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Mehr fürs Geld dank starkem Franken

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In der Schweiz ist die Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ seit dem Jahre 2012 negativ. Für das laufende Jahr wird eine Teuerungsrate von -1,2% erwartet. Was sind die Ursachen, was die Konsequenzen? Quelle: wikimediahttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mall_culture_jakarta36.jpg – Jonathan McIntosh Seit der Entstehung des Papiergeldes zieht sich das Phänomen mittelfristig steigender Preise und Löhne wie ein roter Faden durch sämtliche Währungsräume. Viele Leute glauben, die Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ mache sie ärmer und beobachten deshalb die Geldentwertung mit Argwohn. Anders Ökonomen, sie sehen bei einer moderaten Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ von wenigen Prozenten pro Jahr keinen Grund zur Sorge. Ungemütlich wird es erst bei einer galoppierenden Geldentwertung. Das umgekehrte Phänomen der Deflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/deflation/, also ein generell sinkendes Preisniveau, klingt für Laien erfreulich, lässt jedoch viele Ökonomen zusammenzucken. Worin liegt aus ökonomischer Sicht das Problem der Deflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/deflation/? Ein wesentlicher Punkt betrifft die Zinsen.

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In der Schweiz ist die Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ seit dem Jahre 2012 negativ. Für das laufende Jahr wird eine Teuerungsrate von -1,2% erwartet. Was sind die Ursachen, was die Konsequenzen?

Mehr fürs Geld dank starkem Franken

Quelle: wikimediaMehr fürs Geld dank starkem Frankenhttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mall_culture_jakarta36.jpg – Jonathan McIntosh

Seit der Entstehung des Papiergeldes zieht sich das Phänomen mittelfristig steigender Preise und Löhne wie ein roter Faden durch sämtliche Währungsräume. Viele Leute glauben, die Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ mache sie ärmer und beobachten deshalb die Geldentwertung mit Argwohn. Anders Ökonomen, sie sehen bei einer moderaten Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ von wenigen Prozenten pro Jahr keinen Grund zur Sorge. Ungemütlich wird es erst bei einer galoppierenden Geldentwertung. Das umgekehrte Phänomen der Deflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/deflation/, also ein generell sinkendes Preisniveau, klingt für Laien erfreulich, lässt jedoch viele Ökonomen zusammenzucken.

Worin liegt aus ökonomischer Sicht das Problem der Deflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/deflation/? Ein wesentlicher Punkt betrifft die Zinsen. In einem Kreditvertrag wird der nominelle Zinssatz vereinbart. 3% Zins pro Jahr ist wenig, wenn die zu erwartende Geldentwertung pro Jahr 4% beträgt. Wenn die erwartete Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ jedoch negativ ist, dann sind 3% Zinsen viel. Die entscheidende Grösse ist daher der Realzins, also der Nominalzins nach Abzug der erwarteten Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/. Wenn also die erwartete Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ minus 2% beträgt, dann ist selbst bei einem Nominalzins von null der Realzins immer noch 2%. Eine weitere Senkung des Realzinses zur Ankurbelung der Wirtschaft ist de facto nicht mehr möglich.

Der zweite wesentliche Punkt betrifft den Arbeitsmarkthttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitsmarkt/. Deflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/deflation/ erhöht kontinuierlich die Kaufkrafthttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/kaufkraft/ von nominell vereinbarten Löhnen. Dieses Reallohnwachstum kann zu Arbeitslosigkeithttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/arbeitslosigkeit/ führen, wenn das Produktivitätswachstum nicht Schritt halten kann. Sinkende Preise müssen also nicht per se ein wirtschaftlicher Bremsklotz sein. Sie werden dann zum Problem, wenn sich in den Köpfen der Menschen Deflationserwartungen festsetzen. Mit anderen Worten, wenn es zu einer über längere Zeit anhaltende, von entsprechenden Erwartungen getragene Tendenz zu stets tieferen und noch tieferen Güterpreisen und Löhnen kommt.

Gefährlich ist eine Deflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/deflation/ besonders dann, wenn sie gepaart ist mit einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise wie im Fall der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre. Anfang der 1930er-Jahre erreichten die Preisrückgänge pro Jahr bis zu 10%. Vor den Arbeitslosenämtern bildeten sich Schlangen und das Bruttoinlandprodukthttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/bruttoinlandprodukt/ brach weltweit dramatisch ein. Dieser einseitige Fokus auf die grösste Wirtschaftskrise der Neuzeit greift jedoch zu kurz. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel hat die Phasen sinkender Preise seit 1870 genauer unter die Lupe genommen. Sie findet – abgesehen von der Grossen Depression – keinen systematischen Zusammenhang zwischen Deflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/deflation/ und dem Wirtschaftswachstum pro Kopf.

Beurteilung des aktuell sinkenden Preisniveaus in der Schweiz

Die Schweiz hat im Vergleich zum Ausland historisch eine tiefere durchschnittliche Inflationsrate (s. Grafik zur Inflationsentwicklung). Seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahre 2008 ist die Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ weltweit gesunken. In der Schweiz ist die Inflationhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/inflation/ seit dem Jahre 2012 negativ. Für das laufende Jahr beträgt die bedingte Inflationsprognose gemäss der jüngsten Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbankhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/nationalbank/ (SNB) -1,2%. Aufgrund des gesunkenen Ölpreises ist die Prognose gegenüber Juni nochmals gesunken. Bis 2017 soll die Jahresinflationsrate wieder in den positiven Bereich zurückkehren.

Thomas Jordan, der Präsident des Direktoriums der SNB, hat sich Ende August in einer Ansprache an der alljährlich stattfindenden Jackson Hole (USA) Konferenz der Zentralbanken aus aller Welt zu den Gründen der jüngsten Preisentwicklung in der Schweiz geäussert. Er weist darauf hin, dass die Preisentwicklung in einer kleinen offenen Volkswirtschafthttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/volkswirtschaft/ wie der Schweiz nicht unabhängig von globalen Preisschwankungen ist. Der Zusammenhang zwischen der Preisentwicklung in der Schweiz und im Rest der Welt ist heute stärker als noch in den 1970er, 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre.

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Schweizer und globale Inflationsrate. Quelle: Thomas Jordans Rede am 39. Economic Symposium in Jackson Hole.

Die Rolle des Wechselkurses früher und heute

Die starke Integration der hiesigen Wirtschaft in internationale Märkte macht den Wechselkurs in der Schweiz zu einer Schlüsselvariable. Seit der Aufhebung global fixer Wechselkurse im Jahre 1973 wertete der Schweizer Franken gegenüber einem handelsgewichteten Währungskorb (nomineller effektiver Wechselkurs) trendmässig auf. Bis im Jahre 2008 entsprach die Aufwertung in etwa der Differenz zwischen den Inflationsraten im Aus- und Inland. Die Aufwertung des nominellen Wechselkurses wirkte sich demnach kaum auf den realen Wechselkurs aus.

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Die Entwicklung von effektivem nominellem und realem Wechselkurs des Schweizer Frankens. Quelle: Thomas Jordans Rede am 39. Economic Symposium in Jackson Hole.

Die Finanz- und Schuldenkrise seit 2008 ist geprägt von erheblichen Kapitalflüssen hin zu Franken-Anlagen. Der Schweizer Franken dient Anlegern in wirtschaftlich unsicheren Zeiten als sog. «Safe Haven». Die expansive Tiefzinspolitik im Ausland hat zudem die Zinsdifferenz zwischen ausländischen und Franken-Anlagen quasi zum Verschwinden gebracht. Der wegfallende Zinsnachteil hat die Attraktivität des Frankens zusätzlich gesteigert. Dies hat die Aufwertung des Schweizer Franken weiter verstärkt und gemäss Jordans Worten zu einer Überbewertung geführt. Da die Aufwertung stärker war als sich durch die Inflationsdifferenz erklären lässt, war sie nicht nur nomineller sondern auch realer Natur (s. die steigende graue Kurve ab 2008 in obiger Grafik).

Bei einer derart deutlichen Aufwertung innert weniger Jahre kommt dem sog. Pass-through eine wichtige Rolle zu. Dieser gibt an, wie stark die Preise auf Wechselkursveränderungen reagieren. Untersuchungen weisen auf eine Erhöhung des Pass-through im Zuge der Aufwertungen gegenüber dem Euro in den Jahren 2010 und 2011 hin. Die gestiegene Kaufkrafthttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/kaufkraft/ des Frankens im Ausland hat die Preise von importierten Gütern und Dienstleistungen seit 2008 jährlich um 1,6% sinken lassen.

Die aktuell beobachtete negative Inflationsrate in der Schweiz ist Jordan zufolge neben dem erwähnten Einfluss der fallenden Ölpreise denn auch auf die abrupte Wechselkursaufwertung zurückzuführen. Bei beidem, den fallenden Ölpreisen wie der Frankenaufwertung, handelt sich um vorübergehende Phänomene, die nicht auf einen Trend in Richtung einer längerfristig negativen Preisentwicklung hinweisen. Dieser Befund wird bekräftigt durch die Inflationserwartungen, die Jordan nach wie vor im positiven Bereich verankert sieht.

Zum Thema:

David Staubli, Ökonom, MSc der Universität Basel, Doktorand und Lehrassistent an der Universität Lausanne.

Dies ist ein Gastbeitrag. Inhaltlich verantwortlich ist der jeweilige Autor, die jeweilige Autorin.

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