Reinhard Müller, Schweizer Länderchef von Investec Asset Management Am chinesischen Aktienmarkt halten sich ausländische Anleger noch zurück. Sie engagieren sich vor allem mittels Indexprodukten. Doch dieser Markt bietet vor allem für aktive Anleger attraktive Chancen, meint Reinhard Müller, Schweizer Länderchef von Investec Asset Management im Gespräch mit Fondstrends. Herr Müller, wer in chinesische Aktien investieren will, musste sich bislang mit B- und H-Aktien zufrieden geben. Reinhard Müller: Zugang zum chinesischen Aktienmarkt boten bisher in der Tat vor allem Indexfonds bzw. ETFs auf den B- und H-Aktienmarkt und auf US-gelistete chinesische ADR-Titel, die in ausländischer Währung in Hongkong oder den USA
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Am chinesischen Aktienmarkt halten sich ausländische Anleger noch zurück. Sie engagieren sich vor allem mittels Indexprodukten. Doch dieser Markt bietet vor allem für aktive Anleger attraktive Chancen, meint Reinhard Müller, Schweizer Länderchef von Investec Asset Management im Gespräch mit Fondstrends.
Herr Müller, wer in chinesische Aktien investieren will, musste sich bislang mit B- und H-Aktien zufrieden geben.
Reinhard Müller: Zugang zum chinesischen Aktienmarkt boten bisher in der Tat vor allem Indexfonds bzw. ETFs auf den B- und H-Aktienmarkt und auf US-gelistete chinesische ADR-Titel, die in ausländischer Währung in Hongkong oder den USA gelistet sind. Diese bilden jedoch nur einen Bruchteil chinesischer Unternehmen ab. Ein Blick auf die MSCI „All China“-Indizes zeigt, dass nur 30 Prozent der chinesischen Aktien in Hongkong gelistete H-Aktien sind. Die in Shanghai oder Shenzen gelisteten US-Dollar- oder Hongkong-Dollar Aktien der Kategorie B umfassen nur 0,2 Prozent aller chinesischen Titel. 11 Prozent machen US-gelistete chinesische Firmen aus, was dem historischen Hintergrund geschuldet ist, dass bis zum Jahr 2002 nur Chinesen chinesische Aktien handeln durften.
Nun sind auch A-Aktien für Ausländer zugänglich, was die Indexanbieter für Anpassungen nutzen.
Aber nur zum Teil. Seit Juni 2018 sind in den MSCI Emerging Market sowie All-Country World Indizes 222 grosskapitalisierte A-Aktien enthalten. Damit haben sie im MSCI Emerging Markets Index ein Gewicht von 0,73%. Würden alle chinesischen Aktien aufgenommen, würden sie aber fast 40 Prozent des MSCI Emerging Markets ausmachen. Dennoch eröffnet der erweiterte Zugang Ausländern attraktive Anlagechancen.
Welche Möglichkeiten bieten sich, diese Chancen wahrzunehmen?
Der MSCI China mit seiner Konzentration auf B- und H-Titel spiegelt wie angetönt nur einen Teil der chinesischen Wirtschaft. Dies gilt vor allem für Investoren, die sich derzeit über Indexfonds an den chinesischen Märkten beteiligen. Gerade die Gesundheits-, Industrie- und Basiskonsumgütersektoren werden durch den MSCI stark untergewichtet, während hingegen IT-Titel überbewertet werden. Eine vollständige Abbildung der chinesischen Wirtschaft ist meiner Meinung nach nur mit dem „All China“-Index möglich, der A-, B- und H-Aktien umfasst. Zudem ist der Markt noch ineffizient, was aktive Anleger nutzen können.
Demnach müssten aktive Fonds passive schlagen!
Der Investec Global Strategy All China Equity Fund avancierte 2017 in US-Dollar um 70%, der Vergleichsindex hingegen lediglich um 33%.
Im laufenden Jahr sieht es aber weniger gut aus.
Ja, der Index schwächte sich in den ersten acht Monaten um 17,5% ab. Immerhin schnitt der Fonds mit einem Minus von 10,7% deutlich besser ab.
Zudem schwächt sich auch die chinesische Währung ab.
Dies als Folge des Handelskonflikts mit den USA. Der Renminbi ist nun so billig wie seit Ende 2016 nicht mehr, als die Sorgen um das chinesische Wirtschaftswachstum ihren Höchststand erreicht hatten.
Der Renminbi ist also günstig, die Wirtschaftsaussichten jedoch unsicher?
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Handelsmassnahmen sind tatsächlich noch nicht ersichtlich. Doch nach Inkrafttreten der Zölle Anfang Juli 2018 verzeichnete China überraschend positive monatliche Wachstumsraten seiner Exporte und Importe.
Inzwischen ergriff China ja Massnahmen zur Aufwertung des Renminbi.
Ja, so wurde die Mindestreserve-Anforderung von 20% für Banken, die auf Renminbi lautende Devisentermingeschäfte anbieten, wieder eingeführt. Ferner wies das Monetary Policy Committee der chinesischen Zentralbank in einem Lagebericht für das zweite Quartal erneut darauf hin, dass Währungsabwertungen kein geeignetes Mittel zur Bewältigung von Handelskonflikten seien. Ausserdem wurden mehrmals die Devisentransaktionen in den Freihandelszonen eingeschränkt. Dadurch sollen die Transaktionskosten erhöht werden. Ferner bestätigte die chinesische Zentralbank am 24. August die Wiedereinführung eines antizyklischen Faktors bei der täglichen Fixierung des USD/RMB-Referenzkurses. Dabei handelt es sich um eine Massnahme gegen das prozyklische Verhalten aufgrund des jüngsten Währungsverfalls. Die Konfliktparteien haben ihre Positionen deutlich gemacht. Dennoch sind die weiteren Entwicklungen noch nicht absehbar.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Entwicklung des Renminbi ist abhängig von der Entwicklung der Handelsbeziehungen mit den USA. Zwar könnte vor den Treffen von US-Präsident Trump mit Chinas Staatschef Xi Jinping im Rahmen der bevorstehenden APEC- und G20-Gipfel im November eine Übereinkunft erzielt werden. Nach unserer Einschätzung ist dies jedoch nicht realistisch. Angesichts der strategischen Interessen der beiden wirtschaftlichen Supermächte rechnen wir viel mehr mit einem langwierigen, offensiv geführten Handelskonflikt. Ferner gehen wir davon aus, dass sich an der anti-chinesischen Rhetorik von Präsident Trump bis zu den Kongresswahlen in den USA im November nichts ändern wird.
Hat China Interesse an einer Entspannung?
Ja, eine Entspannung liegt eindeutig in Chinas Interesse. Die Staatsmedien schlagen einen versöhnlicheren Ton an und halten sich mit Provokationen zurück. Seit einigen Wochen reagiert die chinesische Regierung zurückhaltender im Vergleich zu den Vergeltungsmassnahmen zu Beginn der Krise. Die jüngsten Währungsbewertungen könnten ein Hinweis sein, dass die schwache Währung einer möglichen Beilegung des Konflikts mit den USA nicht im Wege stehen soll. Angesichts der unvorhersehbaren US-Handelspolitik dürfte die chinesische Führung Schritte zur Stärkung der Binnennachfrage ergreifen. Dabei rechnen wir nicht nur mit den üblichen geldpolitischen Massnahmen, sondern auch mit einer Neuorientierung bei der Steuer- und Industriepolitik.
Wie schätzen Sie das Wirtschaftspotential Chinas sowie die Währungsaussichten längerfristig ein?
Seit einigen Jahren entfernt sich die chinesische Wirtschaft von Wachstumsmodell, das auf Investitionen beruht, und weist eine grössere Abhängigkeit von Konsum und Dienstleistungen auf. Eine wachstumsfördernde Politik in diesen Bereichen ist entscheidend für ein breites und stabiles Wirtschaftswachstum. Mittel- bis langfristig kann eine Stärkung des Renminbi letztendlich nur durch Produktivitätssteigerungen und bessere Investitionsaussichten in China erreicht werden. Entscheidend hierfür sind stabile Wachstumsbedingungen, wirtschaftliche Modernisierungen und weitere marktorientierte Reformen. Aktive agierende Fondsmanager können diese Trends frühzeitig erkennen und nutzen.