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Kopiert Donald Trump die Anti-TTIP-Bewegung?

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Von Dr. Matthias Bauer, Senior Economist beim European Centre for International Political Economy (ECIPE), Brüssel. Dr. Bauer ist auch verantwortlich für die sehr ausführliche Analyse “Manufacturing Discontent – The Rise to Power of Anti-TTIP-Groups“. Ein Wesensmerkmal von totalitären Regierungen ist es, dass sie das Denken von Menschen in ihrem Sinne zu beeinflussen versuchen. Erfolgreich sind sie am ehesten, wenn nicht nur möglichst viele Menschen anfangen, an die Positionen und Ziele dieser Regierungen zu glauben, sondern sich tiefgreifend und auf Dauer mit ihnen identifizieren. Donald Trump ist sicher kein mustergültiger Autokrat. Der Wahlkampf und die ersten Regierungstage des jüngst vereidigten US-Präsidenten zeigen indessen unübersehbare Züge eines Kommunikationsverhaltens, das man am ehesten bei autokratischen Machthabern und Klientelpolitkern vermuten würde, die in aller Regel nicht das Gemeinwohl im Blickfeld haben. Man muss kein Experte für politische Kommunikation sein, um in der Arte und Weise, wie Trump mit Fakten und der Vereinfachung von komplexen Sachverhalten umgeht, Ähnlichkeiten zur (deutschen) Anti-TTIP-Bewegung zu erkennen.

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Kopiert Donald Trump die Anti-TTIP-Bewegung?

Von Dr. Matthias Bauer, Senior Economist beim European Centre for International Political Economy (ECIPE), Brüssel. Dr. Bauer ist auch verantwortlich für die sehr ausführliche Analyse “Manufacturing Discontent – The Rise to Power of Anti-TTIP-Groups“.

Ein Wesensmerkmal von totalitären Regierungen ist es, dass sie das Denken von Menschen in ihrem Sinne zu beeinflussen versuchen. Erfolgreich sind sie am ehesten, wenn nicht nur möglichst viele Menschen anfangen, an die Positionen und Ziele dieser Regierungen zu glauben, sondern sich tiefgreifend und auf Dauer mit ihnen identifizieren. Donald Trump ist sicher kein mustergültiger Autokrat. Der Wahlkampf und die ersten Regierungstage des jüngst vereidigten US-Präsidenten zeigen indessen unübersehbare Züge eines Kommunikationsverhaltens, das man am ehesten bei autokratischen Machthabern und Klientelpolitkern vermuten würde, die in aller Regel nicht das Gemeinwohl im Blickfeld haben.

Man muss kein Experte für politische Kommunikation sein, um in der Arte und Weise, wie Trump mit Fakten und der Vereinfachung von komplexen Sachverhalten umgeht, Ähnlichkeiten zur (deutschen) Anti-TTIP-Bewegung zu erkennen. Mit anmaßender Zweifellosigkeit, katastrophischen Gedanken, Gruppendenken (WIR!), der bewussten Unterschlagung von Fakten und dem Heraufbeschwören von Misstrauen und Neid gegenüber ausgemachten Feinden der Gesellschaft kämpfen beide effektiv für dieselben Ziele: Wirtschaftliche Abschottung und die Rückbesinnung auf das Nationale.

Würde die Freiheitsstatue fühlen können, es würde ihr die Tränen in die Augen treiben. Würde sie sprechen können, hätte sie sich angesichts der Missachtung ordnungspolitischer Prinzipien durch die Politik vergangener Jahrzehnte – denn daraus ziehen diese und andere nationalistische Bewegungen ihren Erfolg – mahnend zu Wort gemeldet.

Über jeden Zweifel erhaben: Gehasst wird stets ungenau

In ihrem Buch „Gegen den Hass“ fragt die Autorin Carolin Emcke, ob sie hassende Menschen beneiden sollte. Schließlich sei Hass ein Phänomen, das absoluter Gewissheit bedürfe, ein Gefühl, das ohne genaues Hinsehen auskomme. In diesem Lichte betrachtet erscheinen die griffigen Kampagnen-Slogans der Anti-TTIP-Bewegung als Ausdruck eines tiefsitzenden Hasses, der sich gegen die Gesellschaft, so wie sie ist, als Ganzes richtet und der über jeden Zweifel erhaben scheint. Ob die Kampagnenmanager von attac, BUND, Campact, Greenpeace und auch den ihnen verbundenen Parteien diejenigen sind, bei denen der Hass am tiefsten sitzt, lässt sich nicht ohne weiteres attestieren. Nicht zuletzt seit Machiavelli weiß man allerdings, dass man mit der Heraufbeschwörung von Hass gute Geschäfte machen und politische Wahlen beeinflussen kann. Vor allem die an den TTIP-Protesten maßgeblich beteiligten Nichtregierungsorganisationen haben finanziell von der Verbreitung und Heraufbeschwörung griffiger Hass-Metaphern wie „Kapitalismus geht über Leichen“, „TTIP ist böse“, „TTIP ist unfairhandelbar“ und „Stopp TTIP“ profitiert.

Damit richteten sich die pfiffigen Kampagnenmanager vor allem an diejenigen Menschen, die gegenüber Politik, Staat, Gesellschaft – und Amerika – gemeinhin skeptisch bis ablehnend eingestellt und zugleich zugänglich für einfache Wahrheiten sind. Wie in einer Kurzreportage des ARD-Magazins Plusminus vom 14. Dezember 2016 in erschreckender Weise deutlich wird, zielten die von den Kampagnen-NGOs entwickelten Banner und Schlagzeilen ganz bewusst nicht darauf ab, Bürger ausgewogen und evidenzbasiert zu informieren. Richtig aufklären, das wollten sie nie. Und dies eint sie mit der politischen Rechten. Ihre Zwecke, in der Regel Organisationsinteressen (Spenden) oder die Aussicht auf politisches Mandate, scheinen dabei alle Mittel zu heiligen.

Und was macht Donald Trump? Auch in der Rhetorik Donald Trumps und seiner Anhänger wird das Wunderbare, nämlich die sozialen und materiellen Errungenschaften eines international möglichst freien Handels, zum Wundersamen und Ablehnungswürdigen herabgesetzt. Trump fordert nicht nur genau das, was sich linke Parteien und die Kampagnen-NGOs in den Protesten gegen TTIP so groß auf die Fahnen geschrieben haben; mit der Aufkündigung von Handelsabkommen und der Einführung von Zöllen und Strafsteuern für Importeure will er es für die USA nun auch politisch umsetzen. Sozial und national soll es sein. Oder auch umgekehrt.

Die Tatsache, dass sich Trump auf eine politisch dann doch eher diskriminierende Einwanderungspolitik eingeschossen hat, müsste den Spin-Doktoren der Anti-TTIP-Kampagnen-NGOs, noch vielmehr allerdings den leichtgläubigen Unterstützern der Anti-TTIP-Bewegung, zu denken geben. In Trumps „America First“-Vision wird, genauso wie in den Protest-Aktionen gegen TTIP, vieles vermischt. Mit Hasspredigen gegen TTIP und die USA und dem bewussten Diffamieren und Dämonisieren der politischen Gegner (neudeutsch: bullying) haben sie dem Trumpismus auf beiden Seiten des Atlantiks einen fruchtbaren Boden bereitet.

Verbreitung katastrophischer Gedanken und bewusstes Unterschlagen von Fakten

Attac schreibt: „Freihandelsfalle TTIP“. Greenpeace schreibt, es handele sich bei Investitions-Schiedsgerichten per se um eine „Paralleljustiz für Konzerne“. Und die Katholische Arbeiterbewegung sagt in Anlehnung an Papst Franziskus, und ganz im Sinne befreiungstheologischer Rhetorik, „Nein zu einer Wirtschaft die tötet – Nein zum transatlantischen Freihandelsabkommen!“ Kaum jemand in Deutschland hat mittlerweile nicht mitbekommen, dass TTIP einen Angriff auf unsere Demokratie darstellt und US-Konzerne zukünftig unsere Gesetze nicht nur schreiben, sondern diese auch gegen den Willen der Bürger durchsetzen werden. Dies sind die Narrative, die den Bundesbürgern von den Kampagnenorganisationen und deren federführenden Protagonisten seit 2013 mit Kalkül in den Mund gelegt wurden.

Dabei erlebten die Kampagnenmacher nicht nur in den sozialen Online-Medien Facebook und Twitter, wo sich ihre Positionen viral verbreiteten, etliche Sternstunden; sie schafften es auch, deutsche Vereinssäle und Gemeinderäume zu füllen. Etwa 60 Prozent aller zwischen Februar 2015 und Februar 2016 stattfindenden TTIP-Veranstaltungen in Deutschland wurden von erklärten Anti-TTIP-Bündnisorganisationen veranstaltet. Knapp 50 Prozent aller selbsternannten Experten wurden von den Bündnisorganisationen entsendet. Die mit Abstand am häufigsten auftretenden TTIP-Gegner haben indessen so gut wie keinen Bezug zu Unternehmen, geschweige denn Importeuren und Exporteuren. Sie wurden beruflich ausnahmslos in politischen Parteien, staatlichen Institutionen, Gewerkschaften oder sog. Nichtregierungsorganisationen sozialisiert. Gleichwohl sind sie ganz besonders gewiefte Geschäftemacher: Sie leben gut vom Protest gegen das System. Dabei vereinfachen sie, unterschlagen Fakten und gängeln diejenigen, die nicht ihren Meinungen folgen mit dem Ziel ein Meinungsmonopol zu schaffen.

Die Tatsache, dass Donald Trump Menschen aus der Wirtschaft in hohe politische Ämter gehoben hat, gibt Anlass zur Hoffnung, dass mit ihnen ein gemäßigterer Ton in die politischen Debatten der USA eingekehrt. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass auch Donald Trump im Rahmen seiner Wahlkampfreden und -tiraden die amerikanische Gesellschaft bewusst tief gespalten hat. Auch er hat mit griffigen Metaphern komplexe wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge berechnend vereinfacht. Auch er hat berechnend polarisiert, diffamiert und die Sorgen, Nöte und Vorbehalte vieler Bürger in festsitzende Ressentiments im Sinne neidisch-feindseligen Denkens gekehrt.

Die Antworten einer gemäßigten, gemeinwohlorientierten Politik sind die Antworten des Ordoliberalismus 

Auch wenn Donald Trump und die Strippenzieher hinter den Anti-TTIP-Protesten zur Wirklichkeitsillusion neigen, trafen sie innerhalb breiter Teile der Bevölkerungen doch einen Nerv. Den Grundstein für den Erfolg beider Bewegungen – zu denen man auch die Pro-Brexit-Kampagnenbewegung ins Verhältnis setzen kann – haben in der Vergangenheit jedoch andere gelegt, nämlich diejenigen Politiker, die sich naiv von ordnungspolitischen Prinzipien abgewendet und somit das Vertrauen vieler Bürger in Staat und Politik leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben.

Die Kampagnen gegen TTIP (oder für den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union) waren nur deshalb so erfolgreich, weil durch die Europapolitik der vergangenen Jahre gewaltige Umverteilungsmechanismen in Gang gesetzt und zugleich Regelbindung und Rechtsstaatlichkeit nach wie vor systematisch missachtet werden. Auch in den USA scheint der schon lange schwelende Konflikt zwischen staatlich verordneter Solidarität und Eigenverantwortung – aus europäischer Perspektive zugegebenermaßen einigermaßen schwer nachzuvollziehen – eine treibende Kraft gewesen zu sein.

Für Europa lassen sich die Umverteilungs- und Rechtsstaatsprobleme exemplarisch an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, der Nichtbeachtung der immer wieder aufgeweichten Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sowie gegenwärtigen politischen Bestrebungen, eine europäische Arbeitslosenversicherung oder eine europäische Einlagensicherung zu schaffen, festmachen. Auch wenn jedes dieser Problemfelder gesondert betrachtet werden muss: Individualpsychologisch geht damit die Wahrnehmung einher, man verliere die Kontrolle über das eigene Leben, sein Eigentum und würde von den „Elitären“ geschröpft, reglementiert und systematisch über den Tisch gezogen.

Um es mit den Worten Goethes zu sagen: Solange es die Politik versäumt, Gesetze zu verabschieden, in denen Eigenverantwortung, Subsidiarität und die Durchsetzung von Regeln Vorrang gegenüber ausufernden und faktisch unkontrollierbaren Umverteilungsmechanismen haben, werden die ideologischen Skizzisten, die immer nur entwerfen ohne etwas fertig zu machen, und die Punktierer, die das Große und Ganze aus den Augen verlieren, auch zukünftig in breiten Teilen der Bevölkerung (unvernünftige) Leidenschaften heraufbeschwören können. Den politischen Neblern, die das Ahnungsvolle bevorzugen, muss prinzipiengeleitet entgegengetreten werden, um die Säulen, auf denen unsere freiheitliche und pluralistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung aufbaut, vor Erosion zu bewahren. Die dauerhafte Orientierung an ordoliberalen Prinzipien würde der Gefährlichkeit politisch linker und rechter Ideen dauerhaft die Gefahr nehmen.

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