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Positive Effekte ausländischer Firmenübernahmen: Möchte die Bundesregierung darauf verzichten?

Summary:
Sollen einheimische Unternehmen besser vor ausländischen Übernahmen geschützt werden? Ja, meint das deutsche Bundeskabinett mit Verweis auf den drohenden Know-how-Verlust. Wie dieser Beitrag zeigt, verzichtet Deutschland damit allerdings auch auf positive Auswirkungen, wie beispielsweise das höhere Qualifikationsniveau der Mitarbeiter übernommener Firmen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einer bedeutenden Änderung der Außenwirtschaftsverordnung zugestimmt. Ziel der Novelle ist es, deutsche Firmen vor Übernahmen aus dem Ausland zu schützen und dem Abfluss wichtigen Know-hows vorzubeugen (vgl. BMWI[ a ]). Die Verordnung ist insbesondere als Reaktion auf die Übernahme des Augsburger Traditionsunternehmens Kuka durch den chinesischen Midea-Konzern zu verstehen. Hier wurde

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Michael Koch, Marcel Smolka considers the following as important:

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Sollen einheimische Unternehmen besser vor ausländischen Übernahmen geschützt werden? Ja, meint das deutsche Bundeskabinett mit Verweis auf den drohenden Know-how-Verlust. Wie dieser Beitrag zeigt, verzichtet Deutschland damit allerdings auch auf positive Auswirkungen, wie beispielsweise das höhere Qualifikationsniveau der Mitarbeiter übernommener Firmen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einer bedeutenden Änderung der Außenwirtschaftsverordnung zugestimmt. Ziel der Novelle ist es, deutsche Firmen vor Übernahmen aus dem Ausland zu schützen und dem Abfluss wichtigen Know-hows vorzubeugen (vgl. BMWI). Die Verordnung ist insbesondere als Reaktion auf die Übernahme des Augsburger Traditionsunternehmens Kuka durch den chinesischen Midea-Konzern zu verstehen. Hier wurde befürchtet, dass technisches Wissen und wichtige Zukunftstechnologien des Roboterherstellers nach Asien verloren gehen. Wie ist diese Neuregelung zu bewerten? Wie so oft in der politischen und öffentlichen Diskussion zu den Effekten der Globalisierung wird hier nur eine Seite der Medaille beleuchtet. Während das Hauptaugenmerk auf der Gefahr eines potenziellen Abflusses von Wissen als Folge ausländischer Übernahmen liegt, werden die möglichen Chancen ignoriert. Am Beispiel Spaniens haben wir uns die Effekte von Firmenübernahmen aus dem Ausland ganz genau angesehen (Koch und Smolka 2017). Die Ergebnisse sind überraschend eindeutig. Durch den Eigentümerwechsel werden die Unternehmen nicht nur innovativer; sie stellen auch mehr hochqualifizierte Arbeiter ein und verstärken die Qualifizierungsmaßnahmen für die Belegschaft. Diese Anpassungen führen zu substanziellen Produktivitätsgewinnen, auf die die Bundesregierung offensichtlich verzichten möchte.

Ausländische Übernahmen und Produktivitätsgewinne

Ein vielfach belegtes Faktum ist der enorme Produktivitätsvorteil von ausländisch geführten Unternehmen. Abbildung 1 zeigt dies am Beispiel spanischer Firmen aus dem produzierenden Gewerbe für den Zeitraum 1998 bis 2013. Die Produktivitätsverteilung von Firmen mit mehrheitlich ausländischen Eigentümern dominiert ganz klar die Verteilung von Firmen mit mehrheitlich inländischen Eigentümern. Abbildung 1: Firmenproduktivität und Eigentümerstruktur Quelle: eigene Berechnungen basierend auf Koch und Smolka (2017) Die ökonomische Forschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte bei der Offenlegung der Ursachen für die deutlichen Produktivitätsunterschiede gemacht (vgl. Arnold und Javorcik 2009, Guadalupe et al. 2012). Die vielleicht wichtigste Ursache ist der sogenannte Selektionseffekt. Salopp ausgedrückt betreiben ausländische Investoren "Rosinenpicken": Sie greifen sich also einfach die besten Firmen heraus. Dennoch zeigen sich aber auch unter Berücksichtigung des "Rosinenpickens" nach der Übernahme deutliche Zuwächse in der Produktivität dieser Firmen (sog. Treatment-Effekt).

Verstärkte Innovationstätigkeit

In einer vielbeachteten Studie konnten Guadalupe et al. (2012) zeigen, dass ausländische Übernahmen in Spanien zu mehr Produkt- und Prozessinnovationen und der Einführung ausländischer Technologien führten. Das gleiche Bild ergibt sich, wenn wir einen aktuelleren Zeitraum (1998-2013) betrachten (siehe Abbildung 2). Abbildung 2: Innovationen und Eigentümerstruktur Quelle: eigene Berechnungen basierend auf Koch und Smolka (2017)

Beschäftigungs- und Trainingseffekte

Während die verstärkte Innovationstätigkeit zu einer höheren Produktivität führen kann, bedarf es für eine effiziente Nutzung moderner Technologien einer hinreichend qualifizierten Belegschaft. Genau hier setzt unsere Studie an: Die Firmen, die von ausländischen Investoren übernommen werden, werden nämlich nicht nur innovativer; sie heben auch das Qualifikationsniveau der Arbeiter an, und zwar sowohl durch Neueinstellungen hochqualifizierter Arbeiter, als auch durch verstärkte Trainingsmaßnahmen ihrer Belegschaft. Für die viel befürchteten Entlassungen, insbesondere von geringqualifizierten Arbeitskräften, finden sich in den Daten hingegen keine Belege. Abbildung 3: Neueinstellungen, Training und Eigentümerstruktur Quelle: eigene Berechnungen basierend auf Koch und Smolka (2017)

Was treibt die Effekte?

Warum kommt es nach einer ausländischen Übernahme überhaupt zu mehr Innovationen und verstärkten Qualifizierungsmaßnahmen? Unsere Studie hat darauf eine klare Antwort: Die Effekte werden durch eine Vergrößerung des Marktes getrieben. Unternehmen erhalten nach der Übernahme Zugang zu neuen Absatzmärkten, und zwar über die Distributionskanäle der ausländischen Mutter. Dies setzt Anreize für Maßnahmen, die die Produktivität der Firma positiv beeinflussen. Diese Anreizeffekte sind entscheidend für die öffentliche Debatte über die Vor- und Nachteile von ausländischen Übernahmen, da sie nicht nur für Investoren aus technologisch fortschrittlichen Ländern wie den USA gelten. Übernahmen durch Firmen aus dem asiatischen Markt (z.B. China) erleichtern ebenfalls den Zugang zu einem großen und wachstumsintensiven Markt, der für heimische Firmen mit zum Teil enormen Kosten und Mühen verbunden ist.

Schlussfolgerung

Wie bereits in einem früheren Beitrag für Ökonomenstimme von Holger Görg und Christiane Krieger-Boden festgehalten wurde, können ausländische Übernahmen "ein Vehikel sein, neues Wissen zu generieren und den Stand technologischen Wissens im Inland voranzutreiben" (vgl. Görg und Krieger-Boden 2011). In unserer Arbeit zeigen wir, dass dies nicht nur auf verstärkte Innovationstätigkeit zurückzuführen ist, sondern auch durch geeignete Maßnahmen getrieben wird, die das Qualifikationsniveau der Mitarbeiter anheben. Gerade die Intensivierung der Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen stellt einen bisher wenig beachteten positiven Effekt von ausländischen Übernahmen dar. Diese beeinflussen ganz erheblich das Humankapital einer Volkswirtschaft und haben daher wesentliche Implikationen für zukünftige Innovationen und Wachstum.

Literatur

Arnold, J. und Javorcik, B. S. (2009). "Gifted kids or pushy parents? Foreign direct investment and firm productivity in Indonesia." Journal of International Economics, 79(1), 42-53. Görg, H. und Krieger-Boden, C. (2011) "Unbegründete Angst vor ausländischen Unternehmensübernahmen." Ökonomenstimme Guadalupe, M., Kuzmina O. und Thomas, C. (2012). "Innovation and Foreign Ownership." American Economic Review, 102(7), 3594-362. Koch, M. und Smolka, M. (2017). "Foreign Ownership and Skill-Biased Technological Change." Aarhus University, Economics Working Paper No. 2017-04, May 2017. ©KOF ETH Zürich, 18. Jul. 2017  

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