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Reclaiming the State

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BuchbesprechungWilliam Mitchell & Thomas Fazi: Reclaiming the State – A progressive Vision of Sovereignty for a Post-Neoliberal World, Pluto Press, London 2017Das “Brexit” Votum in Grossbritannien, die Wahl von Donald Trump als US-Präsident, die Verwerfung der Verfassungsreform der von Matteo Renzi geführten italienischen Regierung und die Legitimationskrise der EU mögen sich in Sachen Ideologie und ...

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Buchbesprechung

William Mitchell & Thomas Fazi: Reclaiming the State – A progressive Vision of Sovereignty for a Post-Neoliberal World, Pluto Press, London 2017


Reclaiming the State
Das “Brexit” Votum in Grossbritannien, die Wahl von Donald Trump als US-Präsident, die Verwerfung der Verfassungsreform der von Matteo Renzi geführten italienischen Regierung und die Legitimationskrise der EU mögen sich in Sachen Ideologie und Zielsetzung voneinander unterscheiden. 

Aber es handelt sich bei allen um eine Abfuhr der neoliberal geprägten Ordnung der Welt in den vergangenen 30 Jahren, heisst es in der Einleitung dieses neulich vorgelegten anspruchsvollen Buches.

Die Situation hat sich nach der Finanzkrise von 2008 durch die wirtschaftspolitischen Massnahmen, v.a. durch den rigorosen Sparkurs (fiscal austerity) und Lohnmässigung (wage deflation) sogar weiter verschlechtert. 

Privatisierung, Deregulierung und der Rückbau des sozialen Staates wurden mit noch mehr Energie fortgeführt, schreiben William Mitchell und Thomas Fazi mit Nachdruck weiter.

Vor diesem Hintergrund machen die Autoren reale Einkommensbussen der Mittelschicht als eine der treibenden Kräfte der populistischen Revolte in den fortentwickelten Volkswirtschaften aus.

Warum sind es aber die Rechte und die extreme Rechte, die sich aufbegehren? Warum war die Linke nicht in der Lage, der Arbeiterklasse eine glaubwürdige Alternative zum Neoliberalismus und der neoliberal gestalteten Globalisierung zu bieten?

Wie lässt sich der Niedergang der Linke erklären, die Lücke zu füllen, die die etablierte Linke hinterlassen hat?

Die Autoren erklären, dass die Linke davon überzeugt war, dass sie genug getan hat: sie hat so gehandelt als wären die Kräfte zugunsten der Arbeiterschaft verschoben und für einen Ausgleich zwischen Staat und Markt bereits gesorgt. 

Doch der Linke fehlte zudem auch das theoretische Werkzeug, auf die (kapitalistische) Krise in den 1970er Jahren angemessen zu reagieren, die das Keynesian-Modell mit in den Abgrund gerissen hatte. Die Linke hat sich daraufhin allmählich Themen wie Rassismus, Geschlechterkonflikt, Homophobie, Multikulturalismus etc. gewidmet.

Der Hauptgrund für den Aufstieg der rechtspopulistischen Bewegungen, die die westliche Welt gegenwärtig verschlingen, ist der Riss zwischen der arbeitenden Klasse und der intellektuell-kulturellen Linke, halten die Autoren als Fazit fest.

Als Ausweg stellen Mitchell und Fazi MMT (Modern Monetary Theory) in den Vordergrund, die die neoklassisch gestaltete Einrahmung der Wirtschaftsordnung ersetzen soll.

Die Annahme, dass Staaten einkommensbeschränkt sind, d.h. dass sie ihre Ausgaben durch Steuern oder wenn sie ein Haushaltsdefizit verbuchen, durch Schulden finanzieren müssen, ist einer der häufigsten und hartnäckigsten Mythen, argumentieren die Autoren.

Monetär-souveräne Staaten (d.h. Staaten, die ihre eigene Währung ausstellen) sind nie einkommensbeschränkt, weil sie durch das legislative fiat-System ihre eigene Währung ausgeben: eine zutreffende Aussage, die Mitchell und Fazi im Buch bei jeder Gelegenheit wiederholen.

Ausführlich vorgestellt wird die MMT im „Kapitel 8“, unter dem Titel, „eine Volkswirtschaft funktioniert nicht wie ein Privathaushalt“. Zur Erinnerung: Als Ausgangspunkt des fiat-currency-System gilt die Abschaffung des Goldstandards im August 1971 durch den damaligen US-Präsidenten Nixon.

Der wesentliche Träger der makroökonomischen Argumentationskette der Autoren ist der Ansatz der sektoralen Finanzierungssalden (sectoral financial balances), dem im Buch eine zentrale Rolle zukommt.

Als eine radikale Alternative sowohl zu rechten als auch zu neoliberalen Konzepten preisen die Autoren eine progressive Vision des Nationalstaats für die Konstruktion einer neuen "internationalistischen" Weltordnung, basierend auf voneinander abhängigen (interdependent), aber eigenständigen (independent) Nationalstaaten, an. 

Auch die Globalisierung soll dabei nicht durch die Überwindung, sondern durch die Stärkung der einzelstaatlichen Kompetenzen in fruchtbare und förderliche Bahnen gelenkt werden.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die Autoren begreifen den demokratischen Nationalstaat nicht im ethnischen, sondern im progressiven Sinne, als zentrale Plattform, sozioökonomische Fähigkeiten des Wohlfahrtstaates zu stärken.

Ein Staat, der seine eigene Währung ausgibt, kann brachliegende Arbeit erwerben und sie produktiv einsetzen. Die Kapazität dazu ist (in modernen fiat-money Volkswirtschaften) unbegrenzt. Ein zugeordnetes Stichwort ist Vollbeschäftigung. 

Und damit die demokratische Kontrolle der Wirtschaft gewährleistet ist, sollte eine fortschrittliche Vision der nationalen Souveränität darauf abzielen, den Nationalstaat als einen Ort zu rekonstruieren und neu zu definieren, wo die Bürger Zuflucht suchen können. 

Die Menschen wollen kein „big government“, aber einen kompetenten Souverän, eine gewisse öffentliche Autorität, die sie vor systemischen Risiken schützt, die ihnen von den Mächtigen auferlegt werden: sie weigern sich, zu sehen, warum grosse Unternehmen ihre Gewinne privatisieren sollten, währen die Verluste sozialisiert werden.

William Mitchell (Twitter: @billy_blog) ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Direktor des Zentrums für Vollbeschäftigung und Gleichstellung an der Uni von Newcastle, Australien. Er ist Autor verschiedener Bücher, darunter die „Eurozone Dystopia“ (Elgar, 2015). Er gilt als einer der führenden heterodoxen Ökonomen der Welt und seine Ideen wurden von der Labour Party übernommen.

Thomas Fazi (Twitter: @battleofeurope) ist Schriftsteller, Journalist, Übersetzer und Forscher. Seiner Artikel sind in zahlreichen Publikationen erschienen. Er ist der Autor des Buches „The Battle for Europe“ (Pluto, 2014).

Dieses Buch ist der scharfsinnigste Kritiker der gegenwärtig dominierenden neoklassisch geprägten ökonomischen Entwicklung in den grössten Industrieländern. Ein wertvolles, eindrücklich verfasstes Werk.

Reclaiming the State

William Mitchell & Thomas Fazi: Reclaiming the State, Pluto Press, 2017

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