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Accountability Bonds: Eine neue Art von Staatsanleihen

Summary:
Das OMT-Programm der EZB hat zu einer impliziten Solidarhaftung für Staatsschulden in Europa geführt. Die dadurch entstandenen Fehlanreize sollen entweder mit verstärkter politischer Kontrolle oder mit nachgelagerten Restrukturierungsprogrammen bei eine Insolvenz behoben werden. Dieser Beitrag schlägt einen dritten Weg vor: Accountabiliy Bonds. Diese verbinden Elemente der dezentralen Haftung mit einer Stärkung der politischen Koordination der Fiskalpolitik. Die Verschuldungskrise in der Eurozone hat gezeigt, dass die institutionelle Architektur der Europäischen Währungsunion reformbedürftig ist. Über die Frage, in welche Richtung diese Reformen weisen sollen, besteht jedoch Uneinigkeit. Gleichzeitig ist der Status quo instabil. Das OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) hat zur einer impliziten Solidarhaftung für Staatsschulden in Europa geführt. Dadurch sind die Zinslasten der hoch verschuldeten Staaten der Eurozone gesunken. Der Preis dieser Entlastung liegt darin, dass marktliche Anreize für eine disziplinierte Finanzpolitik weitgehend außer Kraft gesetzt worden sind. Dadurch besteht die Gefahr, dass einzelne Mitgliedstaaten ihre Staatsverschuldung erneut übermäßig ausdehnen – die Kosten der Überschuldung können durch die Solidarhaftung auf die Gemeinschaft der Mitgliedstaaten abgewälzt werden. Um dieser Gefahr entgegenzutreten, sind zwei Ansätze möglich.

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Das OMT-Programm der EZB hat zu einer impliziten Solidarhaftung für Staatsschulden in Europa geführt. Die dadurch entstandenen Fehlanreize sollen entweder mit verstärkter politischer Kontrolle oder mit nachgelagerten Restrukturierungsprogrammen bei eine Insolvenz behoben werden. Dieser Beitrag schlägt einen dritten Weg vor: Accountabiliy Bonds. Diese verbinden Elemente der dezentralen Haftung mit einer Stärkung der politischen Koordination der Fiskalpolitik. Die Verschuldungskrise in der Eurozone hat gezeigt, dass die institutionelle Architektur der Europäischen Währungsunion reformbedürftig ist. Über die Frage, in welche Richtung diese Reformen weisen sollen, besteht jedoch Uneinigkeit. Gleichzeitig ist der Status quo instabil. Das OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) hat zur einer impliziten Solidarhaftung für Staatsschulden in Europa geführt. Dadurch sind die Zinslasten der hoch verschuldeten Staaten der Eurozone gesunken. Der Preis dieser Entlastung liegt darin, dass marktliche Anreize für eine disziplinierte Finanzpolitik weitgehend außer Kraft gesetzt worden sind. Dadurch besteht die Gefahr, dass einzelne Mitgliedstaaten ihre Staatsverschuldung erneut übermäßig ausdehnen – die Kosten der Überschuldung können durch die Solidarhaftung auf die Gemeinschaft der Mitgliedstaaten abgewälzt werden. Um dieser Gefahr entgegenzutreten, sind zwei Ansätze möglich. Erstens kann man versuchen, den Fehlanreizen für exzessive Verschuldung durch verstärkte politische Kontrolle der Fiskalpolitik auf europäischer Ebene entgegenzutreten. In diese Richtung weisen Reformkonzepte, die von Seiten der Europäischen Politik vorgeschlagen werden, zuletzt der so genannte Fünf-Präsidenten-Bericht. Ein zentrales Problem dieses Ansatzes liegt darin, dass die Bereitschaft der Mitgliedstaaten begrenzt ist, auf das Recht einer eigenständigen Verschuldungspolitik zu verzichten. Der zweite Ansatz liegt darin zu versuchen, auf eine zentrale Kontrolle der Verschuldungspolitiken zu verzichten, die bestehende implizite Solidarhaftung aufzuheben und für den Fall einer Insolvenz einzelner Mitgliedstaaten vorzusehen, dass die Schulden restrukturiert werden und die Investoren einen Teil ihres Geldes verlieren. So würden die Anreize zu übermäßiger Verschuldung beseitigt. Länder mit unsolider Fiskalpolitik müssten damit rechnen, den Zugang zum Kapitalmarkt zu verlieren. Hier besteht das Hindernis darin, dass ein solcher Schritt, wenn er glaubwürdig wäre, in der aktuellen wirtschaftlichen Lage, mit mehreren hoch verschuldeten Mitgliedstaaten, zu einer Destabilisierung der Finanzmärkte führen würde. Mehrere Länder in der Eurozone würden vermutlich sehr schnell den Zugang zu Krediten verlieren.

Ein dritter Weg

Diese beiden Ansätze werden häufig als Alternativen und einander ausschließende Formen der fiskalischen Governance betrachtet. Wir halten diese Sicht für falsch. Wir schlagen vor, mit einer neuen Art von Staatsanleihen, die wir als "Accountabiliy Bonds" bezeichnen (Fuest und Heinemann (2015), Elemente der dezentralen Haftung mit einer Stärkung der politischen Koordination der Fiskalpolitik zu verbinden. Accountability Bonds sind nachrangige, nationale Staatsanleihen, die Klauseln enthalten, nach denen bei bestimmten Ereignissen Laufzeiten verlängert werden, Zinszahlungen ausfallen oder die Rückzahlung teilweise oder vollumfänglich entfällt. Sie sind in diesem Punkt vergleichbar mit Contingent Convertible Bonds (Cocos), die vor allem bei Banken eine wachsende Rolle spielen. Bei Cocos werden Bonds in bestimmten Situationen, beispielsweise wenn die Bank eine bestimmte Eigenkapitalquote unterschreitet, in Eigenkapital verwandelt. Dabei können sie einen Großteil ihres Wertes verlieren. Für einzelne Mitgliedstaaten ist es unattraktiv, Schulden durch die Ausgabe von Accountability Bonds zu finanzieren. Da die Ausfallwahrscheinlichkeit größer wäre als bei normalen Staatsanleihen, würde eine hohe Risikoprämie verlangt. Die Eigentümer der sonstigen ausstehenden Staatsanleihen hingegen würden entlastet, weil ihre Ansprüche im Vergleich zu einer Finanzierung der neuen Schulden durch herkömmliche Staatsanleihen sicherer werden. Staaten werden diese Anleihen daher nicht freiwillig verwenden. Der Vorschlag besteht nun darin, dass sich alle Mitgliedstaaten der Währungsunion verpflichten, neue Schulden dann mit Accountability Bonds zu finanzieren, wenn ihre laufenden Budgetdefizite die auf europäischer Ebene vereinbarten, zulässigen Budgetdefizite überschreiten. Für das, was als zulässiges Defizit definiert wird, gibt es unterschiedliche Referenzpunkte, die sich durch das Ausmaß an diskretionären Spielräumen für die Politik unterscheiden. Keinerlei Spielräume wären gegeben, wenn als Referenzgröße die Vereinbarung im Rahmen des Fiskalpaktes gewählt würde, nach der die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass ihr strukturelles Budgetdefizit 0,5% ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreitet (bzw. 1%, sofern ihr Schuldenstand geringer als 60% des BIP ist). Würde ein Land bei dieser Referenzgröße beispielsweise ein Budgetdefizit von 2,5% aufweisen, müsste es Accountability Bonds im Umfang von 2% des BIP emittieren und damit die überschießende Verschuldung finanzieren. Alternativ wäre es denkbar, das Mittelfristige Haushaltsziel als Referenzgröße zu verwenden. Der Nachteil der zuletzt genannten Referenzgröße besteht darin, dass für die Mitgliedstaaten erhebliche Anreize bestünden, auf die Festlegung des mittelfristigen Haushaltsziels politisch so Einfluss zu nehmen, dass es niemals zu einer Überschreitung kommt und die Budgetziele keine wirksame Beschränkung der Verschuldung bewirken. Welche Auslöser für Zahlungsausfälle bei Accountability Bonds wären vorzusehen? Beispielsweise könnten eine automatische Laufzeitverlängerung und ein Zinsmoratorium vorgesehen werden, wenn die Schuldenquote eines Landes 90% des BIP überschreitet. Bei einer Quote von 120% könnte ein Haircut um einen bestimmten Prozentsatz erfolgen, wenn das Land ein ESM-Programm antritt, könnten die Bonds vollständig verfallen. Diese Verluste wären kein "Credit Event", also kein unvorhergesehener Zahlungsausfall, sondern schlicht Eigenschaften des Kreditkontraktes zwischen Emittent und Käufer des Wertpapiers.

Abbau von Fehlanreizen, ohne Souveränitätsverzicht

Was würde mit Accountability Bonds erreicht? Fehlanreize in Richtung exzessiver Staatsverschuldung würden abgebaut, ohne mit einem inakzeptablen Souveränitätsverzicht im Hinblick auf die Fiskalpolitik einherzugehen. Länder, die ihre Verschuldung über die auf europäischer Ebene vereinbarten Grenzen hinaus ausdehnen, müssen die Kosten in Form erhöhter Risikoprämien selbst tragen – sie können sie nicht auf die Steuerzahler anderer Länder abwälzen, wie es wegen der impliziten Haftung bei herkömmlichen Staatsanleihen derzeit der Fall ist. Gleichzeitig wird die Bedeutung dieser Verschuldungsgrenzen gestärkt. Sie zu missachten, kostet Geld. Insofern stärkt das Konzept der Accountability Bonds sowohl die Disziplinierung der Fiskalpolitik durch Märkte als auch die Verbindlichkeit der politischen Regelbindung der Fiskalpolitik in der Eurozone. Die Einführung nachrangiger Staatsanleihen ist in anderen Konzepten vorgeschlagen worden, beispielsweise im Blue-Bond-Red-Bond-Konzept (Delpla und Weizsäcker (2010)) oder mit dem Sovereign Coco-Konzept von Mody (2013). Ein zentraler Unterschied zu unserem Vorschlag liegt darin, dass diese Konzepte sich auf den gesamten Bestand an Staatsanleihen beziehen, während wir an Stromgrößen ansetzen – dem jährlichen Budgetdefizit. Die Orientierung an Bestandsgrößen, verbunden mit einer schnellen Einführung der neuen Anleihen, beinhaltet die Gefahr einer Destabilisierung des Anleihenmarktes und schnell ansteigender Zinskosten. In unserem Ansatz würden sich Ausfallrisiken auf ein sehr enges Marktsegment beschränken. Deshalb wäre die Ankündigung, dass die Investoren bei Accountability Bonds tatsächlich haften, glaubwürdig, ohne sofort zu prohibitiv hohen Zinskosten zu führen. Politisch haben Accountability Bonds den Vorteil, die Investorenhaftung graduell und ohne größere Risiken für die Finanzmarktstabilität einzuführen. Außerdem bedeuten sie keine Entscheidung zwischen Marktdisziplinierung und politischer Koordination, sie stärken beide Elemente und eröffnen damit eine Perspektive, zu stabileren öffentlichen Finanzen im Euroraum zu kommen. Delpla, J. und Jakob von Weizsäcker (2010): "The Blue Bond Proposal", Bruegel Policy Brief 2010/03, Mai 2010. Fuest, C. und F. Heinemann (2015): "Accountability Bonds: Das Ausmaß der gemeinsamen Haftung eindämmen",EurActiv.de[ a ], 5. März 2015. Mody, A. (2013): "Sovereign debt and its restructuring framwork in the euro area", Bruegel Working Paper 2013/05, August 2013. ©KOF ETH Zürich, 9. Nov. 2015

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