Nach langem hin und her hat sich das britische Parlament zu Neuwahlen durchgerungen. Am 12. Dezember sollen die Bürger über die Zusammensetzung des Unterhauses entscheiden und einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse weisen. "Frohe Weihnachten", kommentierte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Diese Wahl sei de facto ein zweites Referendum über den EU-Ausstieg Großbritanniens. Umfragen zufolge liegen die konservativen Tories von Premierminister Boris Johnson etwa 15 Prozentpunkte vor der oppositionellen Labour Partei von Jeremy Corbyn. Johnsons Vorgängerin Theresa May war allerdings in einer ähnlichen Position, als sie 2017 Neuwahlen ausrief. Tatsächlich schrumpfte die Fraktion der Tories dann aber und May konnte sich nur mit Unterstützung der nordirischen Partei DUP im
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Nach langem hin und her hat sich das britische Parlament zu Neuwahlen durchgerungen. Am 12. Dezember sollen die Bürger über die Zusammensetzung des Unterhauses entscheiden und einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse weisen. "Frohe Weihnachten", kommentierte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Diese Wahl sei de facto ein zweites Referendum über den EU-Ausstieg Großbritanniens.
Umfragen zufolge liegen die konservativen Tories von Premierminister Boris Johnson etwa 15 Prozentpunkte vor der oppositionellen Labour Partei von Jeremy Corbyn. Johnsons Vorgängerin Theresa May war allerdings in einer ähnlichen Position, als sie 2017 Neuwahlen ausrief. Tatsächlich schrumpfte die Fraktion der Tories dann aber und May konnte sich nur mit Unterstützung der nordirischen Partei DUP im Amt halten. Nach Erhebungen von Wahlforschern war die Zahl der Wechselwähler so hoch wie seit etwa 40 Jahren nicht.
"Die aktuelle Wahl wird die umkämpfteste seit Generationen sein", warnt Nigel Green, Gründer und Chef des Anlageberaters deVere. Der Ausgang sei mehr als ungewiss. "Von einem Austritt mit dem Johnson-Deal bis hin zu einem zweiten tatsächlichen Referendum erscheint alles offen", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Britische Buchmacher sehen die Wahrscheinlichkeit eines Tory-Sieges derzeit bei 50 Prozent. Knapp dahinter rangiert ein erneutes Patt um 42,5 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit einer Labour-Regierung taxieren sie auf 5,5 Prozent.
Nachfolgend eine Übersicht über die Folgen möglicher Wahlausgänge für britische Aktien und das Pfund Sterling.
BORIS JOHNSON GEWINNT DIE ABSOLUTE MEHRHEIT
Eine Alleinregierung der Tories gilt unter Experten als börsenfreundlichster Wahlausgang. Dann könnte Premierminister Johnson den von ihm ausgehandelten Brexit-Deal durch das Parlament bringen, prognostiziert Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. "Das Vereinigte Königreich würde dann geordnet aus der EU ausscheiden."
Profitieren würden hiervon vor allem inlandsorientierte britische Firmen - allen voran Hausbauer wie Persimmon oder Barratt. Sie hatten seit dem Brexit-Referendum von 2016 unter der Furcht vor einem chaotischen EU-Austritt und dessen fatalen Folgen auf die Wirtschaft gelitten. Die verbesserten Konjunkturaussichten könnten Lloyds Bank oder Royal Bank of Scotland (RBS) Auftrieb geben. Fondmanager Phil Harris vom Vermögensverwalter EdenTree prognostiziert angesichts erwarteter Steuersenkungen für die Mittelschicht zudem bessere Geschäfte für Möbelhändler wie DFS oder SCS.
Dem Pfund trauen Experten Kurse von bis zu 1,35 Dollar zu. Aktuell kostet es knapp 1,30 Dollar. Den im Londoner Auswahlindex FTSE notierten Großkonzernen wie dem "Johnnie Walker"-Anbieter Diageo oder dem Bergbaukonzern Glencore würde die Aufwertung allerdings zusetzen. Sie machen den Löwenanteil ihres Geschäfts im Ausland und büßen dadurch an Wettbewerbsfähigkeit ein.
JEREMY CORBYN GEWINNT DIE ABSOLUTE MEHRHEIT
Ein Sieg der oppositionellen Labour Party würde Investoren wohl ratlos zurücklassen. Einerseits hat die derzeit größte Oppositionspartei sich stets für einen möglichst 'weichen' Brexit stark gemacht, der den Verbleib in der EU-Zollunion einschließt. Sie strebt außerdem ein zweites Brexit-Referendum an. Andererseits gilt Labour-Chef Corbyn als Verfechter von Verstaatlichungen. "In der politischen Schusslinie stünden dann Gas-, Wasser- und Stromversorger, Eisenbahnbetreiber sowie der Briefzusteller Royal Mail", sagt Anlage-Experte Ross Mould vom Brokerhaus AJ Bell.
Dienstleister wie Interserve, an die staatliche Aufgaben in den vergangenen Jahren ausgelagert wurden, müssten wohl mit Auftragsrückgängen rechnen. Gleiches gilt für Rüstungsfirmen wie BAE Systems, da Corbyn sich wiederholt gegen hohe Verteidigungsausgaben ausgesprochen hat.
ERNEUTES POLITISCHES PATT
Sollte keine Partei die absolute Mehrheit erringen, rechnen Analysten mit Kursverlusten bei Aktien und dem Pfund. Da sich die unterschiedlichen Brexit-Lager kaum zu einem Kompromiss durchringen könnten, bestehe dann wieder die Gefahr eines chaotischen EU-Ausstiegs, warnt Markets.com-Experte Wilson. Die genauen Auswirkungen auf die Börsen lassen sich Analysten zufolge aber erst dann abschätzen, wenn klar ist, ob und welche Koalitionen geschmiedet werden. Auf jeden Fall müssten all jene Firmen, die vom Weihnachtsgeschäft abhängen, mit Kursverlusten rechnen.
ALLIANZ ZWISCHEN TORIES UND DER BREXIT-PARTEI
Eine formelle oder informelle Regierungsbeteiligung der Brexit-Partei von Nigel Farage gilt als Albtraum-Szenario der Anleger. Ein Ausverkauf des Pfundes und inlandsorientierter Aktienwerte wäre die Folge. Farage propagiert einen Brexit ohne Austrittsdeal.
ALLIANZ DER EU-BEFÜRWORTER
Sollte Johnson keine Regierung bilden können, könnte Labour gemeinsam mit den Liberaldemokraten, der schottischen Nationalpartei SNP und eventuell weiteren EU-freundlichen Parteien wie den Grünen einen Versuch wagen. Für Anleger wäre dies positiv, da die Wahrscheinlichkeit eines 'weicheren Brexit' und eines zweiten Referendums stiegen. Analysten zufolge würden zudem die Liberaldemokraten radikalere Labour-Pläne abmildern oder blockieren.
SCHOTTISCHE NATIONALPARTEI WIRD KÖNIGSMACHER
Da die Schotten mehrheitlich für einen Verbleib in der EU sind, wird die SNP dank ihres Anti-Brexit-Kurses Umfragen zufolge bei der Wahl gut abschneiden. Sollte die Partei bei Koalitionsgesprächen ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum für Schottland heraushandeln, könnten dort ansässige Firmen wie Royal Bank of Scotland (RBS) oder der Vermögensverwalter Standard Life Aberdeen unter Druck geraten.
(Reuters)