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Amerikanische Lektionen für Europa

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Die Bildung einer Union ist ein hoch komplexer Prozess: Flaggen der EU und der USA. Foto: Eeas Der europäische Integrationsprozess ist in vielerlei Hinsicht ein neuartiges historisches Experiment. Noch nie haben sich einzelne Nationalstaaten so stark zu einer Zusammenarbeit verpflichtet. Die UNO, der Völkerbund, der IWF oder die WTO sind mit der heutigen EU nicht vergleichbar. Ganz präzedenzlos ist die europäische Integration gleichwohl nicht. Ein anderes grosses Wirtschaftsgebiet hat sich ebenfalls nur ganz langsam zu einer modernen Union entwickelt: die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Bundesstaaten hatten nämlich lange Zeit grosse Macht und nutzten diese, um eine Zentralisierung zu verhindern. Besonders deutlich war dies bei der Bildung einer politischen Union. Die 13 Kolonien,

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Amerikanische Lektionen für Europa

Die Bildung einer Union ist ein hoch komplexer Prozess: Flaggen der EU und der USA. Foto: Eeas

Der europäische Integrationsprozess ist in vielerlei Hinsicht ein neuartiges historisches Experiment. Noch nie haben sich einzelne Nationalstaaten so stark zu einer Zusammenarbeit verpflichtet. Die UNO, der Völkerbund, der IWF oder die WTO sind mit der heutigen EU nicht vergleichbar.

Ganz präzedenzlos ist die europäische Integration gleichwohl nicht. Ein anderes grosses Wirtschaftsgebiet hat sich ebenfalls nur ganz langsam zu einer modernen Union entwickelt: die Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Bundesstaaten hatten nämlich lange Zeit grosse Macht und nutzten diese, um eine Zentralisierung zu verhindern. Besonders deutlich war dies bei der Bildung einer politischen Union. Die 13 Kolonien, die von 1775 bis 1783 ihre Unabhängigkeit von der englischen Krone erkämpften, gaben sich zwar 1787 eine Verfassung. Doch damit war die Union keineswegs unerschütterlich. Mitte des 19. Jahrhunderts spaltete die Sklavenfrage das Land. Von 1861 bis 1865 bekämpften sich deswegen die Nord- und Südstaaten in einem Bürgerkrieg. Erst nach dem Sieg des Nordens war die Union unangefochten.

In drei Anläufen zur Notenbank

Der Bürgerkrieg war ausserordentlich verlustreich. Nie mehr haben mehr amerikanische Soldaten ihr Leben während eines Kriegs verloren als im Bürgerkrieg. Selbst im Zweiten Weltkrieg war die Opferzahl geringer, wie die Grafik zeigt (Quelle). Es erstaunt nicht, dass die Wunden des Civil War bis heute nicht ganz verheilt sind.

Amerikanische Lektionen für Europa

Auch die Währungsunion war keineswegs von Beginn in vollendeter Form da. Zwar galt der Dollar von Beginn weg als Währung, aber die dauerhafte Gründung einer nationalen Notenbank (Federal Reserve) gelang erst 1913. Die ersten beiden Versuche hingegen waren gescheitert. Die Bank of the United States und die Second Bank of the United States existierten jeweils nur zwanzig Jahre, von 1791 bis 1811 und von 1816 bis 1836.

Noch länger dauerte es, bis die Bankenunion vollendet war. Im 19. Jahrhundert kam es wiederholt zu grossen Konkurswellen. Das Bankensystem war schlecht reguliert, es gab keine Einlagenversicherung und keinen Abwicklungsmechanismus. Die Bundesregierung versuchte zwar mit der...

Tobias Straumann
Tobias Straumann (* 15. Mai 1966 in Wettingen) ist ein Schweizer Wirtschaftshistoriker. Tobias Straumann studierte Geschichte, Soziologie und Wirtschaft- und Sozialgeschichte in Zürich, Paris und Bielefeld. 1995 promovierte er bei Rudolf Braun an der Universität Zürich mit der Arbeit «Die Schöpfung im Reagenzglas. Eine Geschichte der Basler Chemie (1860–1920)». 1995–2000 arbeitete er als Journalist in Zürich, Zug und New York. 2005–2006 war er Oberassistent am Institut de l’histoire économique et sociale der Universität Lausanne.

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