Tuesday , November 5 2024
Home / Ökonomenstimme / Die Bank – ein Auslaufmodell

Die Bank – ein Auslaufmodell

Summary:
Banken werden von der Politik immer noch als systemrelevant eingestuft. Dabei haben sie in der durch Corona ausgelösten neuen Krise ihre zunehmende Überflüssigkeit unter Beweis gestellt. Im Folgenden wird dieser Befund aus Sicht strukturpolitischer Kriterien beleuchtet.  „Ein Bankier ist ein Kerl, der Ihnen bei schönem Wetter einen Regenschirm leiht und ihn zurückverlangt, sobald es regnet.“ So jedenfalls soll es Mark Twain bereits im 19. Jh. gesehen haben. Dieser Spruch bewahrheitet sich erneut in der aktuellen Krise. Zahlreiche Unternehmen sind durch Umsatzeinbrüche in einer Liquiditätskrise. Helfen können wohl allein der Staat mit seiner KfW-Bank und die Förderinstitute der Länder. Wie ist dieses möglich, wenn doch die Europäische Zentralbank (EZB) alle Banken seit der Krise

Topics:
Ernst Mönnich considers the following as important:

This could be interesting, too:

Swiss National Bank writes 2024-11-04 – Data portal – Important monetary policy data, 4 November 2024

Cash - "Aktuell" | News writes Börsen-Ticker: SMI leicht vorne – Dollar gibt vor US-Wahlen nach – Ölpreise legen zu

finews.ch writes Christopher Hodge: «Trump bellt mehr, als er wirklich beisst»

finews.ch writes Langjährige Safra-Sarasin-Top-Bankerin wird CEO in Asien

Banken werden von der Politik immer noch als systemrelevant eingestuft. Dabei haben sie in der durch Corona ausgelösten neuen Krise ihre zunehmende Überflüssigkeit unter Beweis gestellt. Im Folgenden wird dieser Befund aus Sicht strukturpolitischer Kriterien beleuchtet.

 „Ein Bankier ist ein Kerl, der Ihnen bei schönem Wetter einen Regenschirm leiht und ihn zurückverlangt, sobald es regnet.“ So jedenfalls soll es Mark Twain bereits im 19. Jh. gesehen haben. Dieser Spruch bewahrheitet sich erneut in der aktuellen Krise. Zahlreiche Unternehmen sind durch Umsatzeinbrüche in einer Liquiditätskrise. Helfen können wohl allein der Staat mit seiner KfW-Bank und die Förderinstitute der Länder. Wie ist dieses möglich, wenn doch die Europäische Zentralbank (EZB) alle Banken seit der Krise 2008 mit unbegrenzter Liquidität versorgt? Ausdrückliche Begründung: Versorgung der Unternehmen mit Krediten zur Belebung der Wirtschaft. Zunächst wurde die aktuelle Kreditbazooka der deutschen Bundesregierung mit der Vorstellung avisiert, 10-20% des Kreditrisikos sollten die jeweiligen Hausbanken tragen. Eine Bonitätsprüfung hätte bis zur Insolvenz der Firmen gedauert. Auf Druck von Unternehmen und Banken wurde das Programm weitgehend auf 100%iges Staatsrisiko umgestellt. Die Mehrung virtuellen Geldes erfolgt weitgehend durch die EZB. Damit gibt es kaum noch Begründungen für ein System unabhängiger Privatbanken.

Was leisten Banken noch für die Volkswirtschaft?

Warum sind die Banken in einer Strukturkrise, von der niemand spricht? Mit Fourastié sprechen wir von einer Strukturkrise, wenn die Arbeitsproduktivität in einer Branche steigt und dies nicht durch eine mit dem Einkommen steigende Nachfrage ausgeglichen wird. Diese beiden Merkmale gelten für Banken seit ca. 30 Jahren (Pusse, Rupert 1984). Niemand braucht mehr als ein oder zwei Konten für seinen privaten Zahlungsverkehr. Die Arbeiten hierfür erledigt der Kunde online oder am Automaten. Das Geldabheben, von dem wir zunehmend Abstand nehmen, erledigen ebenfalls Automaten. Den Bonitätscheck für Kreditvergabe erledigen weitgehend darauf spezialisierte Unternehmen wie die Schufa. Eine wertmäßige Erfassung der Arbeitsproduktivität kann diese Rationalisierungswirkungen nicht erfassen, wie überhaupt die nur geschätzte Wertschöpfung der Banken dringend eines nachhaltig gültigen Maßstabs bedarf (Erber, Hagemann 2012, 22ff.) Die Erwirtschaftung von Zinsen auf Einlagen ist entfallen. Nur für riskante Auslandstermingelder werden Renditen geboten. Depotverwaltung ist für den normalen Privatkunden uninteressant, denn Banken wollen „ihre Produkte“ verkaufen. Indexfonds sind krisenbedingt ebenfalls keine gute Wahl. Am Absturz der Indizes haben aber Hedgefonds und einige Banken gut verdient. Diese Marktlage wird durch Corona um einige Jahre verlängert. Die letzte echte Aufgabe privater Banken war die Unternehmensfinanzierung. Nur Banken, die die Geschäftslage ihrer Kunden vor der Krise kannten und sich eine halbwegs zuverlässige Prognose für die kommenden Jahre trauen, erfüllen die notwendige Funktion des ‚Aasgeiers‘ oder ‚Terminators‘ im Wirtschaftsleben, die der Staat kaum übernehmen kann und deshalb zur Überforderung von Politik und öffentlichen Institutionen führt. Diesen Aufgaben und ihrer Möglichkeit zur sekundären Geldschöpfung auf eigenes Risiko haben sich die Banken aktuell weitgehend versagt. Statt gemeinsam Prüfpflichten der Krise angemessen zu gestalten, sind private Banken nur noch Vermittler staatlicher Kredite und erhalten Aufwandsentschädigung. Die bei den Banken vermutete Aufgabe, zwischen GeldanlegerInnen und Kreditsuchenden zu vermitteln, wird zunehmend von Investment- und Hedgefonds übernommen. Große und kleine Unternehmen werden durch Lohnkostenentlastung (Kurzarbeitergeld), Steuerverzichte und staatliche Überbrückungskredite am Leben erhalten.

Wider die kurzsichtige Strukturkonservierung

Wenn nun der Bund über eine Eigenkapitalbeteiligung – zunächst ohne geschäftlichen Einfluss – die Lufthansa ohne ein vorheriges Sanierungsverfahren retten soll, werden damit zugleich Bankkredite für ein Unternehmen einer Branche garantiert, dessen Strukturanpassungsbedarf seit der eintretenden Klimakrise bekannt war. Wenn nach Gewerkschaftsforderungen der Staat auch noch für den seit langem kriselnden Karstadt-Kaufhof Konzern den Retter für Arbeitsplätze – über die derzeitige Kurzarbeit hinaus – spielen soll, ergäbe dies neben der Bankensubvention auch noch eine Unterstützung eines Immobilienspekulanten. Strukturkonservierung ist kein sinnvolles Element einer zukunftsorientierten Konjunkturpolitik nach einer Krise. Vor einer Staatshilfe tut also ein geordnetes Verfahren zur Beteiligung von Unternehmensgläubigern not.
Um taumelnde DAX-Unternehmen kümmert sich der Bund. Kleine und mittlere Unternehmen als Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind dagegen eher in der Obhut der Länder. Wo diese, wie z.B. die Automobilzulieferer, nicht über die zu befürchtenden Abwrackprämien für die Autoindustrie mit stabilisiert werden, steigt der Lobbydruck auf die Bundesländer zur Existenzsicherung. Der Ratschlag, keine Beteiligung vor einer Sanierung oder Insolvenz, sollte auch für die Förderbanken der Bundesländer gelten. Wenn z.B. in Bremen der Bremen Fonds mit Eigenkapitalbeteiligungen den Retter in der Not mittelständischer und nicht gesamtsystemrelevanter Firmen spielen soll, so darf dies nur erfolgen, wenn vorher die kreditgebenden Banken und andere Gläubiger ihren Risikobeitrag geleistet haben.
Banken aber, die Renditen nur noch mit Eigengeschäften im Kasinokapitalismus erwirtschaften, benötigt unsere Volkswirtschaft nicht.

Erber, Georg, Hagemann, Harald (2012), Zur Produktivitätsentwicklung Deutschlands im internationalen Vergleich, Bonn

Pusse, Leo, Ruppert, Wolfgang (1984), Mittelfristige Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitsproduktivität im Kreditgewerbe: Tendenzen und betriebliche Maßnahmen, Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg

©KOF ETH Zürich, 11. Jun. 2020

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *