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Selbstfahrende Autos: Wer überlebt den Unfall?

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Die letzten Hürden auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto könnten nicht technischer sondern ethischer Natur sein. Quelle: Wikimediahttps://en.wikipedia.org/wiki/Autonomous_car#/media/File:Jurvetson_Google_driverless_car_trimmed.jpg - Steve Jurvetson Die technische Entwicklung fahrerloser Autos ist auf der Schlussgeraden. Versuchsweise sind bereits selbstfahrende Autos auf Schweizer (und anderen) Strassen unterwegs. Der Autolenker hält dabei die Hände – jederzeit einsatzbereit – über dem Steuerrad. E-Mails schreiben, Zeitunglesen oder sogar Dösen während der Bordcomputer das Gefährt zuverlässig ans Reiseziel bringt, sind bereits keine fernen Zukunftsvisionen mehr. Um dies möglich zu machen, investieren Fahrzeughersteller wie General Motors, BMW oder Toyota seit Jahren kräftig in die Forschung. Auch der Technologiekonzern Google und in der Schweiz sogar das Telekommunikationsunternehmen Swisscom wollen sich vom verheissungsvollen Markt eine Scheibe abschneiden. Sicherheit, Komfort – und moralische Dilemmas Das selbstfahrende Auto macht die Mobilität nicht nur viel bequemer und aus heutiger Sicht sogar zu einem reizvollen, kaum mehr zu erwartenden Erlebnis, es ist auch ein Gewinnhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/gewinn/ für die Verkehrssicherheit.

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Die letzten Hürden auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto könnten nicht technischer sondern ethischer Natur sein.

Selbstfahrende Autos: Wer überlebt den Unfall?Selbstfahrende Autos: Wer überlebt den Unfall?

Quelle: WikimediaSelbstfahrende Autos: Wer überlebt den Unfall?https://en.wikipedia.org/wiki/Autonomous_car#/media/File:Jurvetson_Google_driverless_car_trimmed.jpg - Steve Jurvetson

Die technische Entwicklung fahrerloser Autos ist auf der Schlussgeraden. Versuchsweise sind bereits selbstfahrende Autos auf Schweizer (und anderen) Strassen unterwegs. Der Autolenker hält dabei die Hände – jederzeit einsatzbereit – über dem Steuerrad. E-Mails schreiben, Zeitunglesen oder sogar Dösen während der Bordcomputer das Gefährt zuverlässig ans Reiseziel bringt, sind bereits keine fernen Zukunftsvisionen mehr. Um dies möglich zu machen, investieren Fahrzeughersteller wie General Motors, BMW oder Toyota seit Jahren kräftig in die Forschung. Auch der Technologiekonzern Google und in der Schweiz sogar das Telekommunikationsunternehmen Swisscom wollen sich vom verheissungsvollen Markt eine Scheibe abschneiden.

Sicherheit, Komfort – und moralische Dilemmas

Das selbstfahrende Auto macht die Mobilität nicht nur viel bequemer und aus heutiger Sicht sogar zu einem reizvollen, kaum mehr zu erwartenden Erlebnis, es ist auch ein Gewinnhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/gewinn/ für die Verkehrssicherheit. Distanzen, Geschwindigkeiten und Bremswege werden exakter eingeschätzt und die Reaktionsgeschwindigkeit eines Computers übersteigt die menschliche Trägheit um Längen. Auch mit der besten Software sind jedoch Verkehrssituationen mit unvermeidbarer Unfallfolge nie vollständig auszuschliessen. Dabei können moralisch delikate Entscheidungssituationen entstehen.

Soll das Leben des Fahrzeuginsassen riskiert werden, indem das Auto in eine Hauswand gelenkt wird, um damit einen Passanten vor dem vermeintlich sicheren Tod zu bewahren? Soll das Auto einer Gruppe spielender Kinder ausweichen und dafür einen betagten Fussgänger überrollen? Fragen zu solchen Dilemmas beantworten wir sehr ungern. Die meisten Leute kennen sie nur aus Gedankenexperimenten, vielleicht aus dem Philosophieunterricht. Wer das Pech hat und im Strassenverkehr tatsächlich mit einer solchen folgenschweren Entscheidung konfrontiert wird, hat ohnehin keine Zeit für moralphilosophisches Sinnieren und handelt instinktiv. Zum Glück, ist man versucht zu sagen.

Die Fahrzeugsoftware hat jedoch weder Instinkt noch ethische Wertmassstäbe. Sie handelt streng nach Instruktion ihres Programmierers. Wer ein Fahrzeug selber lenkt, wird womöglich von der Gnade des Schicksals von oben beschriebenen Entscheidungssituationen verschont. Nicht so der Softwareprogrammierer, er muss bei der Instruktion des Fahrzeugs sämtliche Eventualitäten berücksichtigen.

Was finden die Leute?

Wessen Leben soll also das selbstfahrende Auto im Falle eines Zielkonflikts höher gewichten? Darauf gibt es wohl keine richtigen und falschen Antworten, es gibt bloss Meinungen – sei es rationaler oder emotionaler Art. Genau danach hat ein Forscherteam unter der Leitung Jean-François Bonnefons von der Toulouse School of Economics eine Stichprobe von Leuten befragt.

Sie konfrontierten die Probanden mit zahlreichen kritischen Verkehrssituationen, in welchen menschliche Opfer unausweichlich sind. 75% der Befragten fanden es moralisch richtig, dass das Fahrzeug den Tod des Autolenkers in Kauf nimmt, um eine Kollision mit zehn sich auf der Fahrbahn befindenden Personen zu verhindern. Auf einer Skala von -50 (das Leben des Fahrers um jeden Preis schützen) bis +50 (die maximale Anzahl an Leben schützen) positionierten die Teilnehmer ihre eigene Haltung im Durchschnitt bei +24. Insgesamt zeigten die befragten Teilnehmer eine klare Tendenz zum sogenannten utilitaristischen Prinzip, wonach die minimale Anzahl Todesopfer anzustreben ist.

Daraus liessen sich aber weitere Schlussfolgerungen ableiten. Eine Frau hat gegenüber einem Mann im Falle einer Kollision gemäss Schätzungen eine um 28% höhere Sterbewahrscheinlichkeit. Ein 70-jähriger Automobilist hat dreimal schlechtere Karten als ein 20-jähriger. Schlechtere Prognosen hat auch wer alleine in einem wenig gepolsterten Kleinwagen unterwegs ist oder im Falle eines Fahr- oder Motorrads ohne Helm fährt. Wollen wir also vorzugsweise junge Männer, die mindestens zu zweit in einem gut beschaffenen Wagen sitzen zur Zielscheibe von Softwarealgorithmen machen? Als besonders stossend mag man es empfinden, wenn selbstfahrende Autos mit Gesichtserkennung das Motorradfahren ohne Kopfschutz belohnen, weil dies die Überlebenschancen im Falle einer Kollision reduziert.

Wege aus dem Dilemma

Als möglicher Weg aus diesem Dilemma steht der Vorschlag eines Zufallsgenerators im Raum. Dieser würde, wenn es hart auf hart kommt, zufällig entweder den Fahrer oder die Passanten opfern. Alternativ könnte man auf das Sammeln von Informationen zur Umgebung wie beispielsweise das Helmtragen oder die Marke und Beschaffenheit von Fahrzeugen verzichten. Damit macht man den Computer sozusagen bewusst etwas „dümmer“, damit die notwendigen Komponenten für ein moralisches Dilemma gar nicht erst zusammenkommen.

Auf dem Weg zum Mittagsschlaf während des Autofahrens sind die Ingenieure fast am Ziel. Um die verbleibenden Hürden zu überwinden, sind nun die Philosophen am Zug. Und wer weiss, vielleicht erschüttert uns in einigen Jahren oder Jahrzehnten ein Softwareskandal in der Automobilindustrie, der die Vorgänge bei Volkswagen zur computergesteuerten Manipulation der Abgasqualität bei weitem in den Schatten stellt.

Zum Thema:

David Staubli, Ökonom, MSc der Universität Basel, Doktorand und Lehrassistent an der Universität Lausanne.

Dies ist ein Gastbeitrag. Inhaltlich verantwortlich ist der jeweilige Autor, die jeweilige Autorin.

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