Photo: Eric Koch/Anefo from Wikimedia Commons (CC 0) Wie steht es eigentlich um die Ordnungspolitik in Deutschland? Also eine Politik, die Rahmen setzt und nicht direkt in die Wirtschaftsabläufe eingreift. Walter Eucken und die Freiburger Schule stehen dafür, was die theoretischen Grundlagen betrifft. Eucken und seine Mitstreiter glaubten an die Marktwirtschaft und den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. Um dies zu gewährleisten schuf Eucken eine Ordnungsarchitektur, die er „Interdependenzen der Ordnung“ nannte. Es ging ihm darum, wirtschaftliche Macht durch Wettbewerb zu begrenzen. Euckens Sorge war, dass die Machtkonzentration in der Wirtschaft sonst die Politik zum Negativen verändert. Die einzige Macht, die Eucken akzeptierte, war die Macht des Konsumenten. Darin kommt Euckens
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Wie steht es eigentlich um die Ordnungspolitik in Deutschland? Also eine Politik, die Rahmen setzt und nicht direkt in die Wirtschaftsabläufe eingreift. Walter Eucken und die Freiburger Schule stehen dafür, was die theoretischen Grundlagen betrifft. Eucken und seine Mitstreiter glaubten an die Marktwirtschaft und den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. Um dies zu gewährleisten schuf Eucken eine Ordnungsarchitektur, die er „Interdependenzen der Ordnung“ nannte. Es ging ihm darum, wirtschaftliche Macht durch Wettbewerb zu begrenzen. Euckens Sorge war, dass die Machtkonzentration in der Wirtschaft sonst die Politik zum Negativen verändert. Die einzige Macht, die Eucken akzeptierte, war die Macht des Konsumenten. Darin kommt Euckens gesellschaftliche Prägung in der Weimarer Republik zum Ausdruck. In den Zwischenkriegsjahren waren Abschottung durch Zölle und eine Industriepolitik, die Kartellbildungen und Monopole förderte, die vorherrschende Wirtschaftspolitik.
Im Nachkriegsdeutschland der jungen Bundesrepublik war Ludwig Erhard die prägende Kraft. Erhard, der in dieser Woche Geburtstag hatte, übersetzte die Gedanken Euckens in praktische Politik. Seine herausragende Leistung war nicht die Einführung der D-Mark. Dies wurde unter amerikanischer Führung von Edward A. Tenenbaum auf dem Militärstützpunkt Rothwesten bei Kassel im Geheimen vorbereitet und am 20. Juni 1948 eingeführt. Erhards Leistung war die Preisfreigabe. Sie war höchst umstritten. Die Amerikaner wollten sie nicht, die Gewerkschaften und die SPD erst recht nicht. Sie befürchteten ein Chaos durch die dann steigenden Preise. Erhard erfuhr erst kurz vorher von der anstehenden Währungsreform. Er nutzt dieses Ereignis, um am Abend des 20. Juni in einer Radioansprache gleichzeitig auch die Preisbindung aufzuheben. Die Rationierung für Haushaltswaren, Autos, Energie, Maschinen, Textilien und vieles andere mehr wurde beendet. Die Befürchtungen der Kritiker stellten sich nicht ein. Stattdessen sorgte dieser frische Wind für einen langanhaltenden Aufschwung, der später als „Wirtschaftswunder“ in die Geschichte einging.
Nicht ganz so erfolgreich, aber dennoch prägend für das Nachkriegsdeutschland war Erhards Kampf für eine Wettbewerbsordnung. Das Kartellamt, die Monopolkommission und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sind heute noch prägende Institutionen Erhardscher Politik. Auf europäischer Ebene ist mit der Generaldirektion Wettbewerb in der EU-Kommission ebenfalls eine Wettbewerbsaufsicht geschaffen worden, die dieser Tradition folgt.
Umso bemerkenswerter ist es, wenn Erhards Nachfolger im Amt, Peter Altmaier, dieser Tradition nicht mehr verpflichtet scheint. Mit seiner nationalen Industriestrategie hat er dies bereits gezeigt. Im globalen Wettbewerb müssten deutsche Unternehmen größer werden, um mit China und Amerika mithalten zu können. Nicht mehr der Konsument und Verbraucher steht dabei im Mittelpunkt, sondern das große Ganze. Eine Art Wirtschaftsnationalismus kommt darin zum Ausdruck. Es ist so ein bisschen wie Trump, wenn er seine Wirtschaftspolitik zelebriert: Wir gegen die. Dafür gibt es viele Gründe. Doch keiner dieser Gründe hat mit dem Konsumenten und Verbrauchern zu tun. Sie bezahlen diese Strategie mit höheren Preisen und Machtkonzentration in der Wirtschaft. Bislang haben die europäischen Wettbewerbsregeln dies jedoch verhindert – bislang. Jetzt startet Altmaier gemeinsam mit seinen französischen, italienischen und polnischen Kollegen eine Initiative auf europäischer Ebene, um Zusammenschlüsse nationaler und europäischer Champions leichter zu ermöglichen und feindliche Übernahmen verhindern zu können. Wenn andere Länder, gemeint ist China, ihre eigenen Märkte abschotten und gleichzeitig global agieren können, dann müssen auch heimische Unternehmen geschützt werden, so der Glaube.
Altmaier denkt groß, aber dennoch falsch. Nicht das Abschotten und die Monopolisierung sollte vom Staat gefördert werden, sondern der freie Handel. Eine Regierung, erst recht der Wirtschaftsminister, sollte die Industrie im eigenen Land nicht pampern und in Watte packen, sondern dafür streiten, dass andere Länder sich öffnen. Hier gibt es viel zu tun, wenn man alleine zur Welthandelsorganisation WTO schaut, die derzeit von den USA lahmgelegt wird. Warum kämpft Peter Altmaier nicht an vorderster Front, wenn es darum geht, das China seine Märkte weiter öffnet?
Man würde sich von Altmaier einmal die Prinzipientreue und Klarheit eines Ludwig Erhards wünschen. Bereits 1949 sagte er: „Wir streben im Außenhandel die größtmögliche Freiheit an, um in ihm den allen Völkern zum Segen gereichenden Grundsatz der internationalen Arbeitsteilung wieder zur Geltung zu bringen. Wir schwören ab allen offenen und versteckten Mitteln eines Dumpings, dem Missbrauch der Handels-, Zoll- und Währungspolitik zur Erschleichung außenhandelspolitischer Vorzugspositionen…“. Das sind zeitlose Prinzipien, die einer Regierung auch heute noch sehr gut zu Gesichte stünden – zum Wohl Deutschlands und der Europäischen Union!