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Christian Müller

Christian Müller

Christian Müller berät das Eidgenössische Finanzministerium und ist Privatdozent an der Jacobs University Bremen. Er hat in Deutschland, Grossbritannien und Schweden Volkswirtschaftslehre und Ökonometrie studiert, an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert und habilitierte sich an der Jacobs University Bremen.

Articles by Christian Müller

Wissen in der Volkswirtschaftslehre

February 5, 2019

Angesichts der Individualität und Unberechenbarkeit der Menschen ist eine immer gültige Aussage zum Funktionieren der Wirtschaft kaum möglich. Entsprechend behutsam sollten Ökonominnen und Ökonomen bei der Vermittlung ökonomischen «Wissens» vorgehen.
«Give me a one-handed Economist. All my economists say ‘on the one
hand … on the other’…»[ 1 ]
, soll Harry Truman einmal
ausgerufen haben. Trumans Frustration ist gewiss verständlich angesichts
der für Laien kaum überschaubaren Vielfalt ökonomischer Analysen,
Schlussfolgerungen und Empfehlungen zu faktisch jedem Thema, sei es die
EZB-Politik, Mindestlohn, Globalisierung, Privatisierungen, Steuern,
Wohnungsbau usw. Im Vergleich dazu ist die Landung auf der Rückseite des Mondes
eine geradezu einfache, oder genauer, eine relativ

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Kritik ohne Kritiker – das seltsame Lob des ökonomischen Mainstreams

August 9, 2017

Die Mainstream-Ökonomik sieht sich in der Kritik und kritisiert wiederum die Kritiker. Doch diese bleiben erstaunlich namenlos und verteidigt werden vor allem die Methodik und ihre
mathematische Modellierung. Dabei ist auch die Mainstream-Ökonomik an sich schon weiter, wie dieser Beitrag zeigt.
In den letzten Wochen erschienen
in der gedruckten deutschen Presse und in diversen Online-Foren mehrere
Beiträge von Volkswirten, die alle die Absicht verfolgen, den ökonomischen "Mainstream" gegen Kritik in Schutz zu nehmen. Die Ökonomenstimme hat zuletzt
Dirk Niepelt (4. August 2017) das Wort gegeben.[ 1 ]
Der augenfällige Anlass für die
Verteidigung der Volkswirtschaftslehre sind die anhaltenden Nachwirkungen der
Finanzmarktkrise, die auch die Frage nach theoretischen Erklärungen für

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Von Nichts kommt nichts – auch nicht Geld

May 18, 2017

Wer erschafft Geld? Die Zentralbanken anscheinend nicht, wie dem Monatsbericht April 2017 der Deutschen Bundesbank zu entnehmen ist. Doch aus dem Nichts kommt das Geld auch nicht, wie dieser Beitrag zeigt.
Geschäftsbanken schaffen "Geld aus dem Nichts" tönt es
derzeit allenthalben mal staunend, mal anklagend, mal triumphierend. Mit Schuld
an dem Aufschrei hat die Deutsche Bundesbank, die in ihrem Monatsbericht vom
April 2017 offiziell Abschied genommen hat von der Idee, dass Zentralbanken
unser Geld erschaffen. Allerdings ist die Behauptung, Geld entstünde "aus dem
Nichts" mindestens ebenso falsch, wie die Geschichte, dass Banken lediglich das
Geld der braven Sparer in Kredite verwandeln.
Im Zuge der Finanzmarktkrise explodierte das Interesse am
Funktionieren des Geldsystems in der Hoffnung, die Krise besser verstehen zu
können. Es ist das Verdienst der Bank of England mit Aufsätzen und
Videomaterial, eine (wieder) moderne Sicht auf die Geldschöpfung verbreitet zu
haben (Bank of England, 2014). Die Bundesbank hat sich im April diesem Trend
angeschlossen.
Gleich am Anfang räumt die Bundesbank mit einem Irrglauben
auf, wenn sie schreibt "die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben und Geld
zu schaffen, [hängt] nicht davon ab, ob sie bereits über freie
Zentralbankguthaben oder Einlagen verfügen" (S.15).

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Der “neue Methodenstreit” – eine Lucas-Kritik

September 29, 2016

Zu den Auswirkungen der Finanzmarktkrise gehört
fraglos auch die Debatte über die Notwendigkeit einer fundamentalen
Neuorientierung der Volkswirtschaftslehre und innerhalb dieser vor allem eine
Reform der Makroökonomie. Die Ökonomenstimme hat in diesem Zusammenhang
mehrere Beiträge veröffentlicht, von denen einige unter der Rubrik der "neue
Methodenstreit" firmieren. Dieser Beitrag analysiert die
dominierende Methodik mit Hilfe der Lucas-Kritik.
In seiner berühmten Kritik der ökonometrischen
Politikevaluation seiner Zeit läutete Robert Lucas im Jahr 1976 das Ende des
damals vorherrschenden Keynesianismus ein. Mit seiner scharfsinnigen und bis
heute gültigen Analyse der damaligen Methode inspiriert und beeinflusst er bis
heute die Theoriebildung in der Makroökonomie.
Die wichtigste Einsicht Lucas’ besteht darin, dass
jedwedes theoretische Modell einer Volkswirtschaft auch für sich selber
Gültigkeit besitzen muss. Für die keynesianischen Makromodelle seiner Zeit traf
dies oft nicht zu, da etwa Inflationserwartungen nicht innerhalb von Modellen
für die Inflation modelliert wurden. Lucas verlangt dagegen, dass die Annahmen
des Modells über das Verhalten eines Menschen im Rahmen des Modells so gewählt
werden müssen, dass sie nicht im Widerspruch zu den Modellergebnissen stehen.

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Unsicherheit: Ursache, Wirkung und Krisenpolitik

June 8, 2016

In der Ökonomie ist
derzeit viel von Unsicherheit und ihren meist negativen Auswirkungen die Rede. Doch was genau
zu dieser Unsicherheit führt, wird dabei oftmals ausser Acht gelassen, wie dieser Beitrag zeigt.
"Zu welchem Zins
werden Anleihen in zwanzig Jahren gehandelt?", fragte Keynes rhetorisch um gleich darauf die
Antwort zu geben: "Wir wissen es einfach nicht." (Keynes 1937, S. 213f) Mit
seinem Beispiel wollte Keynes auf die Tatsache hinweisen, dass es eine Form von
Unsicherheit gibt, die sich nicht durch nackte Zahlen zähmen lässt. Ökonomen
fragen sich heutzutage immer öfter, was die ökonomisch optimale Antwort auf
Unsicherheit ist. Gleichzeitig und interessanter Weise wird bislang kaum
darüber nachgedacht, was die Ursachen für Unsicherheit sind. Das ist umso
erstaunlicher, als dass das Wissen um die Ursachen potentiell wichtige Hinweise
für den richtigen Umgang mit ihr geben könnte. Im Folgenden wird argumentiert,
dass die Suche sowohl nach Ursache als auch nach Wirkung von Unsicherheit fast
zum gleichen Ergebnis führt und vielleicht einen Weg aus der Wachstumskrise
weist.
In der Ökonomie wird
unterschieden zwischen deterministischen und zufälligen Ereignissen.
Deterministische Ereignisse lassen sich vollständig auf mechanistische Weise
beschreiben.

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Entwicklungszusammenarbeit ist eine Erfolgsgeschichte

January 29, 2016

Die Entwicklungshilfe, oder Entwicklungszusammenarbeit steht nicht erst seit Jörg Königs (2015) ernüchternder Übersichtstudie im Zeichen fundamentaler Kritik. Zu Unrecht, wie dieser Beitrag zeigt. Wird Entwicklungshilfe nämlich als das betrachtet, was sie eigentlich darstellt, eine Spielart der Aussenpolitik, fällt die Bilanz wesentlich günstiger aus.
Generationen von Entwicklungsökonomen haben sich den Kopf darüber zerbrochen, wie effiziente Entwicklungshilfe gestaltet werden muss. Analysiert wurden die Bedingungen der Zahlungen, Formen der Kooperation, Branchen, in die investiert wird, politische, soziale, kulturelle, ethnische, religiöse Rahmenbedingungen, Interessenbindungen der Akteure und vieles mehr. Entsprechend kreativ sind Entwicklungshilfeprojekte angelegt; immer in der Hoffnung auf positive Resultate.
Das Ergebnis ist allerdings ernüchternd. Gemäss Jörg König sind seit 1960 weltweit 5000 Milliarden Dollar in die Entwicklungshilfe geflossen, doch der Effekt ist bestenfalls nicht negativ. Ökonomen sollte das allerdings nicht überraschen, sind die grundlegenden Argumente gegen Entwicklungshilfe doch recht lange bekannt (Keynes, 1929, Myrdal, 1957). Nichtsdestotrotz erfährt die Diskussion auch durch den Nobelpreis 2015 für den Entwicklungsökonomen Angus Deaton eine Renaissance.

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