. Cardenas, L. Price, R. Triolo 2016: Comparison of Carbon Dioxide Emissions Intensity of Steel Production in China, Germany, Mexico, and the United States, in: Resources, Conservation and Recycling, 113. Jg., S. 127-139.
IPCC (Hrsg.) 2014: Climate Change 2014: Synthesis Report.
OECD (Hrsg.) 2017: Global Forum on Steel Excess Capacity Report.
Sabin Center for Climate Change Law (Hrsg.) 2018: Silencing Science Tracker[ a ] (abgerufen: 7.4.2018).
United Nations Environment Programme (Hrsg.) 2017: The Emissions Gap Report.
©KOF ETH Zürich, 3. Mai. 2018