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Im vergangenen Jahr sind so viele Neubauwohnungen genehmigt worden, wie seit über 20 Jahren nicht. Jedoch kann es selbst mit behördlicher Erlaubnis noch lange dauern, bis Eigentümer oder Mieter einziehen können.
Genehmigungen allein reichen nicht: Zwar haben die Behörden im vergangenen Jahr so viele neue Wohnungen genehmigt, wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Doch eine unklare Förderstruktur, hohe Preise und Materialstau verhindern nach Ansicht der Bauindustrie, dass die Projekte auch umgesetzt werden.
380.914 genehmigte Wohnungen bedeuteten 2021 einen Zuwachs von 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und den höchsten Wert seit 1999, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag berichtete. Damals waren es rund 437.000 Baugenehmigungen gewesen. Wie viele Einheiten tatsächlich fertiggestellt wurden, will die Behörde allerdings erst im Sommer berichten.
Nach Einschätzung von Experten dürfte der sogenannte Überhang von genehmigten, aber aus verschiedenen Gründen nicht fertiggestellten Wohnungen weiter gewachsen sein. Schon zum Jahresende 2020 betrug der Stau rund 780.000 Einheiten. In dem Jahr waren zwar fast 369.000 neue Wohnungen genehmigt, aber nur gut 306.000 fertiggestellt worden. Das war aber immerhin der höchste Wert seit 2001.
Das Genehmigungsplus im Jahr 2021 betraf den Angaben zufolge im Neubau fast alle Gebäudearten. Bei den Einfamilienhäusern gab es einen Zuwachs um 0,9 Prozent (knapp 94.000), bei Zweifamilienhäusern waren es 25,1 Prozent mehr (rund 32.100), bei Mehrfamilienhäusern 2,2 Prozent (fast 194.000). Lediglich für Wohnheime wurden weniger Genehmigungen erteilt als im Vorjahreszeitraum (minus 26,6 Prozent).
Das Ziel: 400.000 neue Wohnungen pro Jahr
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie beurteilte die Entwicklung kritisch. Seit Jahresmitte sei die Zahl der Genehmigungen gesunken und zudem fehlten insbesondere Mehrfamilienhäuser in den Ballungsräumen, um den Wohnungsmangel schnell zu beheben. Als Gründe nannte der Verband in Berlin den Wegfall des Baukindergeldes sowie die zunehmenden Materialengpässe und die daraus resultierenden Preissteigerungen am Bau. Man benötige eine klare Förderstruktur und mehr seriellen und modularen Wohnungsbau.
Die Ampel-Koalition hat sich 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zum Ziel gesetzt. Davon müsse jede vierte eine Sozialwohnung sein und weitere 60.000 Einheiten auch aus mittleren und geringeren Einkommen bezahlbar sein, hatte im Januar das Verbändebündnis „Soziales Wohnen“ verlangt. Es legte eine Studie vor, nach der eine jährliche Förderung von mindestens sechs Milliarden Euro dafür notwendig sei.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BAU, Robert Feiger, verlangte zusätzlich zum verstärkten Neubau ein umfangreiches Umbauprogramm für bereits bestehende Gebäude, bei denen es ein Potenzial von rund 4,3 Millionen neuer Wohnungen gebe. „Notwendig sind Genehmigungen vor allem für mehr Dachaufstockungen von Wohnhäusern, für On-Top-Etagen auf Geschäftshäusern, auf Büro- und Verwaltungskomplexen, auf Parkhäusern und Einkaufsmärkten. Ebenso für den Umbau von Büros zu Wohnungen, denn Homeoffice wird auch nach Corona vielfach bleiben“, sagte der Gewerkschafter laut einer Mitteilung.
Die Baubranche hat im vergangenen Jahr ihren Umsatz nur leicht um ein Prozent gesteigert, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Zahl der Beschäftigten in der Branche stieg zum Vorjahr um 1,4 Prozent. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe hatte zuletzt von einem Plus um 19.000 auf gut 911.000 Beschäftigte gesprochen. Die Bauwirtschaft hat dank des Immobilienbooms und besonders der starken Nachfrage nach Wohnungen der Corona-Krise getrotzt. (dpa/afp/mf)