Die USA haben ein Investitionsproblem. Vor allem vor langfristigen Investitionen schrecken viele Firmen zurück. Dieser Beitrag zeigt, dass einer der Gründe hierfür der Importwettbewerb ist. Firmen, die einem starken Zuwachs an Importwettbewerb ausgesetzt waren, haben vermehrt Investitionen in langlebige zugunsten Investitionen in kurzlebige Vermögensgegenstände zurückgestellt. Investitionsentscheidungen folgen meist aus einer Abwägung gegenwärtiger und zukünftiger Gewinne. Wenn Firmen in Anbetracht steigender Konkurrenz aus dem Ausland ihre Gewinnmarge in Gefahr sehen, kann es darum zu einer Rückstellung langfristiger Investitionen zugunsten kurzfristiger Gewinne kommen. Da sich dies negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken kann, spricht sich unter anderem Hillary Clinton[ a ] momentan in vielen Wahlkampansprachen dafür aus, den Fokus der Manager weg von kurzfristigen Unternehmensgewinnen auf langfristige Investitionen zu lenken und diese durch gezielte Anreizsetzung zu fördern. Sie verweist dabei auf Umfragen, nach denen mehr als die Hälfte der befragten Manager vor langfristigen Investitionen trotz hoher Erfolgsaussichten zurückschrecken würden, wenn sie dadurch das Quartalsziel in Gefahr sähen. Bisher mangelt es jedoch an empirischer Evidenz, die sich systematisch mit den Ursachen dieser Investitionsverschiebungen auseinandersetzt.
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Philippe Fromenteau, Jan Schymik, Jan Tscheke considers the following as important:
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Die USA haben ein Investitionsproblem. Vor allem vor langfristigen Investitionen schrecken viele Firmen zurück. Dieser Beitrag zeigt, dass einer der Gründe hierfür der Importwettbewerb ist. Firmen, die einem starken Zuwachs an Importwettbewerb ausgesetzt waren, haben vermehrt Investitionen in langlebige zugunsten Investitionen in kurzlebige Vermögensgegenstände zurückgestellt.
Investitionsentscheidungen folgen meist aus einer Abwägung gegenwärtiger und zukünftiger Gewinne. Wenn Firmen in Anbetracht steigender Konkurrenz aus dem Ausland ihre Gewinnmarge in Gefahr sehen, kann es darum zu einer Rückstellung langfristiger Investitionen zugunsten kurzfristiger Gewinne kommen. Da sich dies negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken kann, spricht sich unter anderem Hillary Clinton[ a ] momentan in vielen Wahlkampansprachen dafür aus, den Fokus der Manager weg von kurzfristigen Unternehmensgewinnen auf langfristige Investitionen zu lenken und diese durch gezielte Anreizsetzung zu fördern. Sie verweist dabei auf Umfragen, nach denen mehr als die Hälfte der befragten Manager vor langfristigen Investitionen trotz hoher Erfolgsaussichten zurückschrecken würden, wenn sie dadurch das Quartalsziel in Gefahr sähen.
Bisher mangelt es jedoch an empirischer Evidenz, die sich systematisch mit den Ursachen dieser Investitionsverschiebungen auseinandersetzt. In unserer Studie (Fromenteau, Schymik, Tscheke 2016) untersuchen wir anhand der am US-Aktienmarkt gelisteten Unternehmen, inwieweit der Anstieg des Importwettbewerbs zu einer solchen Verschiebung der Investitionsausgaben unterschiedlicher Fristigkeit führt. Unsere Ergebnisse bestätigen, was Umfragen unter Managern bereits angedeutet haben: Unternehmen, die ihre zukünftigen Marktaussichten schwinden sehen, stellen langfristig wirksame Ausgaben wie Grundstücks- und Gebäudeinvestitionen zurück und erhöhen relativ dazu die Ausgaben für kurzfristige Investitionen, wie Werbemaßnahmen oder eine neue Computerausstattung. Andere Studien weisen darauf hin, dass kurzfristige Managementanreize, Unsicherheit, Investorendruck oder Rezessionen ein kurzfristiges Investitionsverhalten begünstigen. Unsere Resultate zeigen, dass auch der Zuwachs an ausländischer Konkurrenz das Investitionsverhalten von Firmen stark dahingehend beeinflusst.
Wie wirkt sich ein Importschock auf die Investitionen aus?
Unsere empirischen Vorhersagen leiten sich aus einer einfachen Überlegung ab: eine Zunahme an Wettbewerb reduziert die zukünftige relativ zur aktuellen Gewinnmarge. Dadurch sinkt die Rendite langlebiger Investitionen relativ zur Rendite kurzfristiger Investitionen. Formal modellieren wir kurz- und langfristige Investitionen dabei als Ausgaben, welche der Fristigkeit entsprechend entweder die gegenwärtigen oder die zukünftigen Produktionskosten senken. Eingebettet in ein Handelsmodell mit variablen Preisaufschlägen (Melitz und Ottaviano 2008) liefert uns dieser einfache Mechanismus präzise Vorhersagen bezüglich der Investitionsentscheidung heterogener Firmen. Wir leiten hieraus einen Differenz-in-Differenzen-Schätzer ab, der es uns erlaubt, folgende Fragestellungen empirisch zu untersuchen: Erstens, führt Importwettbewerb zu einem relativen Anstieg der Vermögensgegenstände mit kurzer Lebensdauer (bestimmt durch eine hohen Abschreibungsrate)? Zweitens, fällt diese Verschiebung für große Firmen geringer aus als für kleine Firmen, da die Preiselastizität der Nachfrage mit der Marktmacht bzw. der Unternehmensgröße abnimmt?
Wir untersuchen diese Fragestellungen anhand einer Stichprobe der börsenkotierten Firmen in den USA, welche im verarbeitenden Gewerbe tätig und für welche Informationen bezüglich der Investitionsausgaben verfügbar sind (etwa 4.400 Firmen). Methodisch folgen wir dem Ansatz von Garicano und Steinwender 2016 und unterscheiden sieben Investitionskategorien, die wir entsprechend ihrer Abschreibungsraten nach Fristigkeit sortieren: Grundstücke, Gebäude, Maschinen und Ausstattung, Fuhrpark, Forschung und Entwicklung, Computersoftware und -Ausstattung sowie Ausgaben für Werbemaßnahmen bzw. Marketing
Wir finden, dass der Anstieg der Importkonkurrenz über einen Zeitraum von 15 Jahren (zwischen 1995 und 2009) zu einer Verkürzung der durchschnittlichen Lebensdauer von Vermögenswerten innerhalb der US-Konzerne um etwa 71 Tage (4,5%) geführt hat. Darüber hinaus zeigen unsere Ergebnisse, dass das Ausmaß der Investitionsverlagerungen signifikant von der Unternehmensgröße abhängt. Insbesondere verlagern verhältnismäßig kleine Firmen ihre Investitionsausgaben verstärkt hin zu kurzlebigen Vermögensgegenständen, da ihre Gewinnmargen relativ elastisch auf die steigende ausländische Konkurrenz reagieren.
WTO-Beitritt Chinas als Erwartungsschock
Neben dem Anstieg des globalen Importwettbewerbs verwenden wir den WTO-Beitritt Chinas im Jahre 2001 als Erwartungsschock, um unsere Hypothese zu untersuchen. Der dramatische Anstieg chinesischer Exporte um das Beitrittsjahr herum ist nach gängiger Meinung von Ökonomen vor allem auf Entwicklungen innerhalb des chinesischen Marktes zurückzuführen und damit aus Sicht amerikanischer Firmen größtenteils exogen (vergleiche Autor, Dorn und Hanson 2013 sowie Iacovone, Rauch und Winters 2013). Da China zu jener Zeit zwar Produkte aus dem verarbeitenden Gewerbe exportierte, sich die chinesischen Importe aus den USA jedoch vornehmlich auf Rohmaterialien beschränkten, liegt die Annahme nahe, dass durch die Handelsliberalisierung vor allem Importgüter aus China betroffen waren, welche in direkter Konkurrenz zu US-Gütern stehen (vgl. Autor, Dorn und Hanson 2016). Zudem hatte der US-Kongress nach dem WTO-Beitritt Chinas nicht mehr die Möglichkeit Chinas MFN-Status zu beenden und somit gegebenenfalls die heimische Industrie vor chinesischem Wettbewerb zu schützen. Wir nutzen diesen institutionellen Rahmen, um die Änderungen im Investitionsverhalten von Firmen nach dem Jahr 2001 zu analysieren.
Hierzu vergleichen wir Firmen, die unterschiedlich stark von einem erwarteten Anstieg chinesischer Konkurrenz betroffen waren, indem wir das Zollniveau betrachten, welches in der entsprechenden Industrie in den Jahren vor Chinas WTO-Beitritt vorherrschend war. Die zugrundeliegende Annahme ist, dass der erwartete Importschock vor allem in solchen Industrien Gewicht hatte, in denen das Zollniveau vor dem Beitritt relativ hoch war, und der Wegfall schützender Handelspolitik entsprechend stark ausfallen würde.
Im Einklang mit unseren vorherigen Resultaten finden wir, dass sich die Fristigkeit von Investitionen durch den chinesischen WTO-Beitritt tendenziell verkürzt hat. So investierten im betrachteten Zeitraum zwar Firmen im Durchschnitt langfristiger, jedoch fällt dieser Trend für Firmen, die von der Zunahme chinesischer Konkurrenz stärker betroffen waren, deutlich geringer aus. Konkret finden wir, dass die Zunahme der durchschnittlichen Lebensdauer von Vermögenswerten für Firmen im 75ten Perzentil der Zollverteilung um 168 Tage geringer ausfiel als für Firmen im 25ten Perzentil, die eine relative geringe Zollreduktion befürchten mussten.
Zusammenfassend finden wir, dass US-Konzerne ihr Investitionsverhalten stark an die zugenommene ausländische Konkurrenz angepasst haben. Firmen, welche einem starken Zuwachs an Importwettbewerb ausgesetzt waren, haben vermehrt Investitionen in langlebige Vermögensgegenstände zugunsten Investitionen in kurzlebige Vermögensgegenstände zurückgestellt. Wir denken, dass dieser Anpassungsmechanismus volkswirtschaftlich relevant ist. Neben dem Einfluss auf das langfristige Wachstum, müssen sich unter anderem die betroffenen Unternehmen früher refinanzieren. Anhand unserer empirischen Ergebnisse schätzen wir, dass die Zunahme des Importwettbewerbs zwischen 1995 und 2009 die Refinanzierungskosten der Unternehmen um durchschnittlich 6 Dollar pro 1000 investierten Dollar gesteigert hat.
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Autor, David H., David Dorn, und Gordon H. Hanson. The China Syndrome: Local Labor Market Effects of Import Competition in the United States. American Economic Review, 103(6):2121–68, 2013.
Autor, David H., David Dorn, und Gordon H. Hanson. The China Shock: Learning from Labor Market Adjustment to Large Changes in Trade. Working Paper 21906, National Bureau of Economic Research, 2016.
Bénabou, Roland und Jean Tirole. Bonus Culture: Competitive Pay, Screening, and Multitasking. Journal of Political Economy, 124(2):305–370, 2016.
Fromenteau, Philippe, Jan Schymik, und Jan Tscheke. Import Competition and the Composition of Firm Investments. Munich Discussion Paper No. 2016-14, Department of Economics, LMU Munich, 2016.
Garicano, Luis und Claudia Steinwender. Survive Another Day: Using Changes in the Composition of Investments to Measure the Cost of Credit Constraints. Review of Economics and Statistics, im Erscheinen, 2016.
Garicano, Luis und Luis Rayo. Why Organizations Fail: Models and Cases. Journal of Economic Literature, 54(1):137–92, 2016.
Iacovone, Leonardo, Ferdinand Rauch, und L. Alan Winters. Trade as an Engine of Creative Destruction: Mexican Experience With Chinese Competition. Journal of International Economics, 89(2):379 – 392, 2013.
Melitz, Marc J. und Gianmarco I. P. Ottaviano. Market Size, Trade, and Productivity. Review of Economic Studies, 75(1):295–316, 2008.
Terry, Stephen J. The Macro Impact of Short-Termism. Discussion Papers 15-022, Stanford Institute for Economic Policy Research, 2015.
©KOF ETH Zürich, 24. Okt. 2016