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Zur Gefahr eines Handelskrieges

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Infolge der Globalisierung nahmen Welthandel und Wohlstand in den vergangenen Jahren in beispiellosem Maße zu. Dennoch mehren sich weltweit Stimmen, die mehr Protektionismus, also eine Wiedereinführung tarifärer wie nichttarifärer Handelshemmnisse zur Abschottung heimischer Industrien fordern. Aufgrund unweigerlich folgender Vergeltungsmaßnahmen betroffener Handelspartner könnten derartige Einschränkungen des Freihandels leicht eskalieren und in einem Handelskrieg münden. Gerade exportorientierte Volkswirtschaften könnten erhebliche Wohlfahrtsverluste erleiden. Ungebrochenes Wachstum des deutschen Außenhandels In dem Maße, in dem sich die aus der Finanzkrise 2009 entstandenen Ansteckungseffekte auf die Realwirtschaft abschwächten, stieg der deutsche Außenhandelsbilanzüberschuss

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Infolge der Globalisierung nahmen Welthandel und Wohlstand in den vergangenen Jahren in beispiellosem Maße zu. Dennoch mehren sich weltweit Stimmen, die mehr Protektionismus, also eine Wiedereinführung tarifärer wie nichttarifärer Handelshemmnisse zur Abschottung heimischer Industrien fordern. Aufgrund unweigerlich folgender Vergeltungsmaßnahmen betroffener Handelspartner könnten derartige Einschränkungen des Freihandels leicht eskalieren und in einem Handelskrieg münden. Gerade exportorientierte Volkswirtschaften könnten erhebliche Wohlfahrtsverluste erleiden.

Ungebrochenes Wachstum des deutschen Außenhandels

In dem Maße, in dem sich die aus der Finanzkrise 2009 entstandenen Ansteckungseffekte auf die Realwirtschaft abschwächten, stieg der deutsche Außenhandelsbilanzüberschuss kontinuierlich an. So schloss die Außenhandelsbilanz im Jahre 2016 mit einem Überschuss von 248,9 Mrd. €, ihrem bisherigen Höchstwert, ab, bevor der Saldo 2017 infolge einer relativ stärkeren Zunahme der Einfuhren um 1,6% marginal auf 244,9Mrd. € sank. Während die Exporte 2017 auf insgesamt 1.279,4 Mrd. € (+6,3% im Vergleich zum Vorjahr) stiegen, beliefen die Importe sich auf 1.034,6 Mrd. € (+ 8,3% gegenüber 2016). Wie schon in den Jahren zuvor erweist sich also nicht zuletzt der deutsche Außenhandel als eine der treibenden Kräfte hinter dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, welches 2017 preisbereinigt um 2,2% im Vergleich zum Vorjahr zunahm.

Die geographische Struktur des deutschen Außenhandels weist, wenig überraschend, einen starken europäischen Bezug auf. Zur Veranschaulichung: In die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) wurden 2017 Waren im Wert von 750 Mrd. € (+ 6,3% gegenüber 2016) exportiert. Importe aus diesen Ländern beliefen sich auf 682,5 Mrd. € (+ 7,9% im Vergleich zum Vorjahr). Auf die Mitgliedsstaaten der Eurozone entfielen dabei Warenexporte im Wert von 471,4 Mrd. € (+ 7,0% gegenüber 2016) bzw. Warenimporte im Wert von 459,4 Mrd. € (+ 7,2% im Vergleich zum Vorjahr). Exporte von Waren in die EU-Länder, die nicht der Eurozone angehören, summierten sich 2017 auf einen Wert von 278,7 Mrd. € (+ 5,1% im Vergleich zum Vorjahr), während im gleichen Zeitraum Waren im Wert von 223,1 Mrd. € (+ 9,5 % gegenüber 2016) von dort eingeführt wurden. In die Länder außerhalb der EU wurden 2017 Waren im Wert von 529,4 Mrd. € (+ 6,3% im Vergleich zu 2016) exportiert und Waren im Wert von 352,1 Mrd. € (+ 9,1% gegenüber dem Vorjahr) importiert.

Mit anderen Worten: Ungeachtet der (stetig zunehmenden) Bedeutung von Handelspartnern wie beispielsweise der Volksrepublik China, welche 2016 mit einem Handelsvolumen von €170,2 Mrd. € (Exporte plus Importe) erstmals Deutschlands wichtigster Handelspartner war, wurden nahezu zwei Drittel des deutschen Außenhandels (58,7% aller Exporte und 66,0% aller Importe) mit den geographisch von einer vergleichsweise geringen Entfernung profitierenden EU-Mitgliedsstaaten abgewickelt. Dies gilt insbesondere für Deutschlands zweitgrößten Handelspartner Frankreich mit einem Außenhandelsumsatz von 166,8Mrd. €. An dritter Stelle liegen – und dies untermauert die Bedeutung der Marktgröße für den Handel – die Vereinigten Staaten mit einem Außenhandelsumsatz in Höhe von €164,8Mrd.

Wachsende Skepsis gegenüber Freihandel

Einhergehend mit dem Wahlsieg des jetzigen US-Präsidenten Donald Trump nahmen die Forderungen nach einem Abbau des US-Handelsbilanzsaldos spürbar zu. Zwecks Erreichen dieses Ziels wurde das Einführen tarifärer Handelshemmnisse erwogen; so z.B. die erstmals bereits Anfang 2017 hervorgebrachte Drohung, Produkte europäischer Automobilhersteller mit einem Importzoll von bis zu 35% zu belegen.

Eine weitere Eskalationsstufe wurde im Februar 2018 erreicht: Mit der Überlegung der Vereinigten Staaten, auch die Einfuhren von Stahl und Aluminium zukünftig deutlich zu begrenzen, sowie den damit unweigerlich einhergehenden Reaktionen der betroffenen Handelspartner, schränken immer mehr Volkswirtschaften das freie Spiel der Märkte unnötig ein. Konkret empfiehlt das US-Wirtschaftsministerium nach Maßgabe eines von 1962 datierenden Gesetzes zum Schutz von Industrien, die „für die nationale Sicherheit relevant sind“, Zölle und Einfuhrquoten zu verhängen. Nach allgemeinem Verständnis gilt dies jedoch nur für Kriegszeiten. Im Falle von Stahl schlägt das Ministerium einen Importzoll in Höhe von 24% vor. Auf diese Art und Weise soll die Eigenproduktion der Vereinigten Staaten von gegenwärtig etwa 73% auf 80% erhöht werden.

Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner

Sofern das Ausland auf einen seitens des Inlands errichteten Importzoll seinerseits nun mit einem Vergeltungszoll reagiert, erhöhen sich die Wohlfahrtsverluste entsprechend. So hat die Volksrepublik China als Reaktion auf die seitens der Vereinigten Staaten ins Spiel gebrachten Importzölle auf Stahl und Aluminium bereits darauf hingewiesen, dass eine solche Maßnahme unweigerlich Reaktionen wie Handelsbeschränkungen für landwirtschaftliche Produkte, wie z. B. Soja, nach sich ziehen wird. Auch die Europäische Kommission bereitet konkrete Vergeltungsmaßnahmen vor. Sollte die US-Regierung Einfuhrzölle auf europäischen Stahl erheben, könnten im Gegenzug kurzfristig US-amerikanische Produkte mit entsprechenden Zöllen belegt werden, so beispielsweise Orangensaft, Motorräder und Bourbon.

Derartige Maßnahmen werden die aus den geringeren Handelsvolumina resultierenden Wohlfahrtverluste spürbar erhöhen. Darüber hinaus könnten sie sich rasch als Wegbereiter eines ausgewachsenen Handelskrieges erweisen, welcher droht, die bisherigen wohlfahrtsökonomischen Erfolge des freien Welthandels zunichte zu machen.

Nota bene: Die EU hält ihrerseits ebenfalls an Importzöllen fest. Dies betrifft insbesondere landwirtschaftliche Produkte, wie z.B. Milchprodukte aus Nicht-EU-Staaten, die zum Schutze der heimischen Industrie mit einem Einfuhrzoll in Höhe von durchschnittlich 54% belegt sind (siehe WTO, 2018). Anders ausgedrückt: Verbraucher in der EU zahlen für Milchprodukte mehr, als es in einem Freihandelsszenario der Fall wäre. Der Verlust an ökonomischer Wohlfahrt ist offensichtlich.

Fazit

Welthandel, und damit einhergehend ökonomischer Wohlstand, nahmen in den vergangenen Jahren in beispiellosem Maße zu. Dennoch ist in zahlreichen Volkswirtschaften, darunter auch solchen, die vor nicht allzu langer Zeit noch als treibende Kräfte der Globalisierung galten, dieser Tage eine verhängnisvolle Entwicklung in Richtung eines wiedererstarkenden Protektionismus zu beobachten. Doch jedwede Einschränkung des freien Spiels der Märkte anhand tarifärer oder nicht-tarifärer Handelshemmnisse sowie die darauf in der Regel folgenden  Vergeltungsmaßnahmen der betroffenen Handelspartner führen leicht in einen Handelskrieg und unweigerlich zu Wohlfahrtsverlusten. Freihandel hingegen erhöht die Wohlfahrt aller beteiligten Staaten: Die ökonomischen Vorteile der Gewinner übersteigen eindeutig die Nachteile der Verlierer. Gerade exportorientierten Volkswirtschaften sollte an einer nachhaltigen Stärkung des Freihandels gelegen sein. Sie wären bei einer Abkehr vom Freihandel die größten Verlierer.

 

©KOF ETH Zürich, 5. Mär. 2018

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