Die Olympischen Winterspiele 2022 werden in China stattfinden. Grund genug, den Austragungsort zu besuchen, einen ersten Einblick in die rasante Entwicklung der Region zu erhalten und die Pisten auszuprobieren. Der Pistenplan von Wanlong in Chongli. Bild: Elisabeth Tester. Ich bin Bündnerin. Skifahren ist meine Leidenschaft, und ich interessiere mich jeweils sehr für die Olympischen Winterspiele. Das trifft besonders für die Winterolympiade 2022 zu, die vor ein paar Jahren für viel Diskussionsstoff in meiner Heimat Davos geführt hat. Davos und St. Moritz wollten kandidieren, doch der Souveränhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/souveraen/ hat dieses Begehren abgelehnt. Den Zuschlag des Internationalen Olympischen Komitees erhielt diesen Sommer Peking, und die Spiele werden in Chongli stattfinden, einem Kreis der Stadt Zhangjiakou, die gut 200 km nordwestlich von Peking liegt. Also, wenn das kein Grund ist, dorthin zu fahren und die Pisten auszuprobieren… Wir müssen in Schanghai um vier Uhr morgens aufstehen, um rechtzeitig zum Flughafen zu gelangen. Es gibt nur einen Flug pro Tag nach Zhangjiakou, und der ist bereits um sieben Uhr. Nach zweieinhalb Stunden landen wir in Zhangjiakou – auf einem Militärflughafen, der zwei winzige Terminals für Passagierflugzeuge hat.
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Die Olympischen Winterspiele 2022 werden in China stattfinden. Grund genug, den Austragungsort zu besuchen, einen ersten Einblick in die rasante Entwicklung der Region zu erhalten und die Pisten auszuprobieren.
Ich bin Bündnerin. Skifahren ist meine Leidenschaft, und ich interessiere mich jeweils sehr für die Olympischen Winterspiele. Das trifft besonders für die Winterolympiade 2022 zu, die vor ein paar Jahren für viel Diskussionsstoff in meiner Heimat Davos geführt hat. Davos und St. Moritz wollten kandidieren, doch der Souveränhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/souveraen/ hat dieses Begehren abgelehnt. Den Zuschlag des Internationalen Olympischen Komitees erhielt diesen Sommer Peking, und die Spiele werden in Chongli stattfinden, einem Kreis der Stadt Zhangjiakou, die gut 200 km nordwestlich von Peking liegt. Also, wenn das kein Grund ist, dorthin zu fahren und die Pisten auszuprobieren…
Wir müssen in Schanghai um vier Uhr morgens aufstehen, um rechtzeitig zum Flughafen zu gelangen. Es gibt nur einen Flug pro Tag nach Zhangjiakou, und der ist bereits um sieben Uhr. Nach zweieinhalb Stunden landen wir in Zhangjiakou – auf einem Militärflughafen, der zwei winzige Terminals für Passagierflugzeuge hat. Was auf den ersten Blick etwas verwunderlich scheint, macht jedoch Sinn, zumindest bislang. Denn die meisten Touristen, die in Chongli skifahren, stammen aus Peking und kommen mit dem Auto.
Da gerade kein Bus fährt, nehmen wir ein Taxi nach Chongli. Der erfreute und munter aus dem Fenster spuckenden Taxifahrer (wir waren die einzigen Touristen auf dem Flughafen) steuert sogleich die nächste Tankstelle an und fordert uns auf, auszusteigen. Erst jetzt realisieren wir, dass wir in einem grünen, sauberen Gas-Taxi fahren. Umweltschutzhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/umweltschutz/ scheint in Zhangjiakou gross geschrieben zu werden, denn auch auf sämtlichen Wohnblöcken sind Solarpanels installiert – ein erstaunlicher Widerspruch zu der zugleich stark luftverschmutzten und mit mehreren Kohlekraftwerken bestückten Stadt. An Wintersport erinnert uns diese Umgebung wahrlich nicht.
Mix aus Politik und Schneesport
Auf der neuen, fantastischen Autobahn Richtung Chongli sehen wir dann aber bereits die ersten Zeichen des in gut sechs Jahren stattfindenden Sportereignisses. Die Strasse ist gesäumt von überdimensionierten Werbeplakaten mit Aufschriften wie «Chongli Snow Metropolis», «Our own wintergames 2022», oder «Let the china dream come true». Olympische Spiele sind schliesslich auch ein politisches Statement. Gesichter lachender Chinesen mit auf die Wangen gemalten Chinaflaggen und riesige Skifahrer, Snowboarder und Langläufer runden die Stimmung ab. In Chongli wird das Strassenbild dann tatsächlich wintersportlich. Es gibt unzählige Ski- und Snowboardshops chinesischer und westlicher Provenienz, und an jeder Ecke ein Hotpot-Restaurant, das chinesische Äquivalent einer Fonduestube.
Ein kleiner Stadtrundgang macht jedoch schnell klar, dass wir im tiefsten China sind: In den kleinen Einkaufsläden gibt es ausser Coca Cola kein einziges westliches Produkt zu kaufen, und kein Mensch spricht Englisch. Dass wir wahrscheinlich die einzigen Westler in der ganzen Stadt sind, ist da fast schon klar. Doch Chongli ist im Umbruch und im Aufbruch. In den letzten zehn Jahren und schon bevor die Region für die Winterspiele 2022 nominiert wurde, hat sich der Tourismus rasant entwickelt; ein Trend, der nun natürlich massiv verstärkt wird. Luxusresorts schiessen aus dem Boden, die Nachfragehttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/nachfrage/ nach Ferienwohnungen ist riesig, und die neu geplanten Überbauungen übertrumpfen sich an Komfort und Protz. Käufer sind vor allem reiche Pekinger, aber auch Gäste aus Schanghai und Shenzhen.
Skifahren ist in China «in», es verkörpert eine Kombination von Abenteuer, Luxus und Status. Und wenn auch erst ein verschwindend kleiner Teil der Chinesen Wintersport treibt, bedeutet das bei einer Bevölkerungszahl von 1,38 Milliarden sofort ein riesiger Markt. Wie fast alles, ist auch diese Entwicklung von der Regierung gesteuert, es fliessen riesige Investitionen in den Tourismus. Die Mittelschicht und die Reichen sind auf den Geschmack von Freizeitaktivitäten gekommen; Peking freut das, denn das bedeutet Konsum und steht im Einklang mit dem angestrebten strukturellen Rebalancing der Wirtschaft.
Erstaunlich steile Pisten
Doch wir sind zum Skifahren hier. Wir fahren nach Wanlong, zum einzigen der fünf Skigebiete von Chongli, das bereits Mitte November geöffnet ist. Die riesige Infrastruktur des Berges erinnert mit ihren Tiefgaragen, Umkleidekabinen, Restaurants, Skishops westlicher Marken und Mietstationen an nordamerikanische Skiresorts. Wir kaufen eine Tageskarte und geben an, welche Ausrüstung wir mieten wollen. Mit der Karte gehen wir zu der Skischuh-, Ski- und Helmstation und erhalten sogleich passende Ware, alles von Salomon. Die Sachen sind nicht ganz neu, aber in anständigem Zustand, und auf Unverständnis stiess bloss unser Wunsch, die Skibindungen härter als die als Standard geltenden 30 kg einzustellen.
Auf den Pisten liegt ein Mix von Kunst- und Naturschnee. Wir sind erstaunt, dass es nicht nur Anfängerpisten hat, sondern auch steile und längere Varianten. Einige Chinesen kurven sehr gut und schnell hinab, andere fahren noch etwas unsicher. Die Gondel- und Liftanlagen in Wanlong sind relativ alt, aber alles funktioniert bestens. Die Pistenbullys hingegen sind nagelneu. Es gefällt uns prima, und viele Chinesen wollen mit uns ins Gespräch kommen und wissen, wie Skifahren in der Schweiz sei. Auch in China macht Skifahren Spass. Am Abend ist unser Hotel von der Pekinger Jeunesse dorée bevölkert, die mit ihren Porsche Cayennes und Jeep Grand Cherokees anfährt – ausstaffiert mit den neusten Skis und Snowboards und der trendigsten Sportbekleidung. Die Nacht wird laut, denn feiern gehört zu einem guten Skiwochenende.
Grosses Potenzial
Am nächsten Tag fahren wir nach Duolemeidi, ein von italienischen Investoren entwickelter Resort, und nach Yunding. Yunding ist der grösste und anspruchsvollste Berg der Region, etwa so gross wie Madrisa in Klosters, und einige Wettkämpfe werden dort stattfinden. Chongli nennt sich stolz das «Davos Chinas». Heute ist dieser Vergleich noch etwas anmassend, doch das Potenzial der Skiregion lässt sich bereits erahnen. Bislang ist in Yunding erst eine Etappe ausgebaut, vier weitere folgen in den nächsten Jahren. Ich wage die Prognose, dass Yunding bis im Jahr 2022 ein grosses und ansprechendes Skigebiet sein wird, das in Bezug auf die Infrastruktur und die Qualität der Pisten keinen internationalen Vergleich scheuen muss.
Und was meint die Bevölkerung zu den kommenden Winterspielen? Während einige sich begeistert geben und gewillt sind, ihre eigenen wirtschaftlichen Chancen zu nutzen, ist unser Taxifahrer skeptisch: «In fünf Jahren wird der Hochgeschwindigkeitszug von Peking nach Zhangjiakou eingeweiht, die Fahrt reduziert sich von drei Stunden auf eine Stunde. Die Immobilienpreise steigen schon jetzt. Junge Leute aus der Region können kaum mehr eine Wohnung kaufen, weil die Pekinger die Preise in die Höhe treiben. Wo wird das enden?»
Das ist ein Phänomen, das auch in Graubünden nicht unbekannt ist.
Elisabeth Tester, Ökonomin, Journalistin Ehem. Chinakorrespondentin von «Finanz und Wirtschaft», Wirtschaftspublizistin «From facts to stories», lebt in Schanghai und Zürich. Spezialistin China, makroökonomische Themen und Rohstoffe.
Dies ist ein Gastbeitrag. Inhaltlich verantwortlich ist der jeweilige Autor, die jeweilige Autorin.