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FinTech „Made in Switzerland“ benötigt internationalen Marktzutritt

Summary:
Die Schweiz taucht in vielen Analysen und Rankings der weltweiten FinTech Zentren nicht oder nur in den hinteren Rängen auf. Daraus zu schliessen, dass es in der Schweiz keine erfolgreichen FinTech Unternehmen gibt oder dass die Rahmenbedingungen schlecht sind und keinen prosperierenden FinTech Markt zulassen, ist jedoch falsch. Die Schweiz verfügt über ein lebhaftes FinTech Ökosystem mit über 100 Startups, zwei grossen Finanzzentren mit innovativen Finanzinstituten sowie zahlreichen nationalen und internationalen Technologie-Unternehmen. Zur Förderung von Jungunternehmertum sind zudem im letzten Jahr verschiedene Inkubatoren entstanden. Startups können sich mittlerweile fast im Wochenrhythmus potentiellen Kunden und Investoren präsentieren. Auch am Zugang zu etablierten Banken und Infrastrukturbetreibern mangelt es nicht. Trotzdem schafft es weder Zürich noch Genf in die vorderen Plätze von internationalen FinTech Ranglisten. Ist wirklich alles so schlecht? Die oftmals angeführten Gründe dafür sind vielfältig: Die Rahmenbedingungen sind schlecht. Die Flexibilität der Regulierung ist nicht gegeben und das Interesse des Regulators schon gar nicht vorhanden. Es fehlt an Kapital und Innovationskraft. Bei all diesen Kritiken ist es nicht überraschend, dass Forderungen nach einer nationalen, öffentlich geförderten FinTech Strategie gestellt werden.

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Die Schweiz taucht in vielen Analysen und Rankings der weltweiten FinTech Zentren nicht oder nur in den hinteren Rängen auf. Daraus zu schliessen, dass es in der Schweiz keine erfolgreichen FinTech Unternehmen gibt oder dass die Rahmenbedingungen schlecht sind und keinen prosperierenden FinTech Markt zulassen, ist jedoch falsch.

Die Schweiz verfügt über ein lebhaftes FinTech Ökosystem mit über 100 Startups, zwei grossen Finanzzentren mit innovativen Finanzinstituten sowie zahlreichen nationalen und internationalen Technologie-Unternehmen. Zur Förderung von Jungunternehmertum sind zudem im letzten Jahr verschiedene Inkubatoren entstanden. Startups können sich mittlerweile fast im Wochenrhythmus potentiellen Kunden und Investoren präsentieren. Auch am Zugang zu etablierten Banken und Infrastrukturbetreibern mangelt es nicht. Trotzdem schafft es weder Zürich noch Genf in die vorderen Plätze von internationalen FinTech Ranglisten.

Ist wirklich alles so schlecht?

Die oftmals angeführten Gründe dafür sind vielfältig: Die Rahmenbedingungen sind schlecht. Die Flexibilität der Regulierung ist nicht gegeben und das Interesse des Regulators schon gar nicht vorhanden. Es fehlt an Kapital und Innovationskraft. Bei all diesen Kritiken ist es nicht überraschend, dass Forderungen nach einer nationalen, öffentlich geförderten FinTech Strategie gestellt werden.

Zwar mögen einige der aufgeführten Argumente zutreffen. Die wesentlichen Gründe für das vermeintliche Hintertreffen des Schweizer Marktes sind jedoch primär struktureller Natur. Erstens entscheidet bei digitalen Innovationen für den Endverbraucher die schnelle zahlenmässige Verbreitung über Erfolg oder Misserfolg. Dies ist in Amerika, England, Deutschland oder Asien wesentlich einfacher zu erreichen als im kleinen Schweizer (Binnen-)Markt. Die Perspektiven für Business-to-Consumer (B2C) Geschäftsmodelle sind daher in der Schweiz limitiert. FinTech Unternehmen sind also gezwungen, ihre Lösungen und Dienstleistungen zu exportieren. Damit sind sie in guter Gesellschaft mit vielen anderen Unternehmen in der Schweiz. Zweitens setzt sich der Schweizer Finanzmarkt genau genommen aus zwei starken Finanzzentren zusammen. Betrachtet man die beiden FinTech Cluster Zürich und Genf zusammen, relativiert sich das Bild von einer passiven Schweiz. Schliesslich muss man auch noch die Methodik gewisser Studien in Frage stellen, da sie sich ausschliesslich auf Startups beziehen.

Es gibt zahlreiche erfolgreiche Beispiele

Trotz dieser strukturellen Gegebenheiten zeigen verschiedene Schweizer FinTech Unternehmen, dass es möglich ist, erfolgreich zu sein. Diese finden sich eher im B2B (Business–to-Business) Bereich und sind klar international ausgerichtet. Als Beispiele seien Leonteq und Temenos aufgeführt, welche über Marktkapitalisierungen von rund CHF 3.6 Mrd. und CHF 2.5 Mrd. verfügen. Was braucht es, dass wir mehr solche Erfolgsgeschichten sehen?

Diskriminierungsfreie Marktzugänge

Die Schweiz verfügt über sämtliche Ingredienzen für einen erfolgreichen FinTech Standort. Kapital, Wissen und Innovationsgeist sind vorhanden. Natürlich sind die Rahmenbedingungen, wie im Blog von Thomas Sutter und Martin Hess aufgezeigt, laufend zu verbessern. Hier sind alle gefordert – die Unternehmen, die Investoren und die Politik. Das beginnt bei der Ausbildung bzw. Forschung und endet beim Marktzutritt.

So sind diskriminierungsfreie weltweite Marktzugänge für FinTechs mit gleichwertiger (äquivalenter) Regulierung und Aufsicht ein zentrales Erfolgskriterium. Diesen Schwachpunkt des Schweizer FinTech Ecosystems hat die Handelskammer UK Trade & Investment erkannt und versucht Schweizer Startups zu motivieren, ihre internationale Expansion von London aus zu unternehmen. Das Problem beschränkt sich nicht alleine auf den Finanzmarkt und dessen Regulierung, sondern auch auf den Personalmarkt. Es ist in London einfacher, den internationalen Ressourcenpool von Mitarbeitenden zu nutzen. Die Beschäftigung von ausländischen Mitarbeitenden ist in der Schweiz in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. FinTechs brauchen für eine internationale Expansion eine offene Schweiz. Ist dies gegeben, werden sie ihre internationalen Opportunitäten vermehrt aus dem Hub Schweiz heraus verfolgen – mit entsprechend positiven Folgen für die Schweiz in Form von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung.

FinTech „Made in Switzerland“ benötigt internationalen Marktzutritt
Martin Hess
Martin Hess ist seit 2010 Chefökonom und Direktionsmitglied der Schweizerischen Bankiervereinigung und Mitglied der Chief Economist Group des Europäischen Bankenverbands.

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