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Kaufprämie für Autos: Was man sieht und was man nicht sieht

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Photo: moffoys from Flickr (CC BY 2.0) VW-Chef Herbert Diess ging voran: In den Tagesthemen forderte er letzte Woche konkrete Kaufprämien des Staates als Anreiz für die Bürger, um der gebeutelten Autoindustrie zu helfen. Die FAZ titelte sogar: „Kaufprämie oder Werksschließung“. Das ist Erpressung. Der mächtigste Industriezweig in diesem Land setzt die Regierung massiv unter Druck. Nicht mehr der Klimawandel und die Förderung der Elektromobilität sollen wie im letzten Jahr im Vordergrund stehen, sondern die Rettung des Automobilstandortes Deutschland. Doch diesen Sirenengesängen sollte die Regierung nicht folgen. Sie bringen nichts. Sie schaden sogar. Im Zuge der Finanzkrise 2008 beschloss die damalige Regierung schon einmal eine Kaufprämie für Autos. Die 2.500 Euro „Abwrackprämie“ ließ die

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VW-Chef Herbert Diess ging voran: In den Tagesthemen forderte er letzte Woche konkrete Kaufprämien des Staates als Anreiz für die Bürger, um der gebeutelten Autoindustrie zu helfen. Die FAZ titelte sogar: „Kaufprämie oder Werksschließung“. Das ist Erpressung. Der mächtigste Industriezweig in diesem Land setzt die Regierung massiv unter Druck. Nicht mehr der Klimawandel und die Förderung der Elektromobilität sollen wie im letzten Jahr im Vordergrund stehen, sondern die Rettung des Automobilstandortes Deutschland.

Doch diesen Sirenengesängen sollte die Regierung nicht folgen. Sie bringen nichts. Sie schaden sogar. Im Zuge der Finanzkrise 2008 beschloss die damalige Regierung schon einmal eine Kaufprämie für Autos. Die 2.500 Euro „Abwrackprämie“ ließ die Verkaufszahlen um 500.000 auf 3,8 Millionen Neuwagen im Jahr 2009 steigen. Doch bereits ein Jahr später schrumpften die Verkaufszahlen auf 2,9 Millionen Einheiten zusammen. Die Vorzieheffekte führten zu einem Einbruch im Folgejahr. Sie dienten auch nicht dem Standort, sondern im Wesentlichen den Herstellern preiswerter Modelle. Fiat, Hyundai und Kia erlebten Absatzrekorde und steigerten ihren Marktanteil erheblich. Eine Veränderung von Marktanteilen ist in einer Marktwirtschaft etwas normales, wenn sie jedoch durch staatliche Subventionen induziert werden, dann ist dies problematisch.

Doch das ist nur das, was man auf den ersten Blick sieht. Was man nicht sieht, sind die vielen Kollateralschäden, die erst viel später und an anderer Stelle auftreten. Der Gebrauchtwagenmarkt wird plötzlich mit immer mehr Fahrzeugen überschwemmt. Die Preise gehen deshalb in den Keller. Oder private Investitionen werden in Bereiche gelenkt, die individuell vielleicht gar nicht an erster Stelle standen. Vielleicht plante eine Familie gar nicht, in ein neues Auto zu investieren, sondern in eine neue Küche. Doch aufgrund der Subventionen ändert sie ihre Prioritäten. Für ein neues Auto gibt es dann eine Kaufprämie, für eine neue Küche jedoch nicht. Wiederum bei anderen gibt es Mitnahmeeffekte, da sie sich ohnehin ein neues Auto anschaffen wollten, und auf die Subvention gar nicht angewiesen wären.

Sicherlich ist die Autoindustrie in Deutschland eine Schlüsselindustrie, aber zwangsläufig leiden andere Branchen darunter, wenn sie bevorzugt wird. Geld, das für ein neues Auto ausgegeben wird, kann nicht für den Jahresurlaub oder die neue Terrasse oder die Kinderausbildung ausgegeben werden.

Heute suggerieren die Autoindustrie und ihr Verband, der VdA, dass die aktuelle Verkaufsschwäche der Pandemie geschuldet sei. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Mindestens genauso schwer wiegt die Tatsache, dass die deutsche Automobilindustrie bereits im Krisenmodus in die aktuelle Situation geraten ist. Insbesondere der Standort Deutschland verliert seit Jahren an Bedeutung. Bereits in 2019 sank die Produktion um 9,0 Prozent zum Vorjahr, auf nur noch 4,7 Millionen Einheiten. Das war der niedrigste Stand seit 23 Jahren. Längst kränkelt die Autoindustrie in diesem Land. Lange Zeit sahen sie sich auf einer Insel der Glückseligen, doch spätestens seit Ende 2017 geht es bergab.

Das hat viel mit den politischen Rahmenbedingungen zu tun. Die CO2-Flottenregulierung auf EU-Ebene fördert einseitig die Elektromobilität. Technologieoffenheit wird durch einen planwirtschaftlichen Ansatz ersetzt. Politisch initiiert werden so Investitionen in Bereiche gelenkt, wo es keine Nachfrage gibt. Milliarden werden verbrannt.

Doch zurück zur Abwrackprämie von damals: 5 Milliarden Euro an Steuergeldern wurden 2009 durch den Auspuff gejagt. Jeder Deutsche war mit rund 60 Euro dabei, die 1.994.400 Empfänger eingerechnet. Eine vierköpfige Familie hat über Steuern und Abgaben 240 Euro zu einem Rohrkrepierer beigetragen. Daraus folgt frei nach Ludwig Erhard: Letztlich beruht jede Leistung des Staates auf dem Verzicht der Bürger. Den Geldregen für die kränkelnde Autoindustrie müssen wir alle über künftig höhere Steuern oder Inflation bezahlen.

Frank Schäffler
1997 bis 2010 selbstständiger Berater für die Marschollek, Lautenschläger und Partner AG (MLP), Wiesloch Seit 1987 engagiert in der Lokal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen als Mitglied der FDP 2005 – 2013 Abgeordneter des Deutschen Bundestages Schäffler ist sehr verbunden mit dem freiheitlichen Denken in der Schweiz und ist daher in economicblogs.ch

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