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Die psychologischen Tricks der Supermärkte

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70 Prozent der Kaufentscheide treffen wir spontan. Die Supermärkte wissen diese mit einer Reihe psychologischer Tricks gezielt zu steuern. Bild: wikimediahttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:Supermarkt.jpg Die wenigsten Leute kommen im Supermarkt an der Kasse an und haben ausschliesslich diejenigen Produkte im Einkaufswagen, die auf dem Einkaufszettel standen. Kein Wunder, denn die Supermärkte führen uns mit einer ganzen Reihe psychologischer Tricks und Kniffe vom Eingang bis zur Kasse an der Nase rum. Und zwar führen sie uns links rum. Damit sind wir schon beim ersten Trick: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Umsatz um rund 10 Prozent höher ist, wenn der Eingang rechts ist und die Kunden dann links, also gegen den Uhrzeigersinn an den Regalen vorbeigeführt werden. Über die Gründe wird noch gerätselt. Offenbar finden sich die Leute so besser zurecht und geraten besser in Kauflaune. Saftige Äpfel und frische Salate versetzen uns in Marktstimmung Nach dem Eingang in eine Coop oder Migros Filiale treffen Sie als erstes auf das effektvoll beleuchtete Obst- und Gemüsesortiment. Eigentlich ist das für uns Kunden sehr unpraktisch: Zuerst füllen wir den Einkaufswagen mit Salaten, Äpfeln und Broccoli.

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70 Prozent der Kaufentscheide treffen wir spontan. Die Supermärkte wissen diese mit einer Reihe psychologischer Tricks gezielt zu steuern.

Die psychologischen Tricks der Supermärkte

Bild: wikimediaDie psychologischen Tricks der Supermärktehttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:Supermarkt.jpg

Die wenigsten Leute kommen im Supermarkt an der Kasse an und haben ausschliesslich diejenigen Produkte im Einkaufswagen, die auf dem Einkaufszettel standen. Kein Wunder, denn die Supermärkte führen uns mit einer ganzen Reihe psychologischer Tricks und Kniffe vom Eingang bis zur Kasse an der Nase rum. Und zwar führen sie uns links rum. Damit sind wir schon beim ersten Trick: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Umsatz um rund 10 Prozent höher ist, wenn der Eingang rechts ist und die Kunden dann links, also gegen den Uhrzeigersinn an den Regalen vorbeigeführt werden. Über die Gründe wird noch gerätselt. Offenbar finden sich die Leute so besser zurecht und geraten besser in Kauflaune.

Saftige Äpfel und frische Salate versetzen uns in Marktstimmung

Nach dem Eingang in eine Coop oder Migros Filiale treffen Sie als erstes auf das effektvoll beleuchtete Obst- und Gemüsesortiment. Eigentlich ist das für uns Kunden sehr unpraktisch: Zuerst füllen wir den Einkaufswagen mit Salaten, Äpfeln und Broccoli. Wenn später robustere Dinge wie Tomatensaucen im Glas oder Getränke hinzukommen, müssen wir jedes Mal die Waren neu sortieren, damit die empfindlichen Frischprodukte nicht zerdrückt werden. Apropos Einkaufswagen: Diese sind in aller Regel einfacher zugänglich als die weniger geräumigen Einkaufskörbe. Denn je geräumiger das Gefährt, desto verlorener wirkt darin eine einsame Packung Kartoffeln und desto mehr kaufen wir tendenziell ein.

Die unpraktische Anordnung der Waren entlang der Einkaufsroute macht für den Verkäufer trotz den erwähnten Nachteilen Sinn. Kombiniert mit der richtigen Shoppingtemperatur von 19 bis 20 Grad und gegebenenfalls passender Musik reizt das frischduftende Obst und Gemüse sämtliche Sinne, um den Kunden so richtig in Marktstimmung zu bringen. Der Weg zwischen den sorgfältig gestalteten Obst- und Gemüsekörben hindurch ist kurvig und der unebene Fussboden bremst den Einkaufswagen. Schliesslich soll sich jeder genug Zeit nehmen, um die natürliche Dorfmarktatmosphäre aufzusaugen.

Aktionen versetzen uns in Kauflust

Wer jetzt noch nicht in Marktstimmung ist, auf den wartet noch eine Reihe weiterer Verlockungen. Rabatten und Sonderangeboten kann sich unsere Aufmerksamkeit kaum entziehen. Die Bonner Neurologen Bernd Weber und Christian Elger haben untersucht, welche Reaktionen das Betrachten eines Aktionsschildes im Gehirn auslöst. Der Befund: Hirnstrukturen, die das eigene Verhalten kontrollieren, werden reduziert, wenn wir mit einem Schnäppchen konfrontiert werden. Selbst wenn wir also die reduzierte Ware nicht kaufen, unsere Kauflust steigert sie trotzdem.

Auch vermeintliche Mengenrabatte lösen in uns das Gefühl aus, sofort zuschlagen zu müssen. Getestet wurde die Wirkung dieses Tricks in 86 Supermarktfilialen. Eine Woche lang gab es eine Packung Kekse zum reduzierten Einzelpreis. In einer anderen Woche wurde dasselbe Produkt im Doppelpack angeboten – zum exakt doppelten Preis, d.h. zum selben Preis pro Packung. Für den rational kalkulierenden Homo Oeconomicus wäre das erste Angebothttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/angebot/ interessanter, weil es ihm frei steht, eine oder zwei Packungen zu kaufen. Nicht so der Otto Normalverbraucher, er überschätzt die Attraktivität des Mengenrabatts und kauft rund 32 Prozent mehr, wenn die Kekse im Doppelpack angepriesen werden.

Um die ahnungslosen Konsumenten vor den Verführungen der Detailhändler zu schützen, gibt es in der Schweiz klare Schranken für das Anpreisen von preisreduzierten Waren. Die Angabe des Preisabschlags darf höchstens über eine halb so lange Zeit erfolgen wie der Originalpreis gegolten hat (und höchstens während zwei Monaten). Das heisst aber keineswegs, dass hinter Rabatten kein strategisches Kalkül steckt. Ein Fernseher kann zuerst zum hohen Originalpreis in die hinteren Regale gestellt werden, um dann preisreduziert als Eyecatcher die Kauflust der Kunden zu wecken.

Strategien bei der Sortimentsgestaltung

Auch bei der Sortimentsgestaltung wird nichts dem Zufall überlassen. Wieviel Auswahl soll dem Konsumenten geboten werden? Wenn nur zwei verschiedene Sorten Käse zu Auswahl stehen, schmeckt dem Konsumenten möglicherweise keiner der beiden. Ist die Auswahl zu gross, könnte die Urteilskraft des Durchschnittskonsumenten überstrapaziert werden. In einem Supermarkt in San Francisco wurde mit Marmelade ein Feldexperiment mit einer Auswahl von 6 respektive 24 verschiedenen Sorten gemacht.

Das grössere Sortiment zieht deutlich mehr Blicke auf sich – 60 Prozent betrachten den Stand während es im anderen Fall nur 40 Prozent sind. Die Anzahl tatsächlicher Kaufentscheide zeigt jedoch ein anderes Bild. Wenn 24 Sorten zur Auswahl stehen, bleibt es meistens bei den interessierten Blicken, nur drei Prozent können sich auch tatsächlich zu einem Kauf durchringen. Beim kleinen Sortiment sind es 30 Prozent, die zuschlagen. Für den Homo Oeconomicus ist mehr Auswahl immer besser, er kennt keine kognitiven Grenzen. Für den Otto Normalverbraucher kann dieses Überangebot an Marmelade jedoch hemmend wirken und am Schluss verzichtet er oft gänzlich auf den Kauf.

Zu guter Letzt spielt neben der Auswahl an verschiedenen Sorten auch eine Rolle, wie gut das Regal gefüllt ist. Wenn von einer Joghurtsorte, einer Hose oder einem Fernseher noch 200 Exemplare vorhanden sind, kann es ja nichts Spezielles sein. Wenn aber nur noch ein Exemplar übrig ist, dann wirkt das auf uns wie ein Qualitätssiegel.

Künstliche Verknappung heisst das Zauberwort. Eine Studie dokumentiert die Macht der scheinbaren Knappheit. In einem Supermarkt gab es während drei Tagen Dosensuppen im Sonderangebot. Die Verkaufszahlen schossen in die Höhe, als durch eine Beschränkung auf maximal vier Dosen pro Person das Gefühl von Knappheit geschaffen wurde. Neurologische Untersuchungen zeigen, dass die Verknappung eine Angst vor Verlust auslöst. Diese Angst wird in denselben Hirnstrukturen abgebildet, die auch aktiviert werden, wenn experimenteller Schmerz erzeugt wird. Diesem Schmerz gehen wir aus dem Weg, indem wir bei der vermeintlich letzten Gelegenheit noch zuschlagen und das Produkt kaufen.


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David Staubli,
Ökonom, MSc der Universität Basel, Doktorand und Lehrassistent an der Universität Lausanne.

Dies ist ein Gastbeitrag. Inhaltlich verantwortlich ist der jeweilige Autor, die jeweilige Autorin.

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