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Die Steuerbehörden stehen vor einer riesigen Herausforderung: Fast 36 Millionen Grundstücke müssen für eine Steuerreform neu bewertet werden. Für Hausbesitzer bedeutet das in den nächsten Monaten Arbeit.
Für viele Hausbesitzer dürfte das überraschend kommen: Im Sommer steht für sie eine Art zweite Steuererklärung an. Grund ist die Reform der Grundsteuer, für die die Finanzämter Informationen zum Grundstück, zum Haus oder zur Wohnung brauchen.
Doch viele Bürger wüssten gar nicht, dass sie diese Angaben im Sommer einreichen müssten, kritisieren Immobilienverbände und Steuerberater. Zwar schreiben einige Kommunen die Hausbesitzer direkt an, Pflicht ist das aber nicht. Die Befürchtung: Viele Eigentümer könnten zu spät von der Grundsteuererklärung erfahren – und die nötigen Daten zusammenzusuchen, kann richtig aufwendig sein.
Grundsteuer wichtige Einnahmequelle
Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Sie deckte vor der Corona-Krise etwa 15 Prozent ihrer Steuereinnahmen, aus denen dann etwa Straßen, Schwimmbäder oder Theater bezahlt werden. Es ist eine jährliche Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden – doch ein Vermieter kann sie über die Nebenkostenabrechnung auch auf die Mieter umlegen. Bei den meisten Wohnungseigentümern geht es um einige Hundert Euro im Jahr, bei Eigentümern von Mietshäusern dagegen oft um vierstellige Beträge.
Die Reform wurde bereits vor mehr als zwei Jahren beschlossen, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Neuregelung gefordert hatte. Denn zuletzt berechneten die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten – von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland. Ab 2025 soll nun die neue Grundsteuer-Berechnung gelten. Vorher müssen fast 36 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden. Laut Finanzministerium stehen die Steuerbehörden vor einem ihrer größten Projekte in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Auskunft über Grundstücke und Gebäude
Dafür müssen Hausbesitzer im Sommer Auskunft über ihre Grundstücke und Gebäude geben. Weil die Bundesländer unterschiedliche Berechnungsmodelle anwenden, sind mal mehr, mal weniger Angaben gefragt. Meist geht es um die Grundstücks- und Wohnfläche, die Art des Gebäudes, Baujahre und den sogenannten Bodenrichtwert. Der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands, Torsten Lüth, erwartet ein „riesiges Datenchaos“. Er kritisiert, die Last der Informationsbeschaffung werde auf die Steuerpflichtigen und auf die Steuerberater abgewälzt. „Es kann nicht sein, dass wir mühsam auf Datensuche gehen, während Behörden auf etlichen Datenschätzen sitzen.“
Auch der Eigentümerverband Haus und Grund erwartet einige Schwierigkeiten für seine Mitglieder. So müssen etwa die Bodenrichtwerte bei unabhängigen Gutachterausschüssen erfragt oder im Internet recherchiert werden. Größter Knackpunkt könnte aber das Baualter sein, sagt Sibylle Barent, die Steuerexpertin des Verbands. Hier müssten zum Beispiel auch Kernsanierungen berücksichtigt werden, die die Restnutzungsdauer eines Hauses wieder verlängern könnten. Selbst bei der Wohnfläche gibt es Stolperfallen: An- und Umbauten müssen notfalls sogar selbst ausgemessen werden. Stichtag für alle Angaben ist der 1. Januar 2022, was danach noch verändert wurde, muss nicht berücksichtigt werden.
Generell sollten die Hausbesitzer rasch beginnen, die nötigen Daten aus Grundbüchern und teils auch Internetportalen zusammenzusuchen, meint Barent. Einreichen kann man die Grundsteuererklärung aber noch nicht: Das muss zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober passieren – und mit wenigen Ausnahmen ausschließlich online über die Steuerplattform Elster. Wenn man nicht rechtzeitig einreicht, könnten Verspätungszuschläge drohen.
Lohnsteuerhilfevereine dürfen nicht beraten
Hilfe können sich die Hausbesitzer von ihren Steuerberatern oder Eigentümervertretungen wie Haus und Grund holen. Die Lohnsteuerhilfevereine dagegen dürfen in diesem Fall nicht beraten. Der Steuerberaterverband sieht sich vor einer Herkulesaufgabe. Würden sich alle Eigentümer an ihre Steuerberater wenden, könnten auf jeden Berater rund 400 Erklärungen zukommen, sagt Lüth. „Das ist Wahnsinn.“ Dazu kämen die unterschiedlichen Normen in den Bundesländern. „Das allein ist neben dem Tagesgeschäft kaum stemmbar“, sagt er.
Außerdem fielen die Arbeiten zur Grundsteuererklärung unmittelbar mit den Corona-Schlussrechnungen zusammen. Die Steuerberater beantragen derzeit auch etwa Überbrückungshilfen für von der Pandemie betroffene Firmen. „Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit“, sagt Lüth voraus. Die Steuerberater fordern daher, dass Daten, die den Behörden bereits vorliegen, in einer digitalen Steuererklärung bereits vorausgefüllt werden. Davon allerdings seien die Behörden noch meilenweit entfernt.
Die Finanzämter ermitteln aus den eingereichten Daten den sogenannten Grundsteuerwert, der allerdings nur eine Komponente bei der Berechnung der Grundsteuer ist. Wie viel am Ende fällig wird und ob sie mehr oder weniger zahlen müssen als bisher, erfahren die Eigentümer erst 2025. Denn das hängt entscheidend von den sogenannten Hebesätzen der Gemeinden ab. Diese Faktoren können in den rund 11.000 deutschen Gemeinden zwischen 0 und auch schonmal mehr als 1000 Prozent liegen. Die Gemeinden sind zwar angehalten, ihre Einnahmen in etwa auf dem gleichen Niveau zu belassen, verpflichtet sind sie dazu jedoch nicht. (dpa/red)