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Wie die Ölindustrie die Wale gerettet hat

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Von Bill Wirtz (Blog von Bill Wirtz) – Zu Beginn des Industriezeitalters waren Wale eine wichtige natürliche Ressource, die von Menschen seit Jahrzehnten verwertet wurde. Das Öl, das aus Walen gewonnen werden konnte, besonders das des Physeter macrocephalus, des Pottwals, dessen Tran durch die Nase entzogen wurde, hatte mannigfaltigen Nutzen vom Heizen über Lichterzeugung bis hin zum Material für die Farbherstellung. Walfangschiffe waren von einer einzigartigen Größe, mit der sie der stürmischen See widerstehen konnten, um an das wertvolle Gut zu kommen, das bis dato nur Wale liefern konnten. Diese Walfänger nutzten sogenannte Schneid- und Kopfspeere, mit denen sie in den Schädel des Tieres eindringen oder es köpfen konnten. Deren massives Gewicht stellte sicher, dass die Fänger den dicken Nackenwirbel des Pottwals zertrümmern konnten. Mit dem drastischen Anstieg der globalen Nachfrage an Walöl-Lampen gerieten Nachfrage und Angebot ins Unverhältnismäßige: Viele Kunden weigerten sich bald den unerschwinglichen Preis von 2,50$ für eine Gallone an Walöl zu zahlen (Yergin, 1962).

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Wie die Ölindustrie die Wale gerettet hat

Von Bill Wirtz (Blog von Bill Wirtz) – Zu Beginn des Industriezeitalters waren Wale eine wichtige natürliche Ressource, die von Menschen seit Jahrzehnten verwertet wurde. Das Öl, das aus Walen gewonnen werden konnte, besonders das des Physeter macrocephalus, des Pottwals, dessen Tran durch die Nase entzogen wurde, hatte mannigfaltigen Nutzen vom Heizen über Lichterzeugung bis hin zum Material für die Farbherstellung.

Walfangschiffe waren von einer einzigartigen Größe, mit der sie der stürmischen See widerstehen konnten, um an das wertvolle Gut zu kommen, das bis dato nur Wale liefern konnten. Diese Walfänger nutzten sogenannte Schneid- und Kopfspeere, mit denen sie in den Schädel des Tieres eindringen oder es köpfen konnten. Deren massives Gewicht stellte sicher, dass die Fänger den dicken Nackenwirbel des Pottwals zertrümmern konnten.

Mit dem drastischen Anstieg der globalen Nachfrage an Walöl-Lampen gerieten Nachfrage und Angebot ins Unverhältnismäßige: Viele Kunden weigerten sich bald den unerschwinglichen Preis von 2,50$ für eine Gallone an Walöl zu zahlen (Yergin, 1962). Trotz allem waren alternative Leuchtmittel von minderer Qualität, und verschiedene davon, wie Camphen, potentiell sehr gefährlich. Camphen ist hoch brennbar: Ein tödliches Risiko in einer Zeit der Holzbauten.

Im Jahre 1850 hatten Kunden die Wahl zwischen:

  • Camphen oder “Brennflüsigkeiten”: 50 Cent/Gallone (kombiniert aus Alkohol, Terpentinöl, Campher-Öl – leuchtet hell, riecht süß)
  • Walöl: Zwischen 1,30 und 2,50$ die Gallone
  • Schmalzöl: 90 Cent (mindere Qualität, stinkend)
  • Kohle-Öl: 50 Cent (rußig, stinkend, mindere Qualität; das “originale” Kerosin)

Bis zum Jahre 1851 hatte der Walfang einen solch schädlichen Einfluss auf den Bestand, dass Fänger vom überfischten Pazifik auf den Atlantischen und den Indischen Ozean wechseln mussten, was das Produkt nur noch rarer und unerschwinglicher machte. Heutzutage kann man sich die Problematik nicht mehr richtig vorstellen: Wir verfügen über zahlreiche Techniken, um Elektrizität zu erzeugen und Leuchtmittel gibt es in allen Farben und Formen. Im 19. Jahrhundert allerdings war die Versorgung von Lampen ein wahres Hindernis: Ihnen ging wortwörtlich das Licht aus.

Abraham Gesner hat uns und die Wale gerettet

Abraham Pineo Gesner war ein kanadischer Arzt und Geologe. Im Jahre 1846 stieß er durch seine Forschung mit Mineralien auf eine Flüssigkeit – eine Mischung aus Kohle, Erdharz und Ölschiefer ­–, die er Kerosin taufte. Im Vergleich zu anderen Produkten auf dem Markt war Kerosin weder rußig noch stank es. Durch die massive Vermarktung von Kerosin durch Gesners eigene 1850 gegründete Kerosene Gaslight Company (besonders nach ihrem Aufkauf durch Standard Oil) fielen die Marktpreise für die Verwendung von Öllampen (Kutney, 2007).

Dabei hatte Gesner nicht nur die Versorgungskrise des Betriebs von Öllampen gelöst: Die Walfangindustrie hatte nun ihre wichtigste Einnahmequelle verloren. Die Förderung von Walöl wurde überflüssig:

“Gesner’s entrepreneurial activities and the establishment of his pioneer kerosene works in New York was fundamental for the development of the young coal-oil industry. The latter grew rapidly in the following years. The rise of the new coal oils inevitably triggered the fall of the whaling industry whose “golden years” finally had come to an abrupt end.”  (Wakounig & Ruzicic-Kessler, 2011)

Wenn sie das nächste Mal an eine Organisation denken wollen, die nicht nur den grausamen Tierfang bekämpft, sondern auch das Leben von Millionen von Tieren gerettet hat, dann denke sie nicht an Greenpeace. Denken sie an die Ölindustrie.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog von Bill Wirtz.

Kutney. 2007. Sulfur: History, Technology, Applications & Industry by Dr. Gerald Kutney. 4.2.2. His Oil Ventures, p.84 (Online)

Wakounig & Ruzicic-Kessler. 2011. From the Industrial Revolution to World War II in East Central Europe  by Marjia Wakounig and Karlo Ruzicic-Kessler, Setting History Right: The Early European Petroleum Industries and the Rise of American Oil by Alexander Smith (University of New Orleans) p.68 (Online)

Yergin. 1962. The Prize: The Epic Quest for Oil, Money & Power by Daniel Yergin. Chapter I: Price and Innovation, p.22 (Online)

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Die Zürcherin ist ein Online-Magazin mit einer klassisch-liberalen Ausrichtung. Berichtet wird über Zürich und die Welt.

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