Die globale Wirtschaft schwächt sich weiter ab. (Bild: Pixabay) Die Expansion der Weltwirtschaft befindet sich in einem Tauziehen zwischen geopolitischen Belastungen und unterstützender makroökonomischer Politik. Laut Marc-Antoine Collard von Rothschild & Co Asset Management deuten jüngste Wirtschaftsdaten auf eine länger dauernde Abschwächung des Welt-Bruttoinlandsprodukts hin, als die meisten Ökonomen bisher erwartet haben."Tatsächlich haben sich die Umfragewerte hinsichtlich der Geschäftstätigkeit, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe, weiter abgeschwächt. Der Dienstleistungssektor hat sich bisher behaupten können, und zwar aufgrund verbesserter Arbeitsmarktbedingungen und einer zurückhaltend expansiven Fiskalpolitik, die den Konsum stützt", stellt Marc-Antoine Collard,
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Die Expansion der Weltwirtschaft befindet sich in einem Tauziehen zwischen geopolitischen Belastungen und unterstützender makroökonomischer Politik. Laut Marc-Antoine Collard von Rothschild & Co Asset Management deuten jüngste Wirtschaftsdaten auf eine länger dauernde Abschwächung des Welt-Bruttoinlandsprodukts hin, als die meisten Ökonomen bisher erwartet haben.
"Tatsächlich haben sich die Umfragewerte hinsichtlich der Geschäftstätigkeit, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe, weiter abgeschwächt. Der Dienstleistungssektor hat sich bisher behaupten können, und zwar aufgrund verbesserter Arbeitsmarktbedingungen und einer zurückhaltend expansiven Fiskalpolitik, die den Konsum stützt", stellt Marc-Antoine Collard, Chief Economist und Director of Economic Research bei Rothschild & Co Asset Management fest.
Die strikte Trennung von verarbeitendem Gewerbe und Dienstleistungssektor sei jedoch nicht haltbar, da die beiden Sektoren nicht isoliert betrachtet werden könnten. Tatsächlich stammt mehr als ein Drittel der Exporte des verarbeitenden Gewerbes aus Dienstleistungen. Insgesamt tragen Dienstleistungen zu mehr als der Hälfte der Exporte bei. "Das Risiko, dass die Verlangsamung der Produktion einen nachhaltigen Einfluss auf die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsaussichten hat, könnte sich konkretisieren", folgert Collard. So signalisierten beispielsweise die Fertigungsunternehmen in den meisten asiatischen Volkswirtschaften bei sich verschlechternden Rahmenbedingungen einen Rückgang der Auftragseingänge; entsprechend gingen die erwarteten Beschäftigtenzahlen mit dem stärksten Abfall seit fast vier Jahren zurück. Jüngste Berichte zeigten auch einen Rückgang der weltweiten Einstellungsabsichten und eine Zunahme von Kurzarbeit in mehreren Ländern, was darauf hindeute, dass sich diese Verzögerungen nicht mehr ausschliesslich auf produzierende Industrien konzentrieren. Dies könnte wiederum Haushaltseinkommen, Ausgaben und die Nachfrage nach Dienstleistungen unter Druck setzen.
Renditen von Staatsanleihen auf neuem Tiefpunkt
Wie Collard weiter ausführt, treibt das Zusammenwirken von sich verschlechternden Wachstumsaussichten mit einer dezidiert expansiven Geldpolitik die Renditen von Staatsanleihen auf einen neuen Tiefpunkt. Der Grund: Die Menge negativ rentierender Anleihen erreichte mit über 17 Billionen US-Dollar - was etwa 20 Prozent des Welt-BIP entspricht - einen neuen Rekord. Natürlich dürften niedrigere Zinssätze dazu beitragen, das Ausmass der Konjunkturabschwächung abzufedern. Die Auswirkungen der jüngsten Änderungen der Leitzinsen dürften jedoch bestenfalls moderat ausfallen, insbesondere in den Industrieländern. In dieser Hinsicht habe die Fed den grössten Spielraum für Anpassungen und den klarsten Weg zu zusätzlicher präventiver Lockerung. Die US-Wirtschaft sei nicht immun gegen Handelsspannungen. In einigen Bereichen zeigten sich Anzeichen von Schwäche, nämlich eine Verlangsamung der Beschäftigung und des Investitionswachstums. Da die Fremdkapitalkosten bereits niedrig seien und für die meisten Unternehmen kaum ein Hindernis darstellten, sei es unwahrscheinlich, dass noch niedrigere Zinsen Wachstum und Investitionen auslösen würden, so der Chefökonom.
"Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass Zentralbanken ihren eigenen Zinssatz so einschätzen, dass ein weiterer Zinsrückgang der Wirtschaft eher schaden als helfen würde, nämlich aufgrund der negativen Auswirkungen auf die Rentabilität der Banken und somit deren Fähigkeit, Kredite zu vergeben", meint er. In der Eurozone senkte die EZB ihren Einlagenzins um 10 Basispunkte auf -0,5 Prozent und startete ihr Asset Purchase Program neu, das möglicherweise über einen längeren Zeitraum laufen muss. Um die Kritik zu unterdrücken, wurde ein zweistufiges System für die Reservevergütung eingeführt, bei dem ein Teil der überschüssigen Liquiditätsbestände der Banken vom negativen Einlagenfazilitätssatz ausgenommen wird. "Allerdings sind die Handlungsbereitschaft und -fähigkeit der EZB ungewiss, da es Dissidenten im EZB-Rat gibt, was Marktteilnehmer spekulieren lässt, wie aggressiv die EZB tatsächlich werden kann", sagt Collard.
Darüber hinaus wirft nach seiner Meinung die Prognose für die Kerninflation von nur 1,5 Prozent bis Ende 2021 trotz unbefristetem Quantitative Easing die Frage nach der Wirksamkeit monetärer Transmission auf. Da die makroökonomischen Rahmenbedingungen für exportorientierte Volkswirtschaften nach wie vor besonders anfällig sind und die Wirksamkeit der Geldpolitik an ihre Grenzen gestossen sein könnte, hat die EZB ausdrücklich um fiskalpolitische Unterstützung für wirtschaftliches Wachstum gebeten. "Derzeit verfügen nur wenige Länder über die fiskalische Kapazität sowie den politischen Willen, diesem Aufruf zu folgen", so Collard.
Entgegenkommende monetäre Bedingungen in China
Unterdessen senkte China die Mindestreservequote erneut – um 50 Basispunkte für alle Finanzinstitute und um 100 Basispunkte für einige kleinere Geschäftsbanken. Generell seien die monetären Bedingungen seit mehr als einem Jahr sehr entgegenkommend. Dennoch schwäche sich das chinesische Wirtschaftswachstum weiter ab. Zwar verstärkten die Handelsspannungen die Konjunkturabschwächung, doch das Ausbleiben einer wirtschaftlichen Reaktion auf eine Vielzahl von Massnahmen erklärt sich auch durch den gestörten geldpolitischen Transmissionsmechanismus, was wiederum zum Teil auf die hohe Verschuldung des Privatsektors zurückzuführen sei. "Darüber hinaus spielen auch der Kampf der Behörden gegen Korruption und Umweltverschmutzung sowie die Schattenbankreform eine Rolle. Im Ergebnis könnte Optimismus im Zusammenhang mit den jüngsten Ankündigungen der Politik fehl am Platz sein und die Investoren könnten nicht nur von der Grösse, sondern auch von der Wirksamkeit der Unterstützungsmassnahmen enttäuscht sein", meint Collard.
Er stellt weiter fest, dass die Senkung der US-Zinsen und der geringe Inflationsdruck den Notenbanken in vielen anderen Schwellenländern den Spielraum gegeben haben, ihre Leitzinsen senken zu können. Angesichts der sich verschlechternden Stimmung für Finanzanlagen in den Schwellenländern und der beschleunigten Abwertung des Yuan haben die meisten Währungen gegenüber dem US-Dollar ein sehr niedriges Niveau erreicht, was die Fähigkeit des Privatsektors, auf US-Dollar lautende Schulden zu bedienen, beeinträchtigen wird. Dies zwinge einige Länder dazu, ihre Geldpolitik zu straffen, um Kapitalabflüsse zu verhindern. Zusätzlich zu einer bereits komplexen Situation haben der schwache Welthandel und die Abschwächung der chinesischen Wirtschaft die anhaltenden Schwachstellen in vielen Schwellenländern verschlimmert.
Insgesamt haben sich die globalen Aussichten zunehmend eingetrübt, da die anhaltenden und sich verschärfenden handelspolitischen Spannungen das Vertrauen belasten und Investitionen erschweren. Um einer weiteren Verschlechterung vorzubeugen, haben die Zentralbanken ihre Politik gelockert. Dieser Übergang zu einer expansiveren Geldpolitik hat die Anleger beruhigt. Die Märkte waren weiter volatil, da die Handelsspannungen sie nach unten drückten und die Geldpolitik sie wieder nach oben trieb. "Dennoch könnten Aktieninvestoren desillusioniert werden, sollten die Zentralbanken ihre Musik nicht laut genug spielen, um den Lärm des Handelskrieges zu dämpfen. In diesem Hin und Her haben die Anleiherenditen ihren Abwärtstrend fortgesetzt, während der US-Dollar ein neues Hoch seit Jahrzehnten erreicht, während wir beunruhigenderweise nun auch Anzeichen von Schwächen am Arbeitsmarkt sehen", schliesst Collard seine Analyse.