Von Prof. Dr. Frank Daumann, Professor für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Universität Jena. „ARD und ZDF werden nicht von den Olympischen Spielen 2018 bis 2024 berichten. Das US-Unternehmen Discovery und die öffentlich-rechtlichen Sender konnten sich nicht auf den Verkauf von Sub-Lizenzen einigen…“ (Bericht der Tagesschau am 28.11.2016). Aus Sicht der sportinteressierten Gebührenzahler ist das natürlich eine eher schlechte Nachricht, da sie nun eventuell, um in den Genuss einer Live-Übertragung interessanter Wettkämpfe der Olympischen Spiele zu kommen, zusätzliche Aufwendungen auf sich nehmen müssen. Den Rundfunkbeitrag müssen sie ja trotzdem entrichten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung der Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Bevor wir dieser Frage nachgehen, wollen wir uns kurz die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland anschauen: In Deutschland existieren neun Landesrundfunkanstalten (BR, HR, MDR, NDR, Radio Bremen, RBB, SR, SWR und WDR), die für einzelne oder mehrere Bundesländer Hörfunk und Fernsehen anbieten. Daneben offerieren das ZDF, die Deutsche Welle (DW) und das Deutschlandradio Programme für die gesamte Republik.
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Von Prof. Dr. Frank Daumann, Professor für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Universität Jena.
„ARD und ZDF werden nicht von den Olympischen Spielen 2018 bis 2024 berichten. Das US-Unternehmen Discovery und die öffentlich-rechtlichen Sender konnten sich nicht auf den Verkauf von Sub-Lizenzen einigen…“ (Bericht der Tagesschau am 28.11.2016).
Aus Sicht der sportinteressierten Gebührenzahler ist das natürlich eine eher schlechte Nachricht, da sie nun eventuell, um in den Genuss einer Live-Übertragung interessanter Wettkämpfe der Olympischen Spiele zu kommen, zusätzliche Aufwendungen auf sich nehmen müssen. Den Rundfunkbeitrag müssen sie ja trotzdem entrichten.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung der Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Bevor wir dieser Frage nachgehen, wollen wir uns kurz die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland anschauen: In Deutschland existieren neun Landesrundfunkanstalten (BR, HR, MDR, NDR, Radio Bremen, RBB, SR, SWR und WDR), die für einzelne oder mehrere Bundesländer Hörfunk und Fernsehen anbieten. Daneben offerieren das ZDF, die Deutsche Welle (DW) und das Deutschlandradio Programme für die gesamte Republik. Die DW und die Landesrundfunkanstalten sind in der ARD („Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“) zusammengeschlossen. Die ARD wiederum bietet ebenfalls deutschlandweite Programme wie etwa „Das Erste“ an.
Finanziert wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch den Rundfunkbeitrag und durch Werbeeinnahmen („duale Finanzierung“), wobei sich das Gesamtbudget auf etwa 9 Mrd. Euro pro Jahr beläuft. Den Rundfunkbeitrag müssen zum einen natürliche Personen (hier ist er an den Haushalt geknüpft) und zum anderen Unternehmen und Institutionen sowie Einrichtungen des Gemeinwohls zahlen (hier ist er im wesentlichen an die Anzahl der Beschäftigten geknüpft). Der Beitrag ist unabhängig davon zu zahlen, ob der Beitragspflichtige selbst Empfangsgeräte vorhält oder ob er tatsächlich das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Sender nutzt. Die Festlegung des Beitrags erfolgt durch Staatsvertrag der Bundesländer, wobei hier idR. den Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) – eines unabhängige Sachverständigengremiums – gefolgt wird.
Um die Frage nach der Notwendigkeit der Existenz des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks aus ökonomischer Sicht zu prüfen, wird regelmäßig die Marktversagenstheorie ins Feld geführt: Existiert in diesem Bereich ein Marktversagenstatbestand, der eine staatliche Intervention rechtfertigt? Im wesentlichen wäre demzufolge zu untersuchen, ob ein öffentliches Gut oder ein natürliches Monopol vorliegen.
Ein öffentliches Gut zeichnet sich dadurch aus, dass Nutzer nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden können und bei der Nutzung keine Rivalitäten auftreten. Tatsache ist, dass durch entsprechende Verschlüsselungstechniken, wie sie etwa von Pay-TV-Sendern angewandt werden, Nutzer problemlos ausgeschlossen werden können. Nicht-Rivalität besteht jedoch weitgehend – zumindest solange bei der Nutzung der Verbindungswege keine Überfüllungsexternalitäten auftreten (durch zu viele Nutzer werden die Übertragungszeiten länger). Insgesamt liegt demnach hier kein öffentliches Gut vor.
Das Vorliegen eines natürlichen Monopols hätte insofern Auswirkungen, da es im unregulierten Falle nicht nur zu einer monopolistischen Ausbeutung etwa in dem Sinne käme, dass die Preise auf Monopolpreise angehoben würden, sondern es würde auch Konsequenzen dergestalt zeitigen, dass sich mit dem einzigen Anbieter zugleich ein Informationsmonopol mit erheblichen negativen Folgen für den politischen Entscheidungsprozeß etablieren würde. Beim natürlichen Monopol setzt sich aufgrund der Kostenstruktur (steigende Skaleneffekte) und der Nachfragesituation nur ein einziger Anbieter durch. Sicherlich lassen sich in diesem Bereich erhebliche Skaleneffekte nachweisen, aber offenbar sind die Angebote unter qualitativen Gesichtspunkten so heterogen, dass auch Anbieter mit ungünstigeren Kostenstrukturen erfolgreich am Markt agieren können, da sie höhere Preise erzielen können, wie sich eindrucksvoll auf vielen ausländischen Märkten zeigt. Auch in der Bundesrepublik Deutschland sind wir weit davon entfernt, dass bei einem freien Wettbewerb etwa die öffentlich-rechtlichen Sender die privaten aus dem Markt drängen würden. Die realen Marktgegebenheiten sprechen also eindeutig gegen die Existenz eines natürlichen Monopols. Zudem wäre das damit verbundene Argument des fehlenden Außenpluralismus nicht zutreffend, da es unzählige Möglichkeiten gibt, an entsprechende Informationen zu kommen; Meinungsvielfalt wäre selbst dann gewährleistet, wenn bspw. im linearen Fernsehen sich ein natürliches Monopol durchsetzen würde. Insofern fällt auch dieses Argument als Rechtfertigung weg.
Neben der Marktversagenstheorie, deren Tatbestände hier nicht vorliegen, werden zwei weitere Argumentationslinien für die Begründung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ins Feld geführt:
1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk würde als einziger entsprechende Qualitätsstandards auf diesem Markt gewährleisten. Die Beseitigung desselben würde demzufolge zu einem Absinken der Qualität führen.
2. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stellt sicher, dass bestimmte qualitativ hochwertige Sendungen produziert und gezeigt würden, was ansonsten mangels Nachfrage nicht geschähe.
Beide Aspekte gehen von einem paternalistischen Menschenbild aus: das Individuum hat „falsche“ Präferenzen, die es veranlassen, Sendungen minderer Qualität zu bevorzugen und sich von Sendungen höchster und hoher Qualität abzuwenden. Teilt man ein derartiges Menschenbild, dann ist die Bevormundung des Konsumenten folgerichtig. Geht man jedoch von selbstbestimmten und mündigen Individuen aus, dann sind diese beiden Argumente zurückzuweisen. Wenn der Konsument Sendungen mit hoher Qualität (hier stellt sich freilich gleich die Frage, was ist „hohe Qualität“? Muss Qualität nicht zwangsläufig kundenorientiert sein?) möchte, dann wird er diese nachfragen. So zeigt der amerikanische TV-Markt eindrucksvoll, dass Anbieter mit qualitativ hochwertigen Produktionen ohne Probleme am Markt existieren können.
Es gibt also in einer Marktwirtschaft, die von dem Menschenbild des mündigen Bürgers ausgeht, keine Rechtfertigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Lässt man einmal die rechtlichen Rahmenbedingungen, also die Gesetzeslage und die höchstrichterliche Rechtsprechung außen vor, die eine Absicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks garantieren, so wäre es einer Überlegung wert, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von einem Rundfunkbeitrag auf ein klassisches Nutzerentgelt umzustellen, wie dies etwa bei Sky Deutschland der Fall ist. Damit würde der öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einem Wettbewerb ohne Rettungsanker mit den privaten Anbietern eintreten, der sowohl Anreize zur Innovation als auch entsprechende Sanktionen etwa in Form des erzwungenen Marktaustritts bereithält.