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Die Trump-Täuschung

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Von Jorge Arprin (arprin) – Die Wahl von Donald Trump war zweifellos außergewöhnlich. Anschließend erwarteten viele auch eine außergewöhnliche Politik von ihm. Die ersten 100 Tage sind bald vorbei, und damit wird es Zeit, zu prüfen, ob wirklich ein neuer Wind im Weißen Haus weht oder ob sich die „Tyrannei des Status Quo“ durchgesetzt hat, wie Milton Friedman es nannte (seiner Meinung nach könne es nur in den ersten 100 Tagen zu großen Reformen kommen, danach sei bereits alles blockiert). Für seine Anhänger haben sich viele ihrer Träume nicht erfüllt. Die gescheiterten Versuche, Obamacare abzuschaffen oder ein Einreiseverbot für sieben islamischen Länder einzuführen, konnte man noch anderen zur Last legen, aber die Bombardierung Assads nach dem Giftgasangriff in Khan Sheykhun hat für einige das Fass zum Überlaufen gebracht. Sogar Milo, bis dahin treuer Trump-Anhänger, kritisierte ihn erstmals: “I’m as troubled by violence toward innocent children as the next sociopath, but those kids are only growing up to be oppressors of women and murderers of homosexuals anyway,” said Yiannopoulos in an email. “NO MORE POINTLESS FOREIGN WARS. This is not why people voted for Daddy.

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Die Trump-Täuschung

Von Jorge Arprin (arprin) – Die Wahl von Donald Trump war zweifellos außergewöhnlich. Anschließend erwarteten viele auch eine außergewöhnliche Politik von ihm. Die ersten 100 Tage sind bald vorbei, und damit wird es Zeit, zu prüfen, ob wirklich ein neuer Wind im Weißen Haus weht oder ob sich die „Tyrannei des Status Quo“ durchgesetzt hat, wie Milton Friedman es nannte (seiner Meinung nach könne es nur in den ersten 100 Tagen zu großen Reformen kommen, danach sei bereits alles blockiert). Für seine Anhänger haben sich viele ihrer Träume nicht erfüllt. Die gescheiterten Versuche, Obamacare abzuschaffen oder ein Einreiseverbot für sieben islamischen Länder einzuführen, konnte man noch anderen zur Last legen, aber die Bombardierung Assads nach dem Giftgasangriff in Khan Sheykhun hat für einige das Fass zum Überlaufen gebracht.

Sogar Milo, bis dahin treuer Trump-Anhänger, kritisierte ihn erstmals:

“I’m as troubled by violence toward innocent children as the next sociopath, but those kids are only growing up to be oppressors of women and murderers of homosexuals anyway,” said Yiannopoulos in an email. “NO MORE POINTLESS FOREIGN WARS. This is not why people voted for Daddy. It’s the opposite of why people voted for him.”

Die Kritik an Trumps Schlag gegen Assad richtete sich nicht nur an der Tatsache, dass er sich gegen ein Regime im Nahen Osten wandte, was er in seinem Wahlkampf quasi ausgeschlossen hatte, sondern an dem Zweifel, ob Assad wirklich für den Giftgasangriff verantwortlich ist. Ich würde nicht ausschließen, dass es andere Gruppen waren, aber die Ermittlungsarbeit spricht derzeit eher für Assads Täterschaft. Wer das mit der üblichen „Cui bono“-Frage verneint, sollte sich Trumps Aussagen bei Twitter, im Wahlkampf und als Präsident vergegenwärtigen: Trump forderte, dass es keine Interventionen mehr im Nahen Osten geben sollte, er sagte, dass das Ziehen einer Roten Linie dumm sei, dann forderte er, dass Obama das Überschreiten einer Roten Linie ignorieren sollte, im Wahlkampf kündigte er mehrfach an, sich mit Putin verständigen zu wollen, und zuletzt sagte sein Außenminister, dass man bereit wäre, in Syrien Assad an der Macht zu akzeptieren. Da kann Assad durchaus auf die Idee gekommen sein, mit einem Giftgasangriff durchzukommen.

Nun ist das Glas zwischen Trump und Putin zerbrochen. Die großen Medien, amerikanische Politiker des „Establishments“ und die Staatsoberhäupter lobten Trump, und Trump erklärte die NATO plötzlich für „nicht mehr obsolet.“ Jetzt will er sich auch in Ostasien engagieren, anstatt Amerikas Alliierte sich selbst zu überlassen. Aber das ist nicht alles. Auch sein Versprechen, China als „Währungsmanipulator“ zu brandmarken, hat er zurückgenommen, und dazu ist sein angeblicher „Mentor“ Steve Bannon bereits weg vom Fenster. Im Grunde hat er bis jetzt fast nichts gemacht, was Obama wirklich eine große Änderung zu Obama darstellt, sofern es nicht nur symbolisch war. Damit dürften sich sowohl die Hoffnungen der Trump-Anhänger als auch die Ängste der Trump-Gegner als verfrüht herausgestellt haben. Scott Sumner hat deshalb seine Prognosen für die Trump-Präsidentschaft geändert:

– Trump won’t significantly change our trade relationship with Mexico and China. China is not a “currency manipulator”.
– Trump won’t do anything significant to help blue-collar workers.
– Trump won’t repeal Obamacare, at best he’ll modify it.
– Trump won’t significantly change immigration policy.
– Trump won’t pay off the national debt.
– Trump won’t significantly improve the economy.
– Trump will hurt the GOP in the 2018 midterms.

Es ist natürlich noch zu früh, um diese Dinge mit Bestimmtheit vorauszusagen. Aber ich gehe derzeit davon aus, dass Trumps Präsidentschaft in der Tat weit mehr mit dem Status Quo zu tun haben wird als es eine Anhänger und Gegner erwartet hätten. Erstaunlicherweise könnte das sogar in der Außenpolitik gelten, falls Trump nicht doch einen Geheimplan parat hat, um sich doch noch mit Putin zu verständigen. Die Trump-Täuschung hat sicher gute Seiten, nämlich die dümmsten Punkte seiner Kandidatur. Wenn es keine neue Welle des Protektionismus und keine massive Hatz gegen illegale Hispanics gibt, ist das zu begrüßen. Aber ich hätte mir eine Abschaffung von Obamacare und eine Stärkung von Charter Schools im Bildungssystem gewünscht, doch die Interessengruppen sind so groß, dass man schon jetzt voraussehen kann, wie schwer bis unmöglich diese Reformen sein werden. Die „Tyrannei des Status Quo“ eben.

Die Trump-Gegner sollten im Nachhinein auch erkennen, wie absurd ihr kollektiver Anti-Trump-Orgasmus war. Die Furcht vor einem Putsch und einer Diktatur im Namen des als Teufel dargestellten Bannon ist schon jetzt ad absurdum geführt. Was ist während Hitlers Putsch passiert? Die Gewaltenteilung wurde aufgehoben, die oppositionellen Organisationen verloren massiv an Mitglieder und Einfluss, und in den Straßen gab es massive Gewalt gegen Hitler-Gegner. Was geschah nach Trumps Amtsantritt? Die Richter stoppten Trump gefühlt jeden zweiten Tag, die Aktivitäten der oppositionellen Organisationen explodierten (z.B. Spendenrekords für ACLU, Zunahme der Abonnenten der großen Zeitungen) und in den Straßen gab es zwar Gewalt, aber meistens gegen Trump-Anhänger (wie z.B. in Berkeley) – also das genaue Gegenteil. Trump mag als US-Präsident im Ausland tun dürfen was er will, innerhalb der USA ist er aber weit von einem Erdogan entfernt. Wir können davon ausgehen, dass Trump nicht lebenslang im Amt bleiben wird, sowie es der linke Comedian Bill Maher befürchtete.

Noch sind die ersten 100 Tage freilich noch nicht vorbei. Vielleicht irre ich mich, und vielleicht setzt Trump auch später während seiner Amtszeit wirklich auf einmal viele seiner Wahlversprechen um. Obama hat immerhin auch eine wichtige Sache durchgesetzt (Obamacare). Doch Trumps Ruf ist erstmal beschädigt. Spätestens nach der Bombardierung Assads ist er offiziell Mitglied des „Establishments“. Wer weiß, ob er nicht sogar eine Änderung an seinem am lautesten vorgetragenen Wahlkampfpunkt vornimmt – dem Thema Einwanderung. Die Trump-Verehrerin Ann Coulter sagte in ihrem Buch „In Trump We Trust“ zwar vielsagend: “There’s nothing Trump can do that won’t be forgiven … Except change his immigration policies.” Aber am Ende war es ja auch ausgerechnet Nixon, der Frieden mit China machte. Insofern sollten wir nicht ausschließen, dass ausgerechnet Trump eine sinnvolle Einwanderungsreform durchsetzt.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf arprin.

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