Photo: Kenny Kuo from Unsplash (CC 0) Von Felix Grabenhofer, Research Fellow bei Prometheus im Juli 2024. Felix hat an der Wirtschaftsuniversität Wien Wirtschaftswissenschaften studiert und sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit mit der wirtschaftlichen Entwicklung Australiens und den Auswirkungen des Ressourcenreichtums auseinandergesetzt. Es klingt zunächst wie ein Paradoxon: Länder, die über reichhaltige Bodenschätze verfügen, sollten doch eigentlich wirtschaftlich florieren, oder? Schließlich scheint es naheliegend, dass der Verkauf von Öl, Gas, Mineralien oder anderen Rohstoffen Wohlstand bringt. Doch genau hier liegt die Ironie, die in der Wirtschaftswissenschaft als „Ressourcenfluch“ bekannt ist. Statt wirtschaftlichem Aufschwung erleben viele rohstoffreiche Länder das Gegenteil:
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Von Felix Grabenhofer, Research Fellow bei Prometheus im Juli 2024. Felix hat an der Wirtschaftsuniversität Wien Wirtschaftswissenschaften studiert und sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit mit der wirtschaftlichen Entwicklung Australiens und den Auswirkungen des Ressourcenreichtums auseinandergesetzt.
Es klingt zunächst wie ein Paradoxon: Länder, die über reichhaltige Bodenschätze verfügen, sollten doch eigentlich wirtschaftlich florieren, oder? Schließlich scheint es naheliegend, dass der Verkauf von Öl, Gas, Mineralien oder anderen Rohstoffen Wohlstand bringt. Doch genau hier liegt die Ironie, die in der Wirtschaftswissenschaft als „Ressourcenfluch“ bekannt ist. Statt wirtschaftlichem Aufschwung erleben viele rohstoffreiche Länder das Gegenteil: langsameres Wachstum, politische Instabilität und soziale Ungleichheit. Beispiele dafür finden sich in Regionen wie Afrika und Südamerika. Insbesondere Nigeria, Venezuela und Angola sind häufige Beispiele, bei welchen die Abhängigkeit von Rohstoffen mit wirtschaftlichen und politischen Krisen einhergeht.
Australien gehört zu den wenigen Ausnahmen, die es geschafft haben, eine beeindruckende wirtschaftliche Erfolgsgeschichte zu schreiben. Mit dem drittgrößten kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf unter den G20-Staaten (destatis.de, 2020) und Platz 10 im globalen Human Development Index (HDI) im Jahr 2024 (UNDP, 2024) zählt es heute zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Bemerkenswert ist dabei, dass Australien – anders als etwa Norwegen – nicht auf die Verstaatlichung seiner Ressourcen setzte. Stattdessen verfolgte das Land auf der anderen Seite der Erde einen liberalen Ansatz und vertraute auf Marktmechanismen – und das mit großem Erfolg. Trotz der enormen Einnahmen aus Bergbau und anderen Rohstoffsektoren, trotzte Australien den negativen Einflüssen des Ressourcenfluchs, blieb wirtschaftlich stabil und verzeichnete stetiges Wachstum. Aber wie genau gelang das?
Ein Blick auf die Institutionen des Landes liefert erste Erklärungen. Transparenz und Rechenschaftspflicht sind fest in der australischen Regierung verankert. Diese stabilen Strukturen haben dafür gesorgt, dass die Gewinne aus dem Rohstoffsektor nicht in die falschen Hände geraten. Laut dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International zählt Australien seit Jahrzehnten zu den 10% der am wenigsten korrupten Länder weltweit (Transparancy.org, 2023). Dies ist einer der entscheidenden und wirkungsvollsten Ansätze, um den negativen Konsequenzen von Ressourcenreichtum zu entgehen.
Doch die Basis für den heutigen Erfolg wurde in den 1980er Jahren gelegt, als Australien eine Phase der wirtschaftlichen Liberalisierung einleitete. Der Wechsel zu einem flexiblen Wechselkursregime, die Deregulierung der Finanzmärkte und umfassende Steuerreformen haben das Land für Investoren attraktiv gemacht und das Wirtschaftswachstum angekurbelt. Die Einführung der Goods and Services Tax (GST) im Jahr 2000 beispielsweise vereinfachte das Steuersystem und stärkte die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
Besonders relevant für den Erfolg des Landes ist außerdem die Förderung von Innovation und Bildung. Australien erkannte früh, dass Rohstoffe allein nicht ausreichen, um langfristigen Wohlstand zu sichern. Das Land investierte beispielsweise 2021 5,6 % seines Bruttoinlandsprodukts in Bildung (World Bank, 2024), um sicherzustellen, dass es nicht nur von seinen natürlichen Ressourcen, sondern auch von seinem Humankapital und technologischen Fortschritten profitiert. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Industrie sind australische Unternehmen wie Rio Tinto und BHP nicht nur im Abbau von Ressourcen führend, sondern auch in der Entwicklung und dem Export innovativer Technologien für den Bergbau.
Allerdings läuft natürlich auch “Down Under” nicht alles perfekt. Die starke Abhängigkeit von China als Hauptabnehmer australischer Rohstoffe birgt besipielsweise erhebliche Risiken. Etwa 40% der australischen Rohstoffexporte gehen nach China (Reserve Bank of Australia, 2023), und die jüngsten Spannungen im Handelskrieg zwischen den USA und China zeigten, wie verwundbar Länder sein können, die stark von einem einzigen Markt abhängig sind.Australien muss daher seine Handelsbeziehungen weiter diversifizieren, um auch in Zukunft resilient zu bleiben.
Das Beispiel Australiens zeigt eindrucksvoll, dass der Ressourcenfluch kein unausweichliches Schicksal ist. Mit den richtigen politischen Weichenstellungen und einem Vertrauen in Marktmechanismen kann der Rohstoffreichtum zu einer Quelle des Wohlstands werden – ganz ohne übermäßige staatliche Eingriffe und umfassende Umverteilungsmaßnahmen. Australien demonstriert auch für andere ressourcenreiche Länder, dass Rohstoffe nicht zwangsläufig zum Abstieg führen müssen. Stattdessen kommt es darauf an, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die Marktkräfte zu nutzen und so den wirtschaftlichen Erfolg langfristig zu sichern – fernab von Verstaatlichung und sozialistischen Ideen.