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Strengere Regulierung von Zeitarbeit: Reichen die Regelungen aus?

Summary:
Die deutsche Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Zeitarbeit strenger regeln soll. Dieser Beitrag unterstützt die Richtung des Entwurfes, bezweifelt aber, dass die Regelungen ausreichen. Die Leiharbeit ist seit vielen Jahren hochgradig umstritten. Durch die Hartz-Reform wurde sie weitgehend dereguliert mit der Folge einer sprunghaften Zunahme. Die Zahl der Leiharbeitskräfte erreichte zeitweise fast die Millionengrenze und ihr Anteil hat sich dauerhaft mehr als verdoppelt. Längst wird die Leiharbeit nicht mehr nur als kurzfristiger Flexibilitätspuffer genutzt. Sie wird strategisch zur Senkung von Personalkosten und zur Sicherung der Profitabilität eingesetzt. Nach dem Gesetz gilt bei Leiharbeit der Grundsatz „Equal Pay“, aber Abweichungen durch Tarifvertrag sind zulässig und die Regel. Die Tarifverträge für die Leiharbeitsbranche sehen Entgelte vor, die vielfach unter den Tarifen für die Stammkräfte liegen. Den Gewerkschaften ist es im Laufe der Jahre gelungen, den Einkommensabstand durch gestaffelte tarifliche Branchenzuschläge zu verringern. In manchen Branchen gibt es auch tarifliche Regelungen zur Übernahme von Leiharbeitsbeschäftigten. Während bei der Leiharbeit die Spielräume für die Unternehmen durch tarifliche und betriebliche Regelungen in den vergangenen Jahren enger wurden, suchten die Betriebe nach Ausweichstrategien.

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Die deutsche Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Zeitarbeit strenger regeln soll. Dieser Beitrag unterstützt die Richtung des Entwurfes, bezweifelt aber, dass die Regelungen ausreichen.

Die Leiharbeit ist seit vielen Jahren hochgradig umstritten. Durch die Hartz-Reform wurde sie weitgehend dereguliert mit der Folge einer sprunghaften Zunahme. Die Zahl der Leiharbeitskräfte erreichte zeitweise fast die Millionengrenze und ihr Anteil hat sich dauerhaft mehr als verdoppelt. Längst wird die Leiharbeit nicht mehr nur als kurzfristiger Flexibilitätspuffer genutzt. Sie wird strategisch zur Senkung von Personalkosten und zur Sicherung der Profitabilität eingesetzt. Nach dem Gesetz gilt bei Leiharbeit der Grundsatz „Equal Pay“, aber Abweichungen durch Tarifvertrag sind zulässig und die Regel. Die Tarifverträge für die Leiharbeitsbranche sehen Entgelte vor, die vielfach unter den Tarifen für die Stammkräfte liegen. Den Gewerkschaften ist es im Laufe der Jahre gelungen, den Einkommensabstand durch gestaffelte tarifliche Branchenzuschläge zu verringern. In manchen Branchen gibt es auch tarifliche Regelungen zur Übernahme von Leiharbeitsbeschäftigten.

Während bei der Leiharbeit die Spielräume für die Unternehmen durch tarifliche und betriebliche Regelungen in den vergangenen Jahren enger wurden, suchten die Betriebe nach Ausweichstrategien. Die Vergabe von Werkverträgen hat sich dabei zu einem beliebten Instrument entwickelt. Im produzierenden Gewerbe und im Einzelhandel setzt fast jedes zweite Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten Werkverträge ein, im Bereich der Metall­ und Elektroindustrie und in der chemischen Industrie liegt der Anteil bei rund zwei Drittel. Längst geht es bei Werkverträgen nicht mehr nur um Randbereiche (Kantine, Pforte, Sicherheit), sondern um den Kernbereich der Wertschöpfungsprozesse (Forschung, Produktion, Logistik). Auch im Dienstleistungsbereich werden zentrale Tätigkeiten über Werkverträge outgesourct. Ähnlich wie bei der Leiharbeit verdienen die Beschäftigten in Werkvertragsunternehmen oft weniger und arbeiten länger. Werkverträge werden häufig missbräuchlich eingesetzt (illegale Arbeitnehmerüberlassung oder Scheinwerkverträge).

Zu Recht hat die Große Koalition im Koalitionsvertrag 2013 gesetzliche Regelungen angekündigt. Der aktuelle Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles übernimmt grundsätzlich die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von Werk- und Dienstverträgen zu Arbeitsverträgen. Werkverträge dürfen nicht mehr nachträglich mithilfe einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis in Leiharbeit umgewandelt werden. Das Informationsrecht der Betriebsräte über die Beschäftigung von „Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen“ wird konkretisiert. Der Entwurf sieht auch vor, die Verleihdauer grundsätzlich auf 18 Monate zu begrenzen. In tarifgebundenen Betrieben sind längere Einsatzzeiten möglich. Leiharbeitsbeschäftigte werden beim Entgelt nach neun Monaten den Stammbeschäftigten gleichgestellt. Bei tarifvertraglichen Branchenzuschlägen gilt diese Vorschrift erst nach zwölf Monaten.

Der Gesetzentwurf reagiert mit diesen Vorschriften auf gravierende Probleme in der betrieblichen Praxis. Er zielt in die richtige Richtung und ist keineswegs ein „Großangriff auf Hunderttausende selbständige Unternehmen“, wie BDA-Präsident Ingo Kramer meint. Vielmehr hat man den Eindruck, dass die Ministerin sich an den Vorgaben des Koalitionsvertrages orientiert. Die Frage ist: Reichen die Regelungen aus, um die Probleme auszuräumen? Zweifel sind erlaubt: Auch künftig können Dauerarbeitsplätze trotz 18-Monate-Regelung mit Leiharbeitskräften besetzt werden, ein Personalkarussell bleibt möglich. Auch die Equal-Pay-Regelung hat Lücken. Zwei Drittel der Leiharbeitsverhältnisse dauern höchstens sechs Monate. Sie werden von ihr nicht profitieren. Und bei den Werkverträgen schreckt der Gesetzentwurf vor echten Mitbestimmungsrechten für die Betriebsräte zurück. Damit ist klar: Der Konflikt um die gesetzliche Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen ist keineswegs beendet.

©KOF ETH Zürich, 17. Dez. 2015

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Reinhard Bispinck
Reinhard Bispinck, geboren 1951, ist Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf.

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