Wer die Ursachen hinter Brexit, Trump und AfD verstehen will, tut gut daran, einen Blick in die Tierwelt zu werfen. Branko Milanovic erklärt in seinem neuen Buch weshalb. Bild: Patrick Keller Ein grosser Teil der Mittelschicht in den westlichen Ländern scheint unzufrieden. Brexit, Trump und die AfD zeugen davon. Doch woher rührt diese Unzufriedenheit? Um dies zu beantworten heisst es nun: «Törööö», Bühne frei für unseren Elefanten! Sein Auftritt mag im ersten Augenblick etwas unspektakulär erscheinen – ganz ohne Trommelwirbel und packende Tanzeinlage. Um Enttäuschungen vorweg zu nehmen, es geht nicht um einen richtigen Elefanten, sondern um eine Grafik, die mit etwas Fantasie einem Elefanten ähnelt. Dennoch: Um zu verstehen, weshalb heute vieles so ist, wie es ist, lohnt es sich, dem Elefanten zwei Minuten Aufmerksamkeit zu schenken. Schöpfer des Tieres ist der Ungleichheitsforscher Branko Milanovic, dessen Buch «Die ungleiche Welt» kürzlich auch auf Deutsch erschienen ist. Bild: Branko Milanovichttp://heymancenter.org/files/events/milanovic.pdf Eva im Mittelstand Anhand eines konkreten Beispiels wird die obige Grafik – die von einigen Internetbloggern als wichtigste Grafik 2016 gehandelt wird – greifbarer: Eva gehört zum 80. Perzentil.
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Wer die Ursachen hinter Brexit, Trump und AfD verstehen will, tut gut daran, einen Blick in die Tierwelt zu werfen. Branko Milanovic erklärt in seinem neuen Buch weshalb.
Ein grosser Teil der Mittelschicht in den westlichen Ländern scheint unzufrieden. Brexit, Trump und die AfD zeugen davon. Doch woher rührt diese Unzufriedenheit?
Um dies zu beantworten heisst es nun: «Törööö», Bühne frei für unseren Elefanten! Sein Auftritt mag im ersten Augenblick etwas unspektakulär erscheinen – ganz ohne Trommelwirbel und packende Tanzeinlage. Um Enttäuschungen vorweg zu nehmen, es geht nicht um einen richtigen Elefanten, sondern um eine Grafik, die mit etwas Fantasie einem Elefanten ähnelt.
Dennoch: Um zu verstehen, weshalb heute vieles so ist, wie es ist, lohnt es sich, dem Elefanten zwei Minuten Aufmerksamkeit zu schenken. Schöpfer des Tieres ist der Ungleichheitsforscher Branko Milanovic, dessen Buch «Die ungleiche Welt» kürzlich auch auf Deutsch erschienen ist.
Eva im Mittelstand
Anhand eines konkreten Beispiels wird die obige Grafik – die von einigen Internetbloggern als wichtigste Grafik 2016 gehandelt wird – greifbarer: Eva gehört zum 80. Perzentil. Die Perzentile sind auf der horizontalen Achse ersichtlich: Links sind jene mit den tiefsten, rechts jene mit den höchsten Einkommen. Zum 80. Perzentil zu gehören, bedeutet für Eva, dass sie reicher ist als 80 Prozent der gesamten Weltbevölkerung. Das ist die gute Nachricht für Eva. Handkehrum bedeutet dies auch, dass Eva ärmer ist, als 20 Prozent der Erdenbewohner. Dies ist die weniger gute Nachricht. Ein kleiner Wermutstropfen mit dem Eva aber wohl ganz gut leben kann.
Leider folgt nun die schlechte Nachricht für unsere Eva. Diese widerspiegelt sich auf der vertikalen Achse in Form unseres Elefanten. Die Linie zeigt für jedes Einkommensperzentil, wie stark sich das Einkommen in den 20 Jahren von 1988 bis 2008 verändert hat. Die bittere Realität ist, dass sich für unsere Eva im 80. Perzentil in den 20 Jahren gar nichts verbessert hat. Genau genommen ist ihr Realeinkommen leicht gesunken. Zwar ist sie immer noch wohlhabender als 80 Prozent ihrer Mitmenschen auf dem Planeten, aber innerhalb von 20 Jahren ist ihr Einkommen nicht gestiegen.
Eva ist damit nicht alleine. Ein grosser Teil der Mittelschicht in westlichen Industrieländern befindet sich zwischen dem 75. und dem 85. Perzentil oder einfacher gesagt, ungefähr dort wo der Rüssel einen Knick hat. In diesem Knick zu sein, ist nicht gut. Gemäss Branko Milanovic sind dort diejenigen, die nicht von der Globalisierunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/globalisierung/ und dem technischen Fortschritt profitiert haben. Menschen vielleicht, deren Beruf durch Konkurrenz aus Schwellenländern weniger gefragt ist, oder deren Arbeit nun von Robotern erledigt wird. Gut vorstellbar, dass sie sich von der Elite im Stich gelassen fühlen und in Wahlen und Abstimmungen ihrem Wunsch nach Wandel Ausdruck verleihen.
Die Spitze des Rüssels und Rücken
Zusätzlichen Unmut könnte für die im Stich gelassen Menschen auch der Umstand bereiten, dass es anderen Menschen immer besser geht. Da sind einerseits die Superverdiener, welche im Rüssel nach oben abgebildet sind. Ihre ohnehin schon hohen Einkommen sind nochmals stark gestiegen – Menschen vermutlich, die gut gebildet sind, über Kapitalhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/kapital/ verfügen und mit neuen Technologien und Finanzinstrumenten umzugehen wissen.
Andererseits – und das ist erfreulich – sind da auch Menschen mit tieferen Einkommen, die sich auf dem Rücken des Elefanten tummeln. Für diese waren die Entwicklungen erfreulich und ihr Einkommen stieg. Zwar würden wir wohl viele von ihnen noch als arm bezeichnen, aber immerhin geht es aufwärts. Leider ist da aber auch noch die kleine Gruppe (ganz links), welche äusserst arm ist und nicht einmal eine kleine Verbesserung ihres Wohlstandes erlebte.
Was der Elefant nun bedeutet …
Die Quintessenz des Elefanten ist die folgende: «Die Welt wird reicher. Nicht allen geht es besser. Aber vielen», wie das Magazin Brandeinshttps://www.brandeins.de/archiv/2014/geld/zu-viel-des-guten-branko-milanovic-city-university-of-new-york/ treffend schreibt. Nicht alle haben von Globalisierunghttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/globalisierung/ und technischer Entwicklung gleich profitiert. Zwar ist das Realeinkommen für die meisten Einkommensgruppen gestiegen, aber eben nicht für alle gleich stark. Und vor allem nicht für die wählerstarke Gruppe der westlichen Mittelschicht.
Mehr interessante Fakten zum wichtigen Thema der wirtschaftlichen Ungleichheit gibt es in Branko Milanovic «Die ungleiche Welt – Migrationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/migration/, das eine Prozent und die Zukunft der Mittelschicht». Suhrkamp. 2017.
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Zum Thema:
- SRF. Sternstunde Philosophie – Ungleiche Welthttps://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/ungleichheit-fuer-sich-genommen-ist-keineswegs-schlecht
Interview mit Ungleichheitsforscher Branko Milanovic. (26.02.2017 – Dauer: 59 Minuten) - Brandeins. Zu viel des Gutenhttps://www.brandeins.de/archiv/2014/geld/zu-viel-des-guten-branko-milanovic-city-university-of-new-york/ (April 2014)
- Finanznews. Der Elefant, der den Brexit erklärthttp://www.finews.ch/news/finanzplatz/23476-chart-brexit-globailsierung-ukip-svp-branko-milanovic
Erklärung zur Grafik. (28.06.2017) - NZZ. Migranten müssen diskriminiert werdenhttps://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/branko-milanovic-interview-einkommen-migranten-muessten-diskriminiert-werden-ld.104023
Interview mit Branko Milanovic zu Elefant und Migrationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/migration/. (05.07.2016)
Patrick Keller,
M.A. in Volkswirtschaftslehre der Universität Zürich, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie, ehemaliger Praktikant bei iconomix.
Dies ist ein Gastbeitrag. Inhaltlich verantwortlich ist der jeweilige Autor, die jeweilige Autorin.