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Wo zum Teufel liegt Manchester?

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Von Stefan Blankertz – Wer Liberalisierung und Privatisierung als Mittel zur Überwindung von Wirtschaftskrisen herausstellt, wird schnell in ganz bestimmter Weise diffamiert. Man wird als Verfechter der »Manchester-Ökonomie« bezeichnet – und es ist ja bekannt, dass dies übelster »Ellbogenindividualismus« ist. So reden sie alle, die Rechten und die Linken, die Konservativen und die Sozialdemokraten. Wer sich mit den Manchester-Ökonomen in historischer Perspektive befasst, stößt jedoch auf ein zunächst kurios erscheinendes Faktum: Das Subjekt, das sie mit ihrer Theorie ansprechen wollten, waren in vielen Fällen Arbeiterschaft und Unterprivilegierte. Und sie erreichten es auch. Eine breite Massenbewegung, die von den sog. »Manchester-Ökonomen« Richard Cobden und John Bright geführte »Anti Corn Law League«, brachte 1846 die Elend und Hunger verursachenden, zum Schutz des Landadels bestehenden Kornzölle zu Fall. Die Manchester-Ökonomin und Feministin Josephine Butler focht mit der »Personal Rights Association« für die Rechte der Prostituierten gegen die Viktorianische Heuchelei.

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Wo zum Teufel liegt Manchester?


Von Stefan Blankertz – Wer Liberalisierung und Privatisierung als Mittel zur Überwindung von Wirtschaftskrisen herausstellt, wird schnell in ganz bestimmter Weise diffamiert. Man wird als Verfechter der »Manchester-Ökonomie« bezeichnet – und es ist ja bekannt, dass dies übelster »Ellbogenindividualismus« ist. So reden sie alle, die Rechten und die Linken, die Konservativen und die Sozialdemokraten.

Wer sich mit den Manchester-Ökonomen in historischer Perspektive befasst, stößt jedoch auf ein zunächst kurios erscheinendes Faktum: Das Subjekt, das sie mit ihrer Theorie ansprechen wollten, waren in vielen Fällen Arbeiterschaft und Unterprivilegierte. Und sie erreichten es auch. Eine breite Massenbewegung, die von den sog. »Manchester-Ökonomen« Richard Cobden und John Bright geführte »Anti Corn Law League«, brachte 1846 die Elend und Hunger verursachenden, zum Schutz des Landadels bestehenden Kornzölle zu Fall. Die Manchester-Ökonomin und Feministin Josephine Butler focht mit der »Personal Rights Association« für die Rechte der Prostituierten gegen die Viktorianische Heuchelei. Wie später die Anarchisten machten auch die ursprünglichen, revolutionären Liberalen keine Unterschiede innerhalb der Klasse der Unterdrückten. Sie lehnten es vielmehr ab, Arbeiterschaft gegen Lumpenproletariat auszuspielen.

Ein wichtiger Grund, warum die Manchester-Ökonomen schließlich Rückhalt unter den Massen verloren, war ihr kompromissloses Eintreten gegen Imperialismus, Militarismus und Nationalismus, zu welchem Zwecke sie die »Anti-Imperialist League« gegründet hatten. Die um die Gunst der Massen konkurrierenden (Staats-)Sozialisten (Fabianisten und Marxisten) dagegen unterstützten die Ausbeutung der Kolonien, die unmittelbare Vorteile für die Massen der kolonisierenden Industrieländer zu bewirken schien. Im sozialistischen Lager kämpften nur die Anarchisten gegen den Kolonialismus. Dass radikale Liberale und konsequente Anarchisten damals nicht zusammen fanden, ist Teil einer historischen Katastrophe, deren Auswirkungen gerade heute zu spüren sind.

Die Diffamierung der Manchester-Ökonomie ist zu sehen im Zuge des Kampfes etatistischer Sozialisten um die Vorherrschaft in der Arbeiterbewegung. Wer heute in die Diffamierung einstimmt, und sei es jemand, der sich »liberal« oder »konservativ« nennt, ist in diesem Sinne Staatssozialist.

Jede Alternative zum Markt als Vergesellschaftungsprinzip muss auf Konzepte der steuerungsökonomischen Bevormundung zurückgreifen. In diesen Konzepten wird behauptet, dass einige Menschen das Recht hätten, anderen Menschen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen hätten. Diese Bevormundung kann geschehen durch einen Einzelnen (Diktatur), eine Minderheit (Aristokratie, Oligarchie) oder durch die Mehrheit (Demokratie). Die Manchester-Ökonomie lehrt uns, dass Bevormundung nicht nur als Unterdrückung abzulehnen sei, sondern dass sie auch die ökonomischen Krisen, die Armut, den Hunger und das Elend verursacht. Anarchie ist nicht nur politisch-kulturell anzustreben, sondern sie hat einen Nährwert – mit ihr und nur mit ihr können die Massen »das Brot erobern«.

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Aus dem Werk: “Kritische Einführung in die Ökonomie des Sozialstaats”

Zürcherin
Die Zürcherin ist ein Online-Magazin mit einer klassisch-liberalen Ausrichtung. Berichtet wird über Zürich und die Welt.

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