Die Finanzkrise ist zurück. Doch eigentlich war sie nie weg. Sie verbreitete sich nur nicht im Tageslicht, sondern unter dichtem Bodennebel. Heute sind die Probleme größer als noch vor einigen Jahren. Das werden die Heerscharen der „Retter“ vehement bestreiten. War die allgemein verortete Ursache der Krise 2007/2008 doch der „Neo-Liberalismus“ der Jahre zuvor. Diese Zeit der Deregulierung der Finanzmärkte habe den Geist aus der Flasche des Turbokapitalismus gelassen und die Übertreibungen an den Finanzmärkten entstehen lassen. Seit 2008 kann dieser Vorwurf nicht mehr erhoben werden. Seitdem wird die Finanzwelt mit einer bis dahin nie gekannten Regulierungsfülle überzogen. Basel III, die Zentralisierung der Bankenaufsicht bei der EZB, die Schaffung von Bankenstreßtests bei der EBA, der Europäischer Stabilitätsmechanismus ESM, die Schaffung eines einheitlichen Bankenabwicklungsregimes und bald auch die einheitliche Einlagensicherung im Euroraum sind nur die bekanntesten Regulierungsversuche allein in unserem Währungsraum. All das sollte das Vertrauen in das Banken- und Finanzsystem erhöhen, systemische Risiken frühzeitig offenbaren und künftige Krisen verhindern. Bald eine Dekade später ist nichts davon eingetreten. Gar nichts! Jetzt kommt die Finanzkrise mit voller Wucht zurück.
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Die Finanzkrise ist zurück. Doch eigentlich war sie nie weg. Sie verbreitete sich nur nicht im Tageslicht, sondern unter dichtem Bodennebel. Heute sind die Probleme größer als noch vor einigen Jahren. Das werden die Heerscharen der „Retter“ vehement bestreiten. War die allgemein verortete Ursache der Krise 2007/2008 doch der „Neo-Liberalismus“ der Jahre zuvor. Diese Zeit der Deregulierung der Finanzmärkte habe den Geist aus der Flasche des Turbokapitalismus gelassen und die Übertreibungen an den Finanzmärkten entstehen lassen.
Seit 2008 kann dieser Vorwurf nicht mehr erhoben werden. Seitdem wird die Finanzwelt mit einer bis dahin nie gekannten Regulierungsfülle überzogen. Basel III, die Zentralisierung der Bankenaufsicht bei der EZB, die Schaffung von Bankenstreßtests bei der EBA, der Europäischer Stabilitätsmechanismus ESM, die Schaffung eines einheitlichen Bankenabwicklungsregimes und bald auch die einheitliche Einlagensicherung im Euroraum sind nur die bekanntesten Regulierungsversuche allein in unserem Währungsraum. All das sollte das Vertrauen in das Banken- und Finanzsystem erhöhen, systemische Risiken frühzeitig offenbaren und künftige Krisen verhindern. Bald eine Dekade später ist nichts davon eingetreten. Gar nichts!
Jetzt kommt die Finanzkrise mit voller Wucht zurück. Die Banken Italiens schieben 367 Milliarden Euro fauler Kredite vor sich her, was rund 20 Prozent aller Kredite ausmacht, die italienische Banken ausgereicht haben. Normal wären 2 bis 3 Prozent. Schmerzhafte Wertberichtigungen in den Bilanzen drohen, die das Eigenkapital auffressen und Banken insolvent werden lassen. Seit Jahren ist das Problem bekannt, dennoch unternahm die Regierung nichts oder zu wenig und ließ das Problem weiter ansteigen. Jetzt setzt Matteo Renzi auf die Aussetzung gerade beschlossener europäischer Regelungen, die die Gläubiger und Eigentümer erstmal zur Kasse bitten, bevor der Staat eingreift. Das erinnert sehr schnell an 2010, als beim erst besten Fall in Griechenland, die Nichtbeistandsklausel der EU-Verträge außer Kraft gesetzt wurde. Seitdem ist der Rechtsbruch nur noch ein Kavaliersdelikt. Dies alles verwundert nicht, da die Situation Italiens dramatisch ist. Die Situation der Banken in Italien ist das Spiegelbild der Entwicklung der dortigen Wirtschaft. Sie darbt auf dem Niveau der 1980er Jahre und die Industrieproduktion liegt fast 30 Prozent unter der Vorkrisenzeit des Jahres 2008.
Die mangelnde Regulierung taugt daher nicht als Krisenursache, sondern verschleppt und verstärkt das Problem. Der Blick und die Kritik müssen sich daher auf die EZB richten. Sie hat, durch ihre Zinspolitik und ihre Programme zum Aufkauf von Schulden der Staaten und Unternehmen, den Zins und damit den Seismograph zur Messung von Erdbeben beseitigt. Die EZB versprüht fortwährend süßes Gift, das, so wie einst die Sirenen vorbeifahrende Seefahrer betörten, heute alle Finanzminister, Kämmerer, Banker und Finanzvorstände geistig vernebelt. Für das Schuldenmachen von Staaten, Banken und Unternehmen gibt es faktisch keine Grenzen. Es gibt kein Morgen mehr. Alle leben im Jetzt.
Doch das dicke Ende kommt noch. Die Banken werden jetzt von zwei Seiten existentiell in die Zange genommen. Die Regulierungsdichte führt auf der einen Seite zur Oligopolisierung der Branche. Nur noch die Großen können sich die Bürokratie und Datenkrake „leisten“. Die Kleinen werden zur Fusion oder Aufgabe gezwungen. Auf der anderen Seite nimmt die Politik der EZB den Banken ihre Ertragskraft und schafft dadurch ein schwelendes systemisches Risiko. Deshalb hat der Kuratoriumsvorsitzende des think tanks Prometheus, Thomas Mayer, recht, wenn er davon spricht, dass die Probleme der italienischen Banken von heute, die Probleme der deutschen Banken von morgen sind.
Der EZB-Präsident Mario Draghi deckt die Probleme zu und schafft dadurch viel größere. Von Anbeginn an war die Finanzkrise eine Bankenkrise. Banken haben Kredite vergeben, die notleidend waren, aber nicht wertberichtigt wurden. So begann jede Krise. Sei es die Lehman-Krise in Amerika, die IKB-, Landesbanken- und HRE-Krise in Deutschland, die Bankia-Krise in Spanien und jetzt auch die Krise der italienischen Banken. Sie konnten nur durch billiges Geld der Notenbanken entstehen. Eine expansive Ausweitung der Geld- und Kreditmenge schuf eine Vermögensillusion, die nicht unendlich fortgesetzt werden konnte. Irgendwann schwindet das Vertrauen, weil Investoren nicht mehr an die Mondpreise von Immobilien- oder Unternehmenswerten glauben und sich zurückziehen. Dann bricht das Kartenhaus zusammen.
Seit 2008 versucht die EZB die Vermögensillusion durch immer größere Eingriffe in den Preismechanismus der Marktwirtschaft aufrechtzuerhalten. So wird es wohl auch dieses Mal ablaufen. Wir stehen wahrscheinlich am Vorabend einer neuen Interventionsrunde der EZB, um den italienischen Banken und dem Flehen der dortigen Regierung nachzukommen. Der Brexit bietet dafür den dankbaren Vorwand.
Das alles ist nicht neu. Schon einmal hatte Mario Draghi seinem Mutterland Hilfe durch die EZB angeboten. 2011 sicherte er in einem geheimen Brief dem damaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zu, italienische Staatsanleihen zu kaufen, wenn Berlusconi Reformen im Land einleiten würde. Heute sind wir 5 Jahre weiter und die Probleme Italiens sind gewachsen. Die Staatsverschuldung hat mit 2.200 Milliarden Euro historische Höchststände erreicht und liegt rund 500 Milliarden Euro über dem damaligen Niveau. Auch die Target2-Salden, als Ausdruck des ökonomischen Ungleichgewichts innerhalb des Euro-Clubs, sind auf Seiten Italiens auf nunmehr fast 300 Milliarden Euro gestiegen. Gleichzeitig steigt der Bargeldumlauf in Italien und erreicht ebenfalls historische Höchststände. Auch dies ist nicht gerade Ausdruck des überschwänglichen Vertrauens in das dortige Bankensystem.
Mario Draghi beseitigt durch sein bisheriges und wohl auch künftiges Vorgehen nicht nur die Insolvenzfähigkeit von Staaten, Banken und Unternehmen, er schafft ein viel größeres Problem. Er zerrüttet den Glauben an die Herrschaft des Rechts. Mario Draghi wird daher zum Totengräber des Euro und der Europäischen Union. Er befördert durch seine Geld- und Wirtschaftspolitik unmoralisches Handeln nach dem Motto: „trocken abstimmen, aber feucht trinken“. Das darf man ihm nicht durchgehen lassen.