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Freie Rente für alle!

Summary:
Die Bundesbank schlägt in ihrem jüngsten Monatsbericht vor, das Rentenalter auf 69 Jahre zu erhöhen. Es ist eine gezielte Provokation in Richtung Andrea Nahles und Sigmar Gabriel. Die beiden Sozialdemokraten haben bislang alles dafür getan, die 2006 unter Gerhard Schröder und Franz Müntefering eingeführte Rente mit 67 auszuhöhlen. Ob die Strategie der heutigen SPD-Führungsriege klug ist, sei dahingestellt. Immerhin lag die SPD in Umfragen damals bei respektablen 28 Prozent. Heute wäre Gabriel froh, wenn er solche Ergebnisse vorweisen könnte. Die Bundesbanker wollen die Rente mit 69 zwar erst im Jahr 2060 realisieren, also 30 Jahre später als „Münte“, aber dennoch rückt die Bundesbank die Probleme der umlagefinanzierten Rente wieder in den Blickpunkt. Immer mehr ältere Menschen beziehen immer länger Rente und immer weniger junge Menschen zahlen in das System ein. Während ein Rentner, der 1960 in Rente ging eine durchschnittliche Rentenbezugsdauer von 13,5 Jahren hatte, sei diese im Jahr 2011 auf 19 Jahre gestiegen. Die relative Rentenbezugsdauer – das Verhältnis von Rentenbezugszeiten zu Beitragszeiten – stieg in diesem Zeitraum sogar von 30 auf 42 Prozent. Ohne Korrekturen prognostiziert die Bundesbank einen Anstieg des Beitragssatzes von 18,7 auf 24 Prozent.

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Die Bundesbank schlägt in ihrem jüngsten Monatsbericht vor, das Rentenalter auf 69 Jahre zu erhöhen. Es ist eine gezielte Provokation in Richtung Andrea Nahles und Sigmar Gabriel. Die beiden Sozialdemokraten haben bislang alles dafür getan, die 2006 unter Gerhard Schröder und Franz Müntefering eingeführte Rente mit 67 auszuhöhlen. Ob die Strategie der heutigen SPD-Führungsriege klug ist, sei dahingestellt. Immerhin lag die SPD in Umfragen damals bei respektablen 28 Prozent. Heute wäre Gabriel froh, wenn er solche Ergebnisse vorweisen könnte.

Die Bundesbanker wollen die Rente mit 69 zwar erst im Jahr 2060 realisieren, also 30 Jahre später als „Münte“, aber dennoch rückt die Bundesbank die Probleme der umlagefinanzierten Rente wieder in den Blickpunkt. Immer mehr ältere Menschen beziehen immer länger Rente und immer weniger junge Menschen zahlen in das System ein. Während ein Rentner, der 1960 in Rente ging eine durchschnittliche Rentenbezugsdauer von 13,5 Jahren hatte, sei diese im Jahr 2011 auf 19 Jahre gestiegen. Die relative Rentenbezugsdauer – das Verhältnis von Rentenbezugszeiten zu Beitragszeiten – stieg in diesem Zeitraum sogar von 30 auf 42 Prozent. Ohne Korrekturen prognostiziert die Bundesbank einen Anstieg des Beitragssatzes von 18,7 auf 24 Prozent. Die steigenden Lasten für die Steuerzahler lassen sich auch im jüngsten Finanzbericht von Finanzminister Schäuble ablesen. Der jährliche Zuschuss aus dem Bundeshaushalt für die Rentenkasse steigt kontinuierlich an und wird von heute 86 Mrd. Euro auf über 100 Mrd. Euro im Jahr 2020 ansteigen.

Sowohl Bundesbank als auch Bundesregierung wollen etwas erhalten, was so nicht erhaltenswert ist. Nicht das Rentenversicherungsystem muss um jeden Preis erhalten werden, sondern die Bürger müssen in die Lage versetzt werden, im Alter ein existenzsicherndes Einkommen zu beziehen. Das muss der Anspruch einer Gesellschaft sein. Das setzt nicht nur ein einfaches Herumdoktern an der Rentenformel voraus, sondern eine grundsätzliche Reform des Einkommensteuer- und Sozialversicherungssystems. Nur wer in der Lage ist, selbst vorzusorgen, ist unabhängig und frei. Heute sind Arbeitnehmer und viele Selbstständige aber zwangsversichert in einem zentralistischen Kollektivsystem ohne Ausweg. Sie sind Gefangene der Politik und ihrer Willkür. Fällt der Regierung morgen oder übermorgen ein, dass das Renteneintrittsalter erhöht oder die Rente gesenkt werden muss, kann der Einzelne nichts dagegen machen.

Im bestehenden Kollektivsystem ist die Kritik von Andrea Nahles an der Rente mit 67 jedoch nicht ganz unberechtigt. Natürlich kann nicht jeder Arbeiter oder Handwerker bis 67 Jahren schwere körperliche Arbeit verrichten. Aber gleichzeitig ist die Kritik Nahles’ wiederum auch falsch. Selbstverständlich gibt es Menschen, die freiwillig bis 67 Jahre oder länger arbeiten wollen, weil es sie erfüllt und sie gerne arbeiten.

Zentrale Organisationen nehmen auf den Einzelfall keine Rücksicht. Es gibt aber nicht den Standardrentner, der mit 65 den Griffel fallen lässt und nur noch auf Urlaubsreisen geht oder seinen Garten hütet. Jeder ist anders. Jede berufliche Biographie ist anders. Selbstständigkeit, Erziehungszeiten, abhängige Beschäftigungsverhältnisse, Auslandsaufenthalte, körperliche und nichtkörperliche Arbeit wechseln sich ab. Deshalb sind auch die Wege zu einer ausreichenden Altersvorsorge individuell anders. Der eine zahlt ein Leben lang in die gesetzliche Rentenversicherung ein, ein anderer nur einige Jahre und sorgt anders vor.

Warum soll ein Rentenversicherungssystem beide daran hindern, bereits mit 60 die gesetzliche Rente zu beziehen? Warum soll ein Rentenversicherungssystem und ein Tarifsystem, das Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften geschaffen haben, Arbeitnehmer daran hindern, bis 69 oder sogar 70 zu arbeiten? Nur um das System der gesetzlichen Rente zu retten? Was macht das für einen Sinn? Es ist doch kein Selbstzweck. Die Regierung und der Staat müssen dem Bürger dienen und nicht umgekehrt.

Das Rentenversicherungsystem muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Jeder soll dann in Rente gehen können, wenn er oder sie das will. Die Probleme der Demographie müssen anders gelöst werden. Zum jeweiligen individuellen Renteneintritt müssen die Demographiefaktoren der Alterskohorte berücksichtigt werden, unabhängig davon, in welchem Alter der Einzelne in Rente gehen möchte. Das bedeutet: wer heute in Rente geht, hat durchschnittlich eine geringere Lebenserwartung als jemand der in 30 Jahren in Rente geht. Gleichzeitig bezieht er früher seine Altersrente. Auch können in 30 Jahren weniger junge Menschen die Rente des dann in Rente gehenden bezahlen. Dies muss alles zum jeweiligen Zeitpunkt des Rentenbeginns berücksichtigt werden. Das ist kein Hexenwerk, sondern Mathematik und kann individuell berechnet werden.

Wer dem Sozialstaat nicht zur Last fällt, sondern durch private, berufliche und gesetzliche Rente und Altersvorsorge ausreichend vorgesorgt hat, kann in diesem Modell zu jedem Zeitpunkt seine Rente beziehen. Er soll sogar unbegrenzt hinzuverdienen können, um seine künftige Rente entsprechend erhöhen zu können. Hände weg von der Einheitsrente für den Einheitsrentner im umfassenden Versorgungsstaat. Freie Rente für alle!

Erstmals veröffentlicht auf Tichys Einblick.

Frank Schäffler
1997 bis 2010 selbstständiger Berater für die Marschollek, Lautenschläger und Partner AG (MLP), Wiesloch Seit 1987 engagiert in der Lokal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen als Mitglied der FDP 2005 – 2013 Abgeordneter des Deutschen Bundestages Schäffler ist sehr verbunden mit dem freiheitlichen Denken in der Schweiz und ist daher in economicblogs.ch

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